INTERVIEW
„Frech? Wir haben Mut gezeigt.“
Mike Büskens hat monatelang offen gelassen, ob er als Trainer bei Zweitliga-Meister Fürth verlängert. Im Interview erklärt er, warum es so lange gedauert hat und was sich bei den „Unaufsteigbaren“ geändert hat. Interview Christoph Ruf.
Bleibt Trainer in Fürth: Mike Büskens, der mit seiner Mannschaft den Bundesligaaufstieg schaffte Foto Pixathlon
Herr Büskens, am Donnerstag trägt sich die Mannschaft ins goldene Buch der Stadt ein, die Meisterschale wird überreicht. Eine bessere Gelegenheit gibt es eigentlich nicht, um zu verkünden, wo Sie nächste Saison Trainer sind.
Mike Büskens: Ich habe ja immer gesagt, dass ich die Entscheidung so früh wie irgend möglich öffentlich machen will. Mir ging es vor allem darum, keine Erwartungen zu wecken, die ich dann nicht erfüllen kann.
Man fragt sich allerdings, warum die Entscheidungsfindung so lange gedauert hat. Die Pole sind doch klar. In Fürth würde man Ihnen auch einen Fünf-Jahres-Vertrag anbieten; auf der anderen Seite wohnt Ihre Familie eben in Gelsenkirchen.
Mike Büskens: Das eine schließt das andere nicht aus. Meine Familie ist ja fast bei jedem Heimspiel in Fürth. Und ihr gefällt es hier. Es geht nicht um ein Entweder oder. Sondern darum, dass auch meine Familie die Entscheidung vertreten kann. Ich wollte verschiedene Optionen nebeneinander legen, eine Vergleichbarkeit schaffen. Das brauchte seine Zeit.
Dem 1. FC Köln haben Sie abgesagt. Die Signale aus der Fürther Mannschaft waren vorher schon klar: Sie sollen Trainer bleiben.
Mike Büskens: Freut mich, aber man sollte sich nicht zu wichtig nehmen. Wenn ich bleibe und nach drei Monaten gefeuert werde, muss sich das Team auch an einen neuen Mann gewöhnen. Wir stehen jedenfalls vor einer spannenden Saison. Als Spielvereinigung weißt du, dass du im Ranking auf Platz 18 anfängst und dass zwischen Platz 17 und dir immer noch ein bisschen Luft ist. Das heißt aber nicht, dass du von Vorneherein verloren hast. Die Mannschaft hat ja gezeigt, dass sie längst noch nicht am Limit ist.
Aber das Taktieren liegt dieser stürmischen Mannschaft eher nicht, oder?
Mike Büskens: Stimmt schon. Wir wollten immer agieren, Fehler des Gegners provozieren, nicht das Spiel auf uns zukommen lassen. Warum soll man junge hungrige Spieler in ein Korsett zwängen, in dem sie abwarten müssen? Wir haben aber auch gelernt, geduldig zu bleiben, den Ball gegen tiefstehende Gegner erst mal zirkulieren zu lassen. Das war schon ein Lernerfolg.
Sie haben den Verein im Dezember 2009 auf Rang 15 übernommen, in der darauffolgenden Saison wurden Sie Vierter. Und plötzlich wurde die graue Maus frech ...
Mike Büskens: Frech? Ich finde, wir haben Mut gezeigt, indem wir ganz offen gesagt haben: Wir sind gut, sonst wären wir nicht Vierter geworden. Also wollen wir jetzt aufsteigen.
Das ist gelungen. Droht jetzt der Ausverkauf? Stephan Schröck ist schon weg. Und Spieler wie Heinrich Schmidtgal oder Sercan Sararer dürften doch einige Bundesligisten interessieren.
Mike Büskens: Das ist ja auch so, aber das spielt für uns keine Rolle. Wir haben jetzt den nächsten Schritt gemacht und damit ist der Selbstbedienungsladen Fürth geschlossen. Egal, ob die vier Millionen für den einen und zwei Millionen für den anderen Spieler bieten. Der Verein hat so lange darauf hingearbeitet, das setzen wir doch jetzt nicht so einfach aufs Spiel.
In Fürth sah man bis vor kurzem viele grüne Sitze im Stadion, zuweilen kamen nicht einmal 8000 Fans. Fassen Sie sich manchmal an den Kopf, wenn Sie sehen, was jetzt hier los ist?
Mike Büskens: Wir mussten hier alle so viel Energie aufbringen, damit sich die Türen ringsum öffnen. Der Verein ist so oft knapp am Aufstieg gescheitert, da haben die Leute gesagt: Die schaffen das doch eh nicht. Und dann das: 25.000 bei der Aufstiegsfeier. Es war wirklich ein unbeschreibliches Gefühl, so viele Menschen zu sehen, die ihr Herz der Spielvereinigung geöffnet haben.
Sie wirken immer noch ergriffen.
Mike Büskens: Mich haben so viele ältere Menschen angesprochen und uns gedankt. Leute, die schon so viel erlebt haben! Und kürzlich kamen zwei Jungs, einer traute sich nicht, also sprach der andere für ihn: „Mein Kumpel will eigentlich nur wissen, ob Sie bleiben. Sonst wären wir sehr traurig“
So etwas packt Sie.
Ja. Da bin ich ein emotionaler Mensch. Ich habe ja auch auf dem Rathaus-Balkon gesagt: Ich werde vielleicht nie mehr so eine Wärme spüren wie hier.
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