Thomas Hitzlsperger

Doku über homosexuelle Fussballer

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LIONEL MESSI
Fußball ohne Spaß
Lionel Messi leidet: Der ehemalige Weltfußballer scheint seinen Mentor Pep Guardiola zu vermissen. Der FC Barcelona fällt in der spanischen Meisterschaft hinter Real Madrid zurück. Von Giovanni Deriu.

 

 Lionel Messi
Ohne Pep Guardiola macht der Fußball keinen Spaß: Lionel Messi. Foto: Pixathlon

 

Wenn Lionel Messi, 26, hustet, hat ganz Katalonien und der FC Barcelona die Grippe. Jüngst verbreiteten die Agenturen die Meldung, "Leo" habe sich wiederholt übergeben müssen. Für Messi anscheinend total normal, doch für seinen Klub deutlich spürbar: Barça fällt in der Meisterschaft weiter hinter Real Madrid zurück.
 
Dass "Leo" Messi leidet, wird niemand mehr leugnen – erst recht nicht nach Barcelonas 0:1-Niederlage bei Valladolid. Ausgerechnet Wunderknabe Leo, mit dem der wohl bekannteste Fußballklub der Welt immer verwoben bleiben wird. Die vergangenen sechs Jahre zumindest, war Leo Barça, und Barça Leo. Unter Chefcoach Pep Guardiola musste jeder Spieler sein Können für das Kollektiv nutzbar machen: Andrés Iniesta, Xavi oder Carles Puyol taten dies exzellent. Aber letztendlich war Barças Spiel auf Order von Pep Guardiola allein auf Messis Talent, Spiele die Wendung zu geben, zugeschnitten. Diese Spielweise kostete auch berühmte Opfer - die Guardiola gern in Kauf nahm, so lange das Team allein für Messis Lauf- und Dribbelwege sorgte: Zlatan Ibrahimovic, David Villa oder "Babyface" Bojan Krkic, einst als neues europäisches Talent gefeiert. Vordergründig scheiterten diese Individualisten an Guardiola, im Grunde genommen aber an Leo Messi. Das gilt auch für Samuel Eto'o, der sich weigerte, Messis interne Herrschaft zu akzeptieren.
 
Leo Messi ist immer noch eine Institution beim FC Barcelona, denn anders als andere ausländischen Spieler, wuchs Lionel Messi in Barcelonas Kaderschmiede, La Masía, auf. Er wurde dort medizinisch  mit Wachstumshormonen behandelt. Für dieses überragende Talent stellte Barça vieles auf den Kopf. So beschreibt Guardiolas Biograf, Guillem Balagué, im Buch über Pep Guardiola, Messi habe etwas unglaublich "Kindliches an sich". Auf dem Platz war er bisher immer anders als im Alltagsleben, wo er die Kameras meidet und sich abschottet. Barcelona machte viele Zugeständnisse, der Klub hat ihm erlaubt, so zu leben, wie er das in seiner argentinischen Heimatstadt Rosario auch tun würde: umgeben von seiner Familie. Im Unterschied zu anderen Spielern, so im Buch von Balagué, habe man Messi nie dazu gedrängt, Katalanisch zu sprechen, oder Barça auch außerhalb mehr als nötig zu repräsentieren. Messi solle so spielen, wie als Kind in Argentinien, oder in den Juniorenteams. Messi stellte einmal selbst, im Anflug einer tiefen Melancholie die Frage, "Ich weiß nicht was aus mir ohne den Fußball geworden wäre." Wenn er könnte, so Messi, wäre er noch heute bei jedem Spiel dabei.
 
Diesen Spaß scheint verloren gegangen zu sein. Mit Guardiolas Abschied ins Sabbatical und zu den Bayern, dem Übergangsjahr mit dem schwerkranken Assistenten Tito Vilanova (als sich das Team quasi selbst auftstellte, weil vom Krankenbett Titos ferngesteuert), und Cristiano Ronaldos Höhenflügen - mit dem portugiesischen Team wie mit Real Madrid - fingen auch Messis "grüblerische Momente" an, verbunden mit psychosomatischen Symptomen und einer langwierigen Verletzung (im vergangenen Jahr ein Riss in der Oberschenkelmuskulatur).

