Thomas Hitzlsperger

Doku über homosexuelle Fussballer

 „Die Hoffnung ist, dass Fans weiter sind als die Verantwortlichen denken“

Manfred Oldenburg ist Regisseur der sehenswerten Doku „Das letzte Tabu“. Er lässt neben Thomas Hitzlsperger diejenigen Profifußballer ihre ganz persönliche Geschichte erzählen, die sich als homosexuell geoutet haben. Interview Matthias Greulich

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Interview
„Ich wäre podolskimäßig abgegangen"
Jan Delay im RUND-Interview über seinen Rap mit Mesut Özil. Das Video von „Large" haben schon über 1,6 Millionen Besucher im Netz gesehen. Interview Matthias Greulich

Mesut Özil und Jan Delay
Rappen vor der WM: Mesut Özil und Jan Delay trafen sich im Sommer 2010 in einem Studio in Bremen. Foto Nike

 

RUND: Jan, wie hast du Mesut Özil überredet, die Aufnahme für „Large" zu machen?
Jan Delay: Musste ich gar nicht. Er sagte, er habe eine schlimme Stimme. Ich sagte: „Das kriegst du alles hin." Und so war es dann ja auch.

Er gilt als schüchtern.
Ich bin auch eher schüchtern. Mesut ist genauso wie ich. Er will auch nur Bestätigung für das was er macht, nicht für seine Person. Und er ist unglaublich ehrgeizig.

Wie hast du das Spiel Deutschland gegen die Türkei in Berlin erlebt?
Das Geile an dem Spiel in Berlin war einfach, dass die Leute ab Mitte der zweiten Hälfte so geflasht von dem deutschen Spiel waren, dass es sich komplett gedreht hat. Die paar Hass-Leute sind eh gegangen. Und die anderen haben auf einmal Özil genauso gefeiert. Und die ganze Mannschaft, weil sie so gut gespielt hat. „Was soll das: Gegen euch verlieren wir gerne.“ Letztendlich sind wir sowieso wie ein Land. Das war das Schönste. Und dass Mesut Özil so cool geblieben ist. Es war hart mit den Pfiffen, richtig hart. Er hatte auch nichts Trotziges. Ich wäre in dieser Situation krass trotzig gewesen. Ich wäre podolskimäßig abgegangen.

Er hat sich aus Respekt vor seinen Wurzeln sehr zurückgehalten.
Es war ja auch ein Riesending in den Medien. Als wir gegen Polen gespielt haben, war das nicht so ein Thema. Ich glaube es hat auch viel damit zu tun, dass dieses Spiel auf den Sarrazin-Zeitpunkt fiel. Dadurch war es noch mal so angeheizt. Ich finde alles am besten, was von selbst passiert. Diese ganze Sache mit Özil ist von selbst passiert. In dem Moment, wo er einen Bambi dafür kriegt oder von irgendwelchen Ministerien angeworben wird, ist das nicht so mein Ding. Genauso tickt er auch. Genauso ist er.

Das Video deiner Studioaufnahmen von „Large“ läuft auf Youtube auch in einer englischen Version mit Untertiteln. Die internationalen User fragen sich, wer denn da die Musik mit Mesut Özil macht.
Den internationalen Markt kann ich leider so nicht erobern. Das klappt nur, wenn es von selber passiert und die Leute Bock auf mich haben. Ich kann meine Texte nicht ins Englische übersetzen. Das ist unmöglich. Also entweder gehen die Reime, der Flow oder die Aussage flöten. Weil meine Texte einfach zu komplex sind. Die kannst du nicht übersetzen. Vieles ergibt auch inhaltlich außerhalb dieser Landesgrenzen keinen Sinn. Ich hätte nichts dagegen, aber nur wenn es von selber kommt und ich bei meiner Sprache bleiben kann. Also so eros-ramazottimäßig. Wobei ich jetzt nicht glaube, dass er wegen seiner geilen Texte bei der Sprache geblieben ist.

