Thomas Hitzlsperger

Doku über homosexuelle Fussballer

 „Die Hoffnung ist, dass Fans weiter sind als die Verantwortlichen denken“

Manfred Oldenburg ist Regisseur der sehenswerten Doku „Das letzte Tabu“. Er lässt neben Thomas Hitzlsperger diejenigen Profifußballer ihre ganz persönliche Geschichte erzählen, die sich als homosexuell geoutet haben. Interview Matthias Greulich

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BUCH
Über das Leben ohne Stecktabelle
Als Enddreißiger in der Kurve: „Ohne Fußball wär'n wir gar nicht hier“ beschreibt das Lebensgefühl von Fußballfans in der Midlife-Crisis äußerst treffend. Von Sven Taucke.

 

 

Buch "Ohne Fußball wär'n wir gar nicht hier"Volker Backes, Andreas Beune, Christoph Ruf: „Ohne Fußball wär'n wir gar nicht hier“
Foto Sven Taucke

 

 

Hamburg im Jahre 1994. Eine Auswärtsfahrt im Bus mitten in der Woche ins 800 Kilometer entfernte Homburg an der Saar. Wo ist das Problem? Christoph Ruf, damals Fan des FC St. Pauli, war das, was man anerkennend raunend einen Allesfahrer nennt. Volker Backes und Andreas Beune wurden auf der Bielefelder Alm sozialisiert, wo sie angesichts die oft dürtigen Darbietungen der Arminia ihre Leidensfähigkeit strapazierten.

Mit Mitte 20 war es wunderbar leicht, Fußballfan zu sein. Die Begeisterungsfähigkeit groß, und der Körper noch stark genug, um die Strapazen einer trinkfreudigen Auswärtsfahrt locker wegzustecken. Doch je älter der Fan wird, desto mehr gewinnen der Job oder die Familie an Bedeutung. Und ehe man es bemerkt ist Fußball nicht mehr das Wichtigste im Leben.

Genau dieses Lebensgefühl erkunden Volker Backes, Christoph Ruf und Andreas Beune, alle um die 40 Jahre alt, in ihrem Buch „Ohne Fußball wär’n wir gar nicht hier“. Sie selbst sehen sich als „Fans in der Midlife-Crisis“: zu alt, um noch bedingungslose Anhänger zu sein, aber zu jung, um die Spiele vom Sofa aus zu verfolgen.

Es sind haufenweise Bücher auf dem Markt, in denen Menschen ihre Befindlichkeiten in der Midlife-Crisis ausbreiten. Braucht es also auch noch ein Werk, in dem der Autor darüber grübelt, warum die „kicker“-Stecktabelle nicht mehr einen zentralen Platz in seinem Leben einnimmt? Braucht es. Meine anfängliche Skepsis ist schnell verflogen: Dieses Buch ist beste Unterhaltung.

Backes, Beune und Ruf erinnern sie sich etwas ungläubig daran, wie sie zum Fußball fanden, und staunen über ihren Enthusiasmus. Trotz des humoristischen Tons gehen die Autoren durchaus ernsthaft mit sich und den Anhängern ins Gericht. Eine echte Stärke des Bandes. Die durchaus polarisierenden und polemischen Einwürfe von Christoph Ruf dürften nicht nur Anhänger der Kiezkicker mit besonderem Interesse lesen.

Aber nicht nur Fans verändern sich. Über die Jahre hat sich auch der Fußball selber gewandelt. Auch darum geht es hier. Fast nebenbei entsteht durch die 26 heiter-anekdotenhaft erzählten Geschichten das Bild eines fußballverrückten Landes zwischen Leidenschaft und Kommerz.

So ist „Ohne Fußball wär’n wir gar nicht hier“ ein unterhaltsames Lesebuch für Fans mit oder ohne Midlife-Crisis geworden.

Volker Backes, Andreas Beune, Christoph Ruf: Ohne Fußball wär’n wir gar nicht hier
Verlag Die Werkstatt, ISBN 978-3-89533-855-7, 9,90 Euro

 

Lesungen

11. Oktober, 20.30 Uhr, Frankfurt, ExZess: Volker Backes und Christoph Ruf

13. Oktober, 20.30 Uhr, München, Stadion an der Schleißheimer Straße: Volker Backes und Christoph Ruf

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