SCHOTTLAND
Tartan Army auf dem Weg
Bei der EM werden die Dudelsäcke pfeifen: Das schottische Nationalteam ist endlich mal wieder bei einem großen Turnier dabei. Von Fabian Brändle
 
 
 
Old Firm
Zweikampf im Glasgower Derby: Andreas Hinkel hat das Old Firm schon mehrmals auf dem Platz miterlebt. Eine Szene aus Celtic Glasgow - Glasgow Rangers 2:1, am 4. Mai 2010 mit Kenny Miller (Rangers, M.,) Hinkel (l.) und Aiden McGeady (beide Celtic) Foto Pixathlon
 

Liebhaberinnen und Liebhaber des schottischen Fussballs wrden sich gefreut haben: Nach einer sehr langen Durststrecke vermochte sich das Nationalteam endlich, wenn auch mit Mühe, für die Endrunde eines großen Turniers zu qualifizieren. Und auch die Meisterschaft war spannend: Nach einer langen Dominanz Celtics konnten die Rangers aus Glasgow den Titel feiern. Konkurrenz belebt das Geschäft und ist gut für das Niveau des Sports.

Das war auch in den 1970ern und in den 1980ern so, als die beiden Glasgower Großklubs („The Old Firm“) zwar auch dominierten, sich aber mit starken Rivalen aus Aberdeen, Dundee (United und DC) und Edinburgh auseinandersetzen mussten. Der FC Aberdeen um den wuseligen Rotschopf Gordon Strachan gewann einmal sogar den Europapokal, und Dundee United um Eric Malpas und Bannister stand ebenfalls in einem europäischen Finale. In der „grauen Stadt“ aus Granit, Aberdeen, wirkte das hochlassige Innenvertdigerduo Miller/McLeish, das so manche Topstürmer zu stoppen wusste. Und die beiden Edinburgher Clubs Hearts und Hibernian („Hibs“, der Verein aus dem Kultfilm „Trainspotting“) mischten auch oben mit. Billy Dodds von Dundee United war einer der besten Stürmer in Schottland.

Und anders als heute, nach dem Bosman-Urteil, kickten viele Schotten bei englischen Topteams wie Liverpool, Ipswich oder Manchester United. Das Mittelfeld der WM-Mannschaft von 1978, war mit Akteuren des FCL bestüclt, allen voran mit Kenny Dalglish und mit Graeme Souness. McQueen und Archie Gemmil ergänzten diese sehr spielstarkte Schaltzentrale.

Schottland war der Geheimfavorit der WM 1978 in Argentinien, verlor aber sensationellerweise das Auftaktsspiel gegen den Außenseiter aus dem Iran. Ein Prachtstor Archie Gemmils gegen die favorisierten Niederlande sowie zwei weitere Tore bis zur Pause gegen die „Oranjes“ ließen ganz Schottland dennoch vom Weiterkommen in die Zwischnrunde träumen, doch erzielten die Holländer noch zwei Tore und qualifizierten sich auf Kosten der niemals aufsteckenden Schotten. Kampfgeist, Forechecking, Kopfballspiel, das waren die Tugenden des schottischen Spiels, doch sorgten Techniker wie Dalglish und später McAllister, Nicholas, Narey, Hansen oder Paul McStay stets füreinen gewissen technischen Untergrund. Vorne spielten natürlich kopfballstarke Stürmer und sichere Flankengeber, doch auch hier konnte ein Super-Techniker wie der Melancholiker Steve Archibald (Barcelona) reüssieren.

Die Torhüterposition indessen war nie besonders stark besetzt. Richard Gough oder Jim Leighton mit der furchterregenden Zahnlücke waren zwar solide, erreichten aber kaum internationale Standards.

Mit dem Bosman-Urteil wurden schottische Profis aus de Kadern englischer Topvereine in untere Ligen verdrängt, und der schottische Fussball wurde mit relativ günstigen „imports“ aus Skandinavien oder Island überflutet. Dies war einer der Gründe für den Niedergang des Fussballs in den Lowlands, auch neue Taktiken wurden, wenn überhaupt, sehr spät übernommen.

Nun pfeifen die Dudelsäche wieder. Die Fans des Nationalteams, die „Tartan Army“, wird sich wieder Sympathien auf der ganzen Welt erwerben. Zu Tausenden werden sie sich in den Kurven der europäischen Stadien drängen.

Denn wer weiss schon genau, wann die nächste Qualifikation zu einem sportlichen Großereignis erfolgen wird.



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