BUCH

Siegen gegen Kotzbrocken

Für viele Argentinier ist er der neue Maradona der Literatur: Eduardo Sacheris wunderbare Erzählungen sind jetzt auf Deutsch erschienen. Es ist das schönste Buch des WM-Sommers.

 

Diego Maradona

Der Autor Eduardo Sacheri verzeiht ihm alle Eskapaden: Diego Maradona Foto Pixathlon



Tití Gonzalez, der aus der Mannschaft vom Fußball die meiste Ahnung hat, meinte die Gegner seien nichts weiter als eine Herde Trampeltiere und in der Abwehr der reinste Hühnerhaufen. Aber die Jungs, gegen die Titís Team spielen muss, sind schon 15 und ziemliche Kotzbrocken – und nur wer gewinnt, darf in Zukunft in den kühleren Nachmittagsstunden auf dem Bolzplatz bleiben. Es geht also um alles, die Sechstklässer müssen sich etwas einfallen lassen.

Der gefährlichste Gegner wird rüde gefoult, ein anderer durch eine wirklich widerliche Aktion für längere Zeit ausgeschaltet: Er wird von seinem Gegenspieler regelrecht vollgekotzt. Ein irrwitziges Spiel. Als der durch die Magenattacke Ausgeschaltete frisch geduscht und in Begleitung seiner Mutter und der beiden großen Brüder auf den Platz zurückkehrt, sieht es schlecht aus.
Kann Gott etwas gegen die Kotzbrocken unternehmen? „Dann geschah das Merkwürdige ist eine der elf wunderbaren Erzählungen des argentinischen Autors Eduardo Sacheri, die jetzt erstmals unter dem etwas unglücklich gewählten Titel „Die Hand Gottes und andere Tangos“ auf Deutsch erhältlich sind.

„Ich bin fasziniert von diesen Geschichten und habe sie wieder und wieder gelesen“, schreibt Jorge Valdano im Vorwort. Der Weltmeister von 1986 beneidet die Leser aus dem Land des damaligen Finalgegners, weil sie die Lektüre „dieses Buches voller Überraschungen noch vor sich haben“. Valdano hat nicht zuviel versprochen: Sacheri verbindet Fußball und Literatur meisterhaft. Er schreibt, warum er Diego Maradona alles verzeiht und warum es sich nicht gehört, bei einem Straßenspiel mit einem teuren Tango-Ball und Stollenschuhen anzutreten.

Sacheri ist Anhänger des argentinischen Erstligisten Independiente, die Stadionbesuche mit seinem verstorbenen Vater waren für ihn prägende Erlebnisse. Für Valdano und viele Argentinier ist Sacheri der „Maradona der Literatur“. Die Verfilmung seines Debütromans „La pregunta de sus ojos“ gewann im März in Hollywood den Oscar als bester nicht-englischsprachiger Film.

Matthias Greulich

Eduardo Sacheri: „Die Hand Gottes und andere Tangos“ Berlin Verlag, 192 Seiten, 19,90 Euro

Eduardo Sacheri Buchcover

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