Thomas Hitzlsperger

Doku über homosexuelle Fussballer

 „Die Hoffnung ist, dass Fans weiter sind als die Verantwortlichen denken“

Manfred Oldenburg ist Regisseur der sehenswerten Doku „Das letzte Tabu“. Er lässt neben Thomas Hitzlsperger diejenigen Profifußballer ihre ganz persönliche Geschichte erzählen, die sich als homosexuell geoutet haben. Interview Matthias Greulich

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INTERVIEW
„Das ist der Weg, den ich gehen will“
Der 20-jährige Tunay Torun ist eines der größten Talente beim Hamburger SV. Nach einer mehrmonatigen Zwangspause wegen einer schweren Knieverletzung feierte der türkische Jugendnationalspieler ein eindrucksvolles Comeback gegen den VfB Stuttgart in der Bundesliga. Interview Daniel Jovanov.

Tunay Torun jubelt

Jubel nach dem 1:0 gegen Stuttgart: Torvorbereiter Tunay Torun
Foto Pixathlon


Herr Torun, wie geht es dem Knie?

Tunay Torun: Gott sei Dank ist alles gut verlaufen. Ich hatte zum Glück einen sehr guten Arzt, der bei mir den Eingriff vorgenommen hat und mich auch in der Reha-Phase betreut hat. Jetzt ist alles wieder in Ordnung und ich denke, dass ich auf einem guten Weg bin. Ich habe in dieser Zeit hart an mir gearbeitet und fühle mich jetzt sehr fit und bin gut in Form.

Mit guten Leistungen in der Bundesliga wie gegen den VfB Stuttgart sind Sie auch bald wieder ein Thema für die Jugendnationalmannschaft.
Erst vor kurzem saß ich hier in Hamburg mit dem Co-Trainer der türkischen A-Nationalmannschaft zusammen. Er hat mir klargemacht, dass das Trainerteam von meinen Qualitäten überzeugt ist und dass sie mir nach meiner Verletzung Zeit gewähren, Spielpraxis zu sammeln. Man hat mir in Aussicht gestellt, dass ich schon bald eine Einladung zur Nationalmannschaft bekomme.

In der Jugend hatten Sie die Wahl für Deutschland oder die Türkei aufzulaufen. Warum haben Sie sich für die Türkei entschieden?
Ich wurde von der Scouting-Abteilung des türkischen Verbandes gesichtet und bin daraufhin zu einem Lehrgang in Hannover für die U-15 Nationalmannschaft eingeladen worden. Dort wurden von vielen guten türkischen Spielern aus ganz Europa die besten drei, vier Spieler ausgewählt, zu denen auch ich gehörte. So kam es dazu, dass ich zur Nationalmannschaft gefahren bin und schon in meinem zweiten Ländespiel habe ich gegen die Niederlande ein Tor erzielt. Ich habe mich sehr wohl gefühlt und dann war für mich klar: das ist der Weg, den ich gehen will.

Hat sich der DFB in der Jugend um Sie bemüht?
Ja. In der U-16 wurde ich zu einem Lehrgang des DFB eingeladen. Letztendlich habe ich mich aber beim türkischen Verband besser aufgehoben gefühlt. Ich hatte mal ein Telefonat mit Matthias Sammer, der mir klargemacht hat, dass der DFB sehr an mir interessiert sei. Er riet mir aber auch, dass ich in mich reinhören soll und dass ich hundertprozentig hinter meiner Entscheidung stehen muss. Das war ein sehr aufschlussreiches Gespräch, das mich sehr weitergebracht hat.

Konnten Sie Unterschiede in der Herangehensweise zwischen dem deutschen und dem türkischen Verband feststellen?
Der türkische Verband hat aus der Vergangenheit gelernt, weshalb sie versuchen viele talentierte Spieler aus dem Ausland für sich zu gewinnen. Die Scouts sind überall in Europa unterwegs und gehen gezielt auf die Talente zu. Was mir bei der türkischen Nationalmannschaft imponierte, war die Warmherzigkeit und die Offenheit der Menschen. Ich habe mich sofort als Teil des Ganzen gefühlt. Beim DFB lief es allgemein etwas distanzierter ab.

