SPORTRECHT
Sind Amateurfußballer Arbeitnehmer?
Einem Oberligisten aus Niedersachsen droht die Insolvenz: Er muss nach einer Betriebsprüfung für sieben Jahre 690.000 Euro Sozialversicherungsbeiträge nachzahlen. Im Eilverfahren wurde die Zahlung vorerst ausgesetzt. Von Rechtsanwalt Stefan Engelhardt, Sozietät Roggelin & Partner.

 

FußballWeit übers Ziel hinausgeschossen: Ein Oberligist steht nach einer Betriebsprüfung vor der Insolvenz.
Foto: Sebastian Vollmert 


Sind Amateurfußballer Arbeitnehmer? Mit dieser nicht ganz unwichtigen Frage hat sich das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen in seiner Entscheidung vom 12.11.2013, L 4 KR 383/13 B ER, auseinandergesetzt.

Betroffen war die erste Herrenmannschaft eines Sportvereins, der in der Oberliga Niedersachsen aktiv ist. Der Verein bezahle seine Spieler sehr unterschiedlich, die Beträge lagen zwischen 9 und  2.500 Euro im Monat.

Teilweise entrichtete der Verein für Amateurfußballer Sozialversicherungsbeiträge, teilweise nicht.

Nachdem eine Betriebsprüfung durchgeführt wurde, forderte der Rentenversicherungsträger die Zahlung weiterer Sozialversicherungsbeiträge und zwar in Höhe von etwa 690.000 Euro. Hinzu kamen Säumniszuschläge in Höhe von rund 184.000 Euro für den Zeitraum von 2005 bis 2012.

Da diese Beträge existenzbedrohend waren, leitete der Verein ein Eilverfahren ein, in dem das Landessozialgericht entschied, dass aus dem Beitragsnachforderungsbescheid zunächst nicht vollstreckt werden darf.

Das Gericht hat dies damit begründet, dass ernsthafte Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Beitragsnachforderungsbescheides bestehen, weil ein Arbeitsverhältnis nur vorläge, wenn die Fußballspieler weisungsgebunden in den Verein eingegliedert wären.

Man muss sich somit fragen, ob die Sportler unter Einsetzung ihrer sportlichen Fähigkeiten primär wirtschaftliche Interessen verfolgen. Die Weisungsgebundenheit folgt, anders als der Rentenversicherungsträger meinte, nicht bereits daraus, dass den Fußballspielern die Spielorte vorgegeben und die Anordnungen des Trainers befolgt werden müssen, denn dies ist typisch für sämtliche Mitglieder einer Fußballmannschaft.

Zu beachten ist hier, dass der Verein in 550 von etwa 2.000 Kalendermonaten der streitigen Zeit nicht mehr als 350 Euro bezahlt hat und somit innerhalb der Grenzen einer geringfügigen Beschäftigung geblieben ist.

Da sich die Spieler im entschiedenen Fall häufig rund 100 Stunden pro Monat für den Verein einsetzten, liegt dieser Zahlung keine Summe, die auf ein wirtschaftliches Interesse des Fußballspielers schließen lässt und damit die Annahme einer abhängigen Beschäftigung rechtfertigen würde.

Zudem hat es der Rentenversicherungsträger versäumt, zu prüfen, ob es sich bei den Zahlungen um beitragspflichtiges Arbeitsentgelt oder aber um beitragsfreie Fahrkostenerstattung oder Aufwandsentschädigungen handelt.

Dieser Bescheid des Rentenversicherungsträgers zeigt sehr eindringlich, wie wichtig die korrekte versicherungsrechtliche Behandlung von Spielern ist. Würde die Rentenversicherung Erfolg mit ihrem Bescheid haben, wäre dies wohl gleichbedeutend mit der Insolvenz des Vereins.


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Rechtsanwalt Stefan EngelhardtWar früher selber Amateurfußballer: Rechtsanwalt Stefan Engelhardt

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