Thomas Hitzlsperger

Doku über homosexuelle Fussballer

 „Die Hoffnung ist, dass Fans weiter sind als die Verantwortlichen denken“

Manfred Oldenburg ist Regisseur der sehenswerten Doku „Das letzte Tabu“. Er lässt neben Thomas Hitzlsperger diejenigen Profifußballer ihre ganz persönliche Geschichte erzählen, die sich als homosexuell geoutet haben. Interview Matthias Greulich

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INTERVIEW
„Zum Dialog gibt es keine Alternative“
Am Donnerstag ging der Jenaer Bundeskongress der Koordinierungsstelle der Fanprojekte (KOS) zu Ende. Dort suchten Fans und Polizeivertreter nach Auswegen aus der Gewaltspirale. Ein Gespräch mit KOS-Sprecher Volker Goll. Interview Christoph Ruf

Polizeieinsatz

Polizei und Fans: Die Fronten haben sich verhärtet, hier ein Einsatz bei Arminia Bielefeld Foto Pixathlon

Herr Goll, es scheint, als seien die Fronten zwischen Polizei und Fans ziemlich verhärtet.
Volker Goll: Ganz klar: Was sich im Ligaalltag abspielt, muss nicht sein. Die Polizei ärgert sich über die hohen Einsatzstunden, die Fans klagen über Schikane. Da stellt sich unwillkürlich die Frage: warum lösen wir das nicht auf?

Wie ließe sich der Konflikt denn auflösen?
Goll: Oft entstehen Konflikte erst, weil die Fans schon am Bahnhof von martialisch ausgerüsteten Hundertschaften in Empfang genommen werden und dann in beklemmender Enge zum Stadion eskortiert werden.

Gibt es denn Alternativen dazu?
Goll: Ja, das Konzept nach dem die Polizei in Hannover handelt. Auswärtige Fußballfans werden als Gäste begrüßt, man signalisiert ihnen einen Vertrauensvorschuss. Und hat damit beste Erfahrungen gemacht. Oder erinnern wir uns an die souveräne Zurückhaltung der deutschen Polizei während der WM 2006 oder bei der EM in Portugal 2004. Beim Risikospiel Deutschland-Holland war die neu gebaute U-Bahn heillos überlastet. Tausende deutsche und niederländische Fans mussten also deshalb kilometerweit zum Stadion laufen. Und was ist passiert?‚Ä®‚Ä®

Sagen Sie es uns.
Goll: Gar nichts. Die wenigen Pöbler wurden von der Masse schnell eingefangen. Ein Beispiel von vielen, dass Selbstregulierung funktioniert. Die Polizei war im Hintergrund und hätte schnell eingreifen können. Das haben wir aber erst im Nachhinein erfahren.

Die öffentliche Wahrnehmung wird von anderen Dingen geprägt: Die Begleitung von Fußballspielen durch Polizeibeamte hat sich angeblich auf eineinhalb Millionen Stunden summiert. Angesichts knapper Kassen sehen viele Bürger nicht ein, warum ihre Steuern dafür ausgegeben werden.
Goll: Zurecht, aber bei den meisten Spielen könnte man einen Großteil der Polizisten Überstunden abfeiern lassen, wenn man die Expertisen der Fachleute aus der Fanbetreung ernst nehmen würde. Dagegen stehen aber Leute wie der Polizeipräsident aus Berlin, der mal sagte, unter 500 Beamte brauche er keinen Polizeieinsatz beim Fußball zu führen. Dabei würden bei vielen Spielen zwei vier Schutzmänner mit T-ShirtHemd und Kappe reichen. Die würden das besser regeln als große geschlossene Einheiten.

Schwer vorstellbar, dass Polizeifunktionäre freiwillig nach mehr Arbeit schreien.
Goll: Klar, der einfache Beamte hätte verständlicherweise lieber ein freies Wochenende. Der Rest ist Klientelpolitik. Da sucht dann ein Gewerkschaftsfunktionär einen willkommenen Anlass, mehr Personal, mehr Waffen und bessere Ausstattung zu fordern. Bei der Polizei gibt es ja dort ganz viele Praktiker vor Ort, die uns oft zustimmen. Offensichtlich finden die aber nicht genug Gehör. Es scheint ein Hierachieproblem zu sein.

Sie fordern von der Polizei mehr Dialogbereitschaft. Dabei sind es doch gerade manche Fangruppen, die aus Prinzip die Kommunikation mit der Polizei verweigern.
Goll: Langfristig lohnt sich immer auf die Leute zuzugehen. Zum Dialog gibt es keine Alternative und einer muss ihn stets beginnen. Es stimmt aber, Kommunikationsverweigerung ist ein Problem bei vielen Ultragruppierungen. Das ist ein Teil der schwierigen Aufgaben, die alle die Mühle, in der viele Fanprojekte vor Ort stecken. sozialpädagogischen Fanprojekte beackern. Fanarbeit baut Brücken, sie muss aber langfristig angelegt sein und deswegen habe ich wenig Verständnis dafür, wenn Projekte wie das in Plauen nach einem Jahr des Bestehens schon wieder in Frage gestellt werden, weil ein paar Tausend Euro fehlen.

Plauen ist das kleinste der 48 deutschen Fanprojekte. Andernortsen ist das Gewaltproblem größer.
Goll: Das ist aber eine gefährliche Logik. Genau deshalb witzeln die Ultras dort: Vielleicht sollten wir mal etwas kaputt machen, dann wird weiter finanziert. Dass es anderswo mehr Probleme gibt, ist eben auch ein Erfolg unseres präventiven Ansatzes. Unser Auftrag ist es, dafüfür zu sorgen, dass Jugendliche sich positiv entwickeln, dass sie auch aus Fehlern lernen. Dass sie zu stabilen Persönlichkeiten werden, die es gar nicht erst nötig haben, rassistisch oder gewalttätig zu werden.

Dazu ist es bei den Herrschaften, die sich beim letzten Auswärtsspiel der Nationalmannschaft daneben benommen haben, offenbar zu spät.
Goll: Ja, womöglich bei den vielen Ältern, die zu solchen Anlässe immer wieder zusammenkommen. Wer Passanten anpöbelt, rechtsradikale Parolen brüllt und grundlos Stühle auf Polizisten wirft, muss sich nicht wundern, wenn die Polizei hart durchgreift.

Was waren das für rechtsradikale Parolen?
Goll: „Wir sind wieder einmarschiert“ wurde gerufen – man kann sich unschwer vorstellen, wie das in unseren Nachbarländern ankommt. Interessanterweise waren das die gleichen Leute, die Loblieder auf Thilo Sarrazin angestimmt haben. Und später waren dann im Stadion seit langem mal wieder vereinzelte „Sieg Heil“-Rufe herauszuhören. Dass der DFB so etwas verurteilt, dürfte sich inzwischen herumgesprochen haben. Ich würde mir aber mehr Reaktionen von der Masse der vielen „normalen“ Zuschauer wünschen, oder auch mal von den Nationalspielern, es gibt ja genug mündige Spieler in der Mannschaft.

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