FILM

„Nehmt euch in Acht vor solchen Frauen!“

Ein filmisches Denkmal für die Pionierinnen des Frauenfußballs: Torsten Körners sehenswerter Film „Mädchen können kein Fußball spielen“ zeigt, welche Widerstände die Frauen in Ost und West überwinden mussten

 

 

 Der zweite Vorsitzende des SV West-Eimsbüttel legte seinen Krückstock, zeigte auf Hannelore Ratzeburg und sagte: „Nehmt euch in Acht vor solchen Frauen!“ Kurz zuvor hatte es die damals 20-Jährige gewagt, auf der Jahreshauptversammlung des Vereins vernünftige Fußbälle und Trikots zu fordern. Aber mit der Beschimpfung war der denkwürdige Abend nicht zu Ende: Die junge Studentin wurde völlig überraschend von den Mitgliedern in den Vorstand gewählt. Sie war dort die einzige Frau. Die Anekdote aus dem rauen Hamburg von 1971 erzählt Hannelore Ratzeburg (mittlerweile 74) in einer sehenswerten Dokumentation, die in der ARD-Mediathek zu sehen ist. Der Film zeigt, welche Widerstände Frauenfußball-Pionierinnen wie Ratzeburg auf dem Weg zu Akzeptanz und Anerkennung überwinden mussten. 

2007 wurde Ratzeburg in das Präsidium des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) gewählt. Fast überflüssig zu sagen, dass sie im größten Verband der Welt die erste Frau war. 2022 kandidierte sie nicht mehr und wurde DFB-Ehrenmitglied. Mittlerweile spielen hierzulande fast eine Million Frauen und Mädchen Fußball in den Vereinen.  „Ich bin schon ein bisschen stolz auf diese Entwicklung – denn es hat auch viel Kraft gekostet“, so Ratzeburg.

Hannelore Ratzeburg arbeitete bis zu ihrer Pensionierung 2008 als Vorschullehrerin in Iserbrook. Sie sagte damals: „Bei uns in der Schule haben wir einen Sportplatz. Die Mädchen gehen raus, schnappen sich den Ball und spielen Fußball. Die Jungs machen auch keine blöden Bemerkungen mehr. Da hat sich schon eine ganze Menge geändert: Sie sind sehr viel selbstbewusster als noch vor 20 Jahren. Und sie sind unheimlich begeistert.“ Klimaaktivistin Luisa Neubauer, die in Iserbrook aufwuchs, kann sich noch gut an ihre Lehrerin erinnern. „Sie ist cool“, sagte sie in einem Interview über eine Frau, die viel bewegt hat. 

Mit großer Beharrlichkeit und Fachwissen hat sie dabei die männlichen Fußballfunktionären zu Zugeständnissen bewegt. 1988, die Männer hatten gerade eine erfolgreiche Europameisterschaft in der Bundesrepublik organisiert, bat sie Hermann Neuberger, doch eine EM der Frauen im eigenen Land auszurichten. Der DFB-Präsident sagte tatsächlich zu, und die DFB-Frauen wurden 1989 sogar zum ersten Mal Europameister. Diesen Erfolg wollen sie als Mitfavoritinnen auch beim Turnier in der Schweiz wiederholen. Jede Spielerin würde als Europameisterschaft 120.000 Euro Prämie bekommen. Torsten Körners ARD-Doku verschweigt nicht, was der DFB den Europameisterinnen in den Achtzigern schenkte. „Es kam ein großes Paket an. Darin: ein Kaffeeservice, ich glaube zweite Wahl“, berichtet eine Spielerin und zeigt kopfschüttelnd eine Kaffeekanne.

 

 

 

 

 

 

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