War die WM 2010 anders als 2006 für dich?
2006 habe ich es ja schon im Interview mit euch gesagt: Ich bin immer schon Deutschland-Fan gewesen. Das war damals schon eine krasse Offenbarung, wie es dann kam. Damals hätten wir nicht mit 4:1 gegen England und 4:0 gegen Argentinien gewonnen. Und das einzig und allein aus eigener Kraft und eigener Überlegenheit. Ich finde – und da werden mir viele Leute auf der Welt recht geben – das unsere Mannschaft den attraktivsten Fußball gespielt hat. Die Spanier, natürlich, spielen einen schönen Fußball und sind noch effektiver. Aber das ist nicht attraktiv. Die schießen maximal ein Tor, haben ihre Strategie, mit der sie auch uns auseinander genommen haben. Aber solange kann das nicht halten. Wenn Deutschland so weitermacht und Löw dabeibleibt, werden wir Europameister und später noch Weltmeister.

Aber es gibt momentan noch einen Unterschied zu Spanien.
Aber Spanien kann das nicht solange durchhalten. Das nächste Mal wenn wir gegen die spielen, werden unsere Leute auch nicht mehr nervös sein. Schweinsteiger ist auch so unglaublich gut geworden. So krass weitsichtig. Er hat nicht diese Egosachen von Ballack angenommen, sondern ist in dieser Mannschaft gewachsen und weiß genau, dass sie ihn ausmacht. Diesen ganzen FC-Bayern-Scheiß gibt’s in der Nationalelf nicht. Das ist wie eine eingeschworene Gemeinde, die so viel erlebt haben zusammen und soviel Erfolge gefeiert haben. Und die wissen ganz genau, dass der nächste Schritt ist, Europameister zu werden. Ich bin fest davon überzeugt, wenn jetzt nicht, (klopft dreimal auf den Holztisch) etwas Schlimmeres passiert, dass die es auch schaffen werden. Alle haben allein jetzt schon soviel Schiss vor denen.

Was hast du vor dem Turnier gedacht?
Ich hatte richtig Schiss als Ballack sich verletzt hat. Ich dachte „Oh Gott“. Dass sie so gut spielen hätte ich nicht gedacht. Ich dachte, dass sie zu jung sind und solche Leute wie Ballack und vielleicht auch Frings gebraucht hätten. Oder Kahn oder Lehmann. Zum Anlehnen. Als so einen Guide, dass sie keine Angst haben müssen. Man hat es ja gegen Serbien gesehen, wie schnell diese Euphorie auch umschlägt, wenn man noch so jung und sich nicht so sicher ist.

Gibt es ähnliche Momente mit der Band, wenn du weißt, die Band trägt dich.
Klar. Wenn ich nicht wüsste, dass es so ist, wäre es schwierig. Da ist noch viel wichtiger als bei einem Stürmer, der sich darauf verlassen muss, dass er die Pässe bekommt, damit er den Ball reinmachen kann. Wenn der Stürmer mal kein Tor schießt, egal. Bei mir ist es ja so: Ich muss die ganze Zeit Tore schießen. Wenn ich das Gefühl hätte, da ist jemand in der Band, der mir die Pässe nicht zuspielen kann, dann rede ich mit ihm und warte ab. Und wenn das dann nicht passiert, dann muss der raus. Das ist gottseidank nicht passiert, aber so würde es sein. Es ist noch mehr Teamsport als Fußball.

Du wärst der van Gaal.
Ja. Ich habe es auch schon in ein, zwei Interviews gesagt. Ich bin der Klinsmann, der van Gaal oder der Löw.

Wie bist du mit den Kommentatoren zufrieden?
Ich glaube ich habe mich in diesem Jahr am meisten über Béla Rethy geärgert. Mich nervt immer seine blöde Miesmacherei. Dieses ganze Rumgemäkel geht mir auf den Sack. Aber es gibt noch einen, der noch nerviger ist. (überlegt) Ich glaube jetzt weiß ich’s: Marcel Reif. Ich habe einige Spiele mit anderen zusammengeguckt, und da lief dann Sky. Seine Kommentare fand ich schlimm.

Warum?
Weil er sich so geil findet und weil er alles zerreißt. Alles. Alles. Alles. Ich finde ihn extrem arrogant in seiner Art, wie er kommentiert. Ich habe nichts gegen arrogante Menschen, aber wenn mal als halbwegs neutraler Kommentator agiert, dann darf man nicht so arrogant rüberkommen. Und vor allem nicht, wenn man selber noch nie etwas geleistet hat auf dem Platz. Damit macht man sich lächerlich. Und dann wird man auch nicht ernstgenommen.

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