Thomas Hitzlsperger

Doku über homosexuelle Fussballer

 „Die Hoffnung ist, dass Fans weiter sind als die Verantwortlichen denken“

Manfred Oldenburg ist Regisseur der sehenswerten Doku „Das letzte Tabu“. Er lässt neben Thomas Hitzlsperger diejenigen Profifußballer ihre ganz persönliche Geschichte erzählen, die sich als homosexuell geoutet haben. Interview Matthias Greulich

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POST AUS AFRIKA
Probleme für die Windmaschine
Unvorstellbar im Europa nach Bosman: Zwei Spitzenspieler aus Malawi dürfen keine gutdotierten Angebote ausländischer Klubs annehmen. Christian Gülisch berichtet in seiner zweiten Post aus Afrika, wie dort Bürokratie über Talent entscheidet.


Essau Kanyenda

Bekommt keine Arbeitserlaubnis für die schottische Premier League: Esau Kanyenda hier im Trikot der malawischen Nationalelf gegen den Algerier Slimane Raho. Foto Pixathlon


Dave Banda der derzeit begehrteste Fußballer in Malawi. In den Medien wird er gerne als „Malawian Michael Essien“ geprieseen. Neben zahlreichen südafrikanischen Vereinen, soll angeblich auch halb Europa hinter dem talentierten Mittelfeldmotor her sein, darunter auch Lazio Rom und Twente Enschede. Es scheint als würde eine glanzvolle Zukunft vor ihm liegen. Doch, Dave hat ein Problem: Er ist Soldat der malawischen Armee, die ihm verbietet, Profi werden.

Dave Banda ist mit seinen 26 Jahren kein Talent mehr, das man formen müsste, sondern im besten Fußballalter. Für seinen Verein in Malawi, die Red Lions, und auch für die „Flames“, das malawische Nationalteam, war er in dieser Saison der auffälligste Spieler. Mit seinen gerade mal 1,74 Metern ist er kein Hüne im defensiven Mittelfeld, aber er ist ein Arbeiter mit einem sehr guten Auge für seine Mitspieler – in Deutschland würde man ihn am ehesten mit dem „Lutscher“ Frings vergleichen.

Banda hatte sich im Laufe des Jahres vor allem durch seine sehr guten Leistungen für die „Flames“ während der Qualifikation zum Afrikacup in den Fokus ausländischer Vereine gespielt. In seiner Heimat hat er durch seinen unermüdlichen Einsatz und seine exzellenten Zweikampfstärke bereits den Beinamen „Machine Amphepo“, die Windmaschine. Bereits im April dieses Jahres wurde er zu einem Probetraining der Kaiser Chiefs eingeladen nach Südafrika zu kommen, doch diese Reise wurde ihm von seinem Arbeitgeber untersagt. Banda hatte sich bereits in jungen Jahren als Soldat für sein Land verpflichtet. Einem malawischen Soldaten war es nicht gestattet außerhalb des Landes zu arbeiten.

Auf Druck der Fifa hat sich mittlerweile eine Organisation mit dem Namen „The Football Players Carrer Enhancement Committee“ gegründet. Eine Art Gewerkschaft, die für die Rechte und Zukunftsplanungen der Spieler in Malawi eintritt. In einem offenen Brief an das malawische Militär fordert die Organisation: „We suggest that you carry forward our suggestion to promote Dave Banda to a rank which he will get the benefits he would have received if he had gone to play professional overseas“. Das dürfte sich als eine teure Angelegenheit für das Militär erweisen, denn der italienische Serie A Club Lazio Rom soll Banda bereits einen Vertrag mit einem Monatsgehalt von 20.000 Euro angeboten haben. Um dieses Gehalt zu kompensieren, müsste das Militär seinen Starsoldaten schon auf den Rang eines Supergenerals befördern. Dies würde zumindest im Einklang mit den Forderungen des „Carreer Enhancement Committees“ stehen: „In human resources management, it is always imperative to see to it that you have well motivated employees or staff“.