Mit Guardiolas Ende in Barcelona fehlte Messi von nun an die Vaterfigur, mit dem ihm eine Mischung aus Zuneigung und Distanz verband. Beide verstanden sich ohne viele Worte.
 
Zumal Messi immer alle Freiheiten genoss, die Lauf- und Passwege allein zu diesem Zweck einstudiert wurden: Messi mehr über die Mitte, denn über die Außen. Oder dann wieder Messi (2.0) als hängende oder gar keine (verdeckte) Spitze. So konnte das Wagnis, Ibrahimovic-Messi im Team nie gut gehen. Verschleißerscheinungen machten sich schon damals breit im Team. Aber vor allem Pep Guardiola und Messi machten diese Nebenkriegsschauplätze zu kämpfen. Wertvolle Energie verpuffte, und ein von sich allzu überzeugter Ibrahimovic ging. Intelligent genug zu merken, dass Messi ihm die Führungsrolle streitig machte, und Guardiola, so Zauberer Ibra, "keinen Mumm" hatte.
 
So sind sich Pep Guardiola und Messi ähnlicher als man denkt. Beide vom Fußball besessen, das Beste herauszuholen. Obsessiv Strategien, Taktiken und Spielzüge im Voraus durchzugehen. Der eine auch an der Spielkonsole (Messi). Auch das Austragen von Konflikten über den Körper, wo wir wieder bei der Psychosomatik wären.
 
Peps Widersacher war der geborene "Spiel(er)-Psychologe und Analytiker" José Mourinho. So wollte, und musste Mourinho mit Real Barcelonas Herrschaft brechen. Mit Inter Mailand (später Champions League-Sieger über die Bayern) brachte "Mou"  Pep bereits im Halbfinale eine empfindliche Niederlage bei - von da an wusste auch Mourinho, dass sich Guardiola und mit ihm Barcelona, im Umgang mit starken Emotionen schwertat. Mourinhos "Kriegsführung" vor Spielen, setzten Guardiola arg zu. Beide Führungspersönlichkeiten und Menschenfischer, oder wie Milans Erfolgstrainer der 80er Jahre, Arrigo Sacchi einmal meinte: "Zwei Picassos der selben Epoche".

Real gewann die Meisterschaft, und Guardiola wahrte nach Außen zwar immer die Fassade  - doch dies kostete immense Kraft. Schnell ergraute Peps Resthaar. Fakt ist, ein Mensch wie Guardiola, für den gewisse Werte noch zählen, nahm dies alles persönlich. Für Mourinho gehörte das alles zum Beruf.

Guardiola ging es zu diesem Zeitpunkt schlecht, nicht allzuweit von einem Burn-Out entfernt - psychovegetative Syndrome stellten sich ein, Unruhezustände, aber Pep zog die Reißleine. Pause. Eine Ära, die von Barça, geht quasi seit diesem Zeitpunkt schleichend zu Ende. Pep, gut ausgeruht, strahlt wieder wie die Bayern auch.
 
Messi musste sich letzt mehrmals übergeben - Diagnose? Alles okay, was der neue Coach, Gerardo "Tata" Martino, kaum glauben mag. Auch gehäufte Zustände von Übelkeit in kurzer Zeit, können auf einen "inneren" Konflikt schließen lassen. Es ist nicht mehr Messis Barça. Vielleicht merkt es der kleine Argentinier unbewusst auch. Eine neue Zielsetzung muss her.Die argentinische Nationalelf bietet sich nur bedingt an. Dort konnte Messi noch nicht glänzen, da die Mitspieler seine Laufwege nicht kennen.
 
Deshalb, wenn es derzeit auch etwas weit hergeholt scheint: Messi wird erst dann wieder ganz der alte Messi sein, wenn er Pep Guardiola um sich weiß. Die Bayern sind derzeit zwar ungeschlagen, aber um eine Bayern-Ära länger am Laufen zu halten, müssten sie wohl diesen "Transferhammer" wagen.
Guardiola könnte um Messi ein Team für seine Winner-Ansprüche formen. Alles wäre gut - bis Mourinho wieder auf der Bildfläche erscheint.
 
Giovanni Deriu, 42, Redakteur und Sozialpädagoge, beschäftigt sich u. a. mit Sozialmedizin. Er sieht die Geschichten hinter den Ergebnissen. Deriu schreibt regelmäßig für RUND.

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