EM 2008
Wunder von Basel: Gelbe Pullis, weiße Netze
Es ist das best gehütete Geheimnis dieser Europameisterschaft: Warum die Uefa die schwarzen Netze nach der Vorrunde austauschte, haben die Funktionäre bislang geheimgehalten. Von Matthias Greulich.

Miroslav Klose trifft zum 1:0 gegen Portugal
Und es war Sommer: Miroslav Klose fühlt sich gegen die Portugiesen
Cristiano Ronaldo und Ricardo ähnlich unbeschwert wie bei der WM 2006. Dem Tornetz sei Dank. Foto Hochzwei



Als Miroslav Klose den Ball nach sechundzwanzig Minuten im portugiesischen Tor einköpfte, und sich dessen Maschen links oben wölbten, war alles wieder so, wie bei der Weltmeisterschaft vor zwei Jahren. Das Tornetz in Basel leuchtete in strahlendem Weiß, genau wie im Märchensommer als der Angreifer WM-Torschützenkönig wurde. Bislang hatte Klose bei dieser Europameisterschaft wenig von den Netzen gesehen, was weniger an der unauffälligen Spielweise des deutschen Angreifers während der Vorrunde gelegen hatte als an der Farbgebung: In allen Gruppenspielen waren die Tornetze wie schon bei der EM 2004 im unauffälligen Schwarz gehalten, „in einer Garndicke von drei Millimetern“, wie Andreas Klee vom Lieferanten „Allzweck-Sportartikel“ im RUND-Interview vor Beginn des Turniers glaubhaft versichert hatte.

Nun also weiße Netze. Wie es sich Otto Rehhagel so sehr gewünscht hatte, der für die Übungen mit seinen Griechen eigens Trainingstore mit weißem Garn anfordern ließ. Der europäische Fußballverband Uefa und Andreas Klee aus Trechtingshausen haben dem Trainer des noch wenige Tage amtierenden Europameisters diesen Wunsch gerne erfüllt. Der dankte es dem Verband, indem er nicht mehr wie vor vier Jahren vor jeder Fernsehkamera die ach so schreckliche Netzfarbe als neumodischen Schnickschnack geißelte. Vielleicht lag es aber einfach daran, dass es während des Turniers wichtigere Baustellen im unglücklichen griechischen Lager gab.

Tornetz
Das Netz der Gruppenphase: Schwarz, drei Millimeter
dick und Otto Rehhagel ein Dorn im Auge Foto Hochzwei




Dass sie bei der Uefa nun doch auf den Rat des Fußballweisen aus Essen gehört haben, kommt sehr, sehr überraschend, wenn man die Verve kennt, mit dem die Funktionäre ihre in einer Kommission mit vielen Delegierten beschlossenen Normen einzuhalten pflegen. Auch Klee wurde von der neuen Politik des Kontinentalverbandes in Sachen Farbgebung überrascht, und konnte gegenüber RUND nur bestätigen, was alle sehen konnten: Er hatte die Anweisung bekommen, für alle Viertelfinalspiele weiße Netze zu liefern und an den Toren in Basel und Wien zu befestigen. Auf Anfrage der Reporter der „Kölnischen Rundschau“, die sich trotz des aufregenden Sieges gegen Portugal einen kühlen Blick auf die Maschen bewahrt hatten, ließ die Uefa lediglich verlauten: „Es gab keinen speziellen Grund für den Farbwechsel der Netze. Es war ein interner Beschluss.“

Es gibt viele Geheimnisse, deren Erklärung man am nächsten Tag in den Boulevardblättern lesen kann: Das Mirakel etwa, warum Jens Lehmann gegen Portugal auf einmal einen neongelben statt des schwarzen Torwartpullis trug: Die Uefa wollte es so. Ähnlich ist es mit den Netzen: Warum die Uefa nun plötzlich weißes Garn aufziehen lässt, weiß nicht einmal Otto Rehhagel.

Zurück  |