Zusätzlich hat sich nun auch die Fifa direkt eingeschaltet. Der Verband und das malawische Militär werden gebeten die Karriere des so aufstrebenden Mittelfeldspielers nicht zu zerstören und ihn von seinem Engagement als Soldaten zu entbinden. Doch das Militär denkt gar nicht daran, Banda gehen zu lassen. Er habe als Soldat einen Treueeid geleistet, den er nun auch erfüllen müsse. Dennoch scheinen die interessierten Clubs nicht aufzugeben. Twente Enschede soll Banda sogar einen Vertrag angeboten haben, ohne ihn vorher in einen Probetraining auf seine Tauglichkeit testen zu wollen. Nach den neuesten Entwicklungen scheint auch das Militär schwach zu werden. Ein Sprecher dachte kürzlich laut über eine zweijährige Befreiung des Soldaten nach. Seine Agenten jedenfalls sehen dies bereits als ein Zeichen des Erfolgs und malawische Tageszeitungen spekulieren bereits zu welchem Verein Dave Banda in der im Januar startenden Transferperiode wechseln wird.


Dave Banda

Das Militär verbietet einen Wechsel ins Ausland: Malawis bester Fußballer Dave Banda
Foto Pixathlon


Dave Banda ist nicht der erste malawischer Fußballspieler, dem bürokratische Probleme den Wechseln ins Ausland erschweren. In den letzten Wochen machte Esau „Black Mamba“ Kanyenda die schmerzliche Erfahrung, das es selbst als Fußballprofi nicht einfach ist ein Arbeitsvisum in einem anderen Land zu bekommen. „Black Mamba“ – seinen Spitznamen verdiente sich Kanyenda durch seine pfeilschnellen Konterattacken - befand sich bereits in weit fortgeschrittenen Verhandlungen mit Dundee United aus der schottischen Premier League, als ihm die Arbeitserlaubnis von der Einwanderungsbehörde Großbritanniens verweigert wurde. Seitdem hat sich der Fall Kanyenda zu einer Frage der nationalen Ehre der Malawier entwickelt. Denn, das Problem hierbei ist nicht Kanyenda selber – er ist regelmäßig als Stürmer im Aufgebot des malawischen Nationalteams vertreten und wäre somit theoretisch berechtigt ein Visum zu bekommen – das Problem ist der Status des malawischen Verbandes in der internationalen Fifa-Rangliste. Malawi befindet sich nicht unter den 70 Topnationen in der Länderwertung, die das Vereinigte Königreich als Basis ihrer Einwanderungspolitik für Fußballer sieht. Das brisante an dem Fall ist jedoch, das Kanyenda gar nicht mehr bei einem malawischen Verein spielt. Bereits im Jahr 2003 wechselte er in die Russische Liga und 2005 zu Lokomotive Moskau, die im Jahr davor sogar Russischer Meister wurden. Das einem Spieler mit internationalem Format das Recht entzogen wird in Schottland zu spielen nur weil er aus Malawi kommt, entfacht die Wut des stolzen Landes. Eine Nation, die aber auch ihren besten Spielern, wie Dave Banda, Steine in den Weg legt.

In der Zwischenzeit wurde die „Black Mamba“ Kanyenda zu Rotor Volgograd ausgeliehen. Volgograd spielte bisher zwar auch in der ersten russischen Liga, doch in der vergangenen Saison musste der Verein den Abstieg in die zweite Liga verkraften. Das trifft vor allem Kanyenda hart, denn als Ausländer ist er nicht berechtigt in der zweiten russischen Liga zu spielen. Er musste sich nach einem neuen Verein umsehen. Momentan liegt ihm ein Angebot der Morroka Swallows vor, einem Team aus der südafrikanischen Premier League. Bei den Swallows wird Kanyenda auf eine ähnliche Situation wie in Russland treffen, denn auch das Team aus Johannesburg kämpft momentan gegen den Abstieg in die Zweitklassigkeit. Der deutsche Trainer Rainer Zobel, der Kanyenda unbedingt haben will, steht kurz vor dem Rauswurf. Kanyenda wird höchstwahrscheinlich nur einen Vertrag bis zum Ende der Saison unterschreiben, danach wird die Odyssee wohl weitergehen. Sieben Jahre spielt Esau Kanyenda bereits im Profigeschäft außerhalb von Malawi. Er hat lernen müssen, dass Bürokratie nicht nur in seinem Heimatland Fußballtalenten das Leben schwer macht. Erfahrungen, die auch Dave Banda noch bevorstehen.


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