Haben diese Aspekte damals den Ausschlag gegeben?
Es kommt nicht von ungefähr, dass ich heute in der Bundesliga für einen sehr großen Klub spielen darf. Durch die Nationalmannschaft habe ich mich in jedweder Hinsicht weiterentwickelt. Der Verband hat mich in der Jugend sehr gefördert, was wiederum auch ein Grund dafür ist, dass ich es in Deutschland beim Hamburger SV so weit geschafft habe. Als Nationalspieler wird man in einer Mannschaft ganz anders wahrgenommen. Der Status des Nationalspielers hat mein Ansehen im Verein und in der Mannschaft gepusht. Beim türkischen Verband hatte ich einfach ein besseres Gefühl. Daher habe ich diesen Weg gewählt.

Noch hätten Sie die Möglichkeit für Deutschland zu spielen. Haben Sie für sich schon eine endgültige Entscheidung getroffen für welches Land sie auflaufen möchten?
Fußball ist ein sehr schnelllebiges Geschäft. Daher kann man nie genau sagen, wie es letztendlich kommt. Meine Wurzeln liegen in der Türkei und es ist mir eine Ehre, für die türkische Nationalmannschaft zu spielen. Ich habe den Leuten in der Türkei sehr viel zu verdanken und denke, dass ich in Zukunft für die türkische Nationalmannschaft spielen werde.


Tunay Torun
Türkischer Jugendnationalspieler: Tunay Torun (20)
Foto Pixathlon


Welchen Einfluss hatten Ihr Umfeld und Ihre Familie auf Ihren Entschluss?

Sowohl meine Eltern als auch meine Freunde und Verwandte haben mir geraten auf mein Herz zu hören. Das habe ich auch getan und ich bereue meine Entscheidung nicht. Sie wären natürlich auch stolz auf mich, wenn ich mich für den DFB entschieden hätte, aber niemand hat mich in irgendeiner Weise zu einer Entscheidung in eine bestimmte Richtung gedrängt.

Viele Spieler in der deutschen Nationalmannschaft standen vor derselben Wahl wie Sie. Wie beurteilen Sie den Entschluss der Spieler mit türkischem Migrationshintergrund für Deutschland zu spielen?
Ich kenne den Hintergrund und den Werdegang dieser Spieler nicht so genau, um die Entscheidung von Spielern wie zum Beispiel Mesut Özil beurteilen zu können. Ähnlich wie bei mir ist es bei diesen Spielern aber so, dass sie schon sehr früh von der Nationalmannschaft angesprochen wurden und somit schon in der Jugend eine enge Bindung aufgebaut haben. Das Vertrauen, das der DFB in sie setzt, wollen sie natürlich zurückzahlen. Ich respektiere diese Entescheidungen und gerade die türkische Bevölkerung in Deutschland sollte sehr stolz auf diejenigen sein, die sich bei einer so großen Nation etablieren konnten.

Spielt Geld in diesem Zusammenhang auch eine Rolle?

Das kann ich mir nicht vorstellen. Für die Nationalmannschaft zu spielen ist eine Herzensangelegenheit und deshalb sollte jeder, dem diese Ehre zuteil wird, alles für sein Land geben. Geld spielt da keine Rolle.

Welches Urteil fällen die türkischen Fans über Spieler, die sich gegen die Türkei entscheiden?
Die Meinungen sind gespalten. Ich kann nicht nachvollziehen, wieso Mesut Özil beim Spiel gegen Deutschland bei jedem Ballkontakt ausgepfiffen wurde. Man muss doch gerade auf diese Spieler stolz sein, die sich in einer so hochklassig besetzten Nationalmannschaft etabliert haben. Sie stehen zudem als Sinnbild für gelungene Integration.

Was tun Sie, wenn Jogi Löw dennoch bei Ihnen anfragt?
Vor einigen Wochen habe ich noch in der vierten Liga gegen den TSV Havelse gespielt, eine Woche darauf spiele ich in der Bundesliga gegen Stuttgart von Beginn an. Im Fußball geht alles wie gesagt so schnell, weshalb ich nichts ausschließen möchte. Der momentane Stand der Dinge ist, dass ich auf eine Einladung vom türkischen Nationaltrainer Guus Hiddink warte. Wenn Jogi Löw tatsächlich anfragen sollte, muss ich mir ganz genau überlegen, was besser für mich wäre.


Tunay Torun

Im Training: Jungprofi Torun Foto Pixathlon

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