Abstiegskampf

Schneckenrennen im Abstiegskampf: Können die Teams mit 20 Punkten in der Liga bleiben?

Die Bundesliga-Saison 2024/25 hat viele Geschichten zu erzählen, aber während an der Spitze über Meisterschaftsambitionen und Champions-League-Plätze diskutiert wird, geht es im Tabellenkeller um etwas viel Existenzielleres – und zwar den nackten Überlebenskampf. 

 

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Foto Sebastian Vollmert

 

Besonders auffällig in den letzten Spielzeiten ist, dass einige Teams so wenige Punkte holen, dass der Begriff Schneckenrennen fast zu freundlich klingt. Doch reicht eine magere Ausbeute von 20 Punkten wirklich für den Klassenerhalt oder steuert die Bundesliga auf einen historischen Tiefpunkt im Abstiegskampf zu?

Die aktuelle Lage: Welche Teams kämpfen in dieser Saison um den Klassenerhalt?
Ein Blick auf die Tabelle offenbart die Misere. Nach über der Hälfte der Saison haben die letzten drei Teams kaum mehr als 15 Punkte gesammelt. Folglich sieht man anhand der Quoten der Wetten bei Leovegas, dass die Buchmacher die drei schlechtesten Teams oftmals mit einer Quote von 10,0 oder höher auf den Sieg ausstatten.

Normalerweise beginnt zu diesem Zeitpunkt der Showdown um die rettenden Plätze, doch dieses Jahr scheinen einige Mannschaften fast aufzugeben, bevor es überhaupt eng wird. Die untere Tabellenregion wirkt weniger wie ein knallharter Existenzkampf und mehr wie ein Langstreckenlauf mit angezogener Handbremse.

Besonders düster sieht es für Holstein Kiel und den VfL Bochum aus. Beide Teams dümpeln mit einer erschreckenden Punktausbeute am Tabellenende. Und dann wäre da noch der 1. FC Köln, der sich irgendwie über Wasser hält, aber auch nicht wirklich Fahrt aufnimmt. Die Abstiegskandidaten leisten sich regelmäßig Niederlagenserien, die in anderen Jahren den sicheren Absturz bedeutet hätten. 

Doch 2024/25 könnte eine dieser kuriosen Spielzeiten sein, in der ein Team mit historisch niedriger Punktzahl trotzdem die Klasse hält, einfach weil die Konkurrenz genauso schwach ist. Wenn sich dieses Schneckenrennen weiterzieht, könnte die Saison am Ende weniger durch sportliche Klasse entschieden werden, sondern durch das Team, das am wenigsten Fehler macht.

Wie viele Punkte waren in den letzten Jahren für den Klassenerhalt nötig?
Historisch gesehen lag die magische Grenze für den direkten Klassenerhalt meist irgendwo zwischen 33 und 36 Punkten. Wer auf Platz 16 landete und in die Relegation musste, kam in manchen Jahren sogar mit 30 Punkten noch ins Ziel, doch es gab auch Ausnahmen. Die Bundesliga zeigt immer wieder, dass keine Regel ohne Ausnahme bleibt.

Der Hamburger SV schaffte 2013/14 den Ligaverbleib mit nur 27 Punkten, damals ein fast schon skandalöser Wert. Aber auch in jüngerer Vergangenheit war der Abstiegskampf alles andere als ein Festival der Punktejäger. In der Saison 2022/23 musste der VfB Stuttgart mit 33 Zählern in die Relegation, während Schalke und Hertha mit 31 bzw. 29 Punkten abstiegen. In einigen Jahren hätte ein Team mit 33 Punkten die Liga locker gehalten, während es in anderen Spielzeiten nicht einmal für die Relegation gereicht hätte.

Das bedeutet, mit 20 Punkten wäre in der Bundesliga-Geschichte noch niemand über die Ziellinie gerettet worden. Selbst der Relegationsplatz war mit so wenigen Punkten noch nie in Reichweite. Wenn also in dieser Saison eines der aktuellen Kellerkinder tatsächlich mit 20 Punkten in der Liga bleiben sollte, wäre das eine Sensation oder ein Armutszeugnis für den Wettbewerb. Es wäre ein Fall für die Geschichtsbücher, doch kein Kapitel, auf das sich die Bundesliga stolz berufen würde.

Warum sammeln einige Teams so wenige Punkte? Ursachen für die Schwäche im Tabellenkeller
Aber warum läuft es für die Abstiegskandidaten so katastrophal? Ein Faktor ist sicher die Kaderqualität. Wer schon zu Saisonbeginn mit einem wackligen Defensivverbund und einer harmlosen Offensive antritt, darf sich nicht wundern, wenn der Klassenerhalt zur Mammutaufgabe wird. Viele dieser Teams sind schlicht nicht konkurrenzfähig und hätten in einer anderen Saison längst den Anschluss verloren.

Mannschaften, die früh in der Saison unten feststecken, entwickeln oft eine Verlierermentalität. Niederlagen ziehen weitere Niederlagen nach sich, das Selbstvertrauen schwindet und plötzlich reichen schon kleine Rückschläge aus, um ein Team völlig aus der Bahn zu werfen. Eine verunsicherte Mannschaft kann sich selten selbst retten. Wenn sich dann auch noch der Spielplan gegen sie wendet und die Gegner stärker werden, reicht ein einziges verlorenes Schlüsselspiel, um das letzte Fünkchen Hoffnung zu rauben.

Ein schwacher Tabellenkeller – gut oder schlecht für die Bundesliga?
Auf den ersten Blick wirkt es kurios, wenn gleich mehrere Teams eine historisch schwache Saison spielen, dann könnte das doch eigentlich die Spannung erhöhen. Tatsächlich sieht die Realität etwas anders aus. Wenn der Abstiegskampf nur spannend ist, weil keiner wirklich gut genug ist, um sich abzusetzen, dann ist das kein echtes Drama, sondern eine Farce.

Einerseits gibt es die vermeintliche Spannung am Ende der Tabelle, doch was nützt ein enger Abstiegskampf, wenn er hauptsächlich daraus besteht, dass die betroffenen Mannschaften nicht in der Lage sind zu punkten? Spannung entsteht durch Qualität und genau die fehlt hier. Die Liga lebt davon, dass Teams um jeden Zentimeter kämpfen, aber wenn dieser Kampf eher einem müden Abwarten gleicht, verliert das Drama seinen Reiz.

Zudem sorgt ein schwacher Tabellenkeller oft für ein Ungleichgewicht in der Liga. Die Top-Teams können sich gegen die Abstiegskandidaten die Tore nach Belieben einschenken, während direkte Duelle zwischen den Kellerkindern oft eher wie ein nervöses Abwarten aussehen, bei dem beide Teams hoffen, dass der Gegner den ersten Fehler macht. So entstehen keine legendären Abstiegskämpfe, sondern bestenfalls mäßig unterhaltsame Nervenschlachten.

Profitiert die 2. Bundesliga von den schwachen Bundesligisten?
Interessanterweise gibt es einen Profiteur dieser Entwicklung in der 2. Bundesliga. Während in der Bundesliga Teams mit kümmerlichen Punktzahlen ums Überleben kämpfen, entwickelt sich die zweite Liga zu einem echten Highlight. 

Ein Grund dafür ist, dass viele ehemalige Bundesliga-Klubs inzwischen dort gelandet sind. Vereine wie Schalke, der HSV oder Nürnberg bringen viel Tradition und Qualität mit und sorgen für eine Leistungsdichte, die es in dieser Form lange nicht gab. Zudem hat sich das Niveau in der 2. Liga durch bessere Investitionen und kluge Transfers spürbar gesteigert. Während sich einige Bundesligisten auf dem Abwärtstrend befinden, nutzt die zweite Liga die Gelegenheit sich als starke Alternative zu präsentieren.

Fazit: Reicht eine Punktzahl von 20 für den Klassenerhalt?
20 Punkte reichen nicht oder zumindest dürften sie es nicht. Wenn am Ende der Saison tatsächlich ein Team mit so wenigen Punkten die Liga hält, wäre das ein neuer Tiefpunkt für die Bundesliga. Eine traurige Pointe für eine Liga, die sich gerne als eine der spannendsten Europas bezeichnet. Viel wahrscheinlicher ist, dass die magische Grenze für Platz 15 weiterhin irgendwo bei 33 bis 36 Punkten liegt. Platz 16 könnte mit etwas Glück und viel Chaos schon mit 30 Punkten erreichbar sein.

 

 

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