INTERVIEW
„Nicht auf der gleichen emotionalen Stufe“
Jubiläum: Dieter Hecking hat Ende Oktober sein 150. Spiel als Nürnberger Trainer. Im Interview erklärt er die Lage beim Club, seine Solidarität mit Bruno Labbadia und berichtet, warum Trainer immer wieder mit den Vierten Offiziellen aneinanderrasseln. Interview Christoph Ruf, Nürnberg.

 

Dieter Hecking und Jürgen Klopp
Solidarität unter Trainer-Kollegen: Dieter Hecking und Jürgen Klopp kommen gut miteinander aus. Foto Pixathlon

 

Herr Hecking, in den letzten Spielen standen die Club-Fans vor einem Mysterium. Die gleiche Mannschaft, die zu Saisonbeginn Powerfußball gespielt hat, verlor die Zweikämpfe und die Laufduelle.
Dieter Hecking: So war das, ja. Wir haben die goldene Mitte nicht gefunden. Die ersten Spiele waren richtig gut, der Rest dann nicht mehr so. Und dann war unsere Außendarstellung auch mies. Ob das die Twitter-Geschichte war...

Der mittlerweile zur U23 delegierte Robert Mak hat Sie nach seiner Auswechslung als ´verrückten Trainer´ beschimpft.
... und sich danach auch nicht so verhalten wie wir das von einem Profi erwarten. Aber auch die Äußerungen von Timm Klose boten Angriffsfläche. Genau wie meine öffentliche Kritik an Alexander Esswein. Es hieß plötzlich, die Mannschaft sei nicht geschlossen, das Verhältnis zwischen Trainer und Mannschaft nicht intakt. Alles Quatsch.

An solch turbulente Phasen war man in Nürnberg gar nicht mehr gewöhnt. Sie haben gegen Augsburg gerade Ihr 150. Pflichtspiel als Club-Trainer absolviert. Kann man in Franken wieder ruhig arbeiten?
Zumindest kann hier jeder solche Phasen einordnen. Der Verein weiß, was er am Trainer Dieter Hecking hat und muss das nach außen nicht immer wieder neu betonen und umgekehrt weiß auch ich, was ich an diesem Verein habe.

Klingt wie bei einem alten Ehepaar: Da versichert man sich auch nicht mehr jeden Tag seiner Gefühle.
Christian Heidel würde doch in Mainz auch keine Diskussion über Thomas Tuchel zulassen, weil das einfach passt. Und genauso würde Martin Bader das auch sagen. Martin muss mir nicht nach dem achten Spieltag den Rücken stärken, nachdem man zwei Jahre und zehn Monate erfolgreich zusammengearbeitet hat.

Könnte der Sach- und Fachmann Hecking bei einem Verein wie Bayern oder dem HSV arbeiten, der jeden Tag dicke Schlagzeilen produziert?
Die Bundesliga ist nun mal gläsern, du musst also überall aufpassen, was du sagst. Das ist in Nürnberg oder Freiburg nicht anders als bei den Bayern.

Sie haben zuletzt auch öffentlich mehr Solidarität unter Trainern eingefordert. In der Diskussion um Bruno Labbadia haben sich tatsächlich Kollegen zu Wort gemeldet.
Aus gutem Grund. In der Sache hat Bruno Labbadia doch absolut Recht: Trainer geraten oftmals zu Unrecht als erste in die Kritik Das Totschlagargument ist: Die sollen sich nicht so anstellen, die verdienen doch genug.

Ist das denn so falsch?
Bleiben wir doch mal bei der Sache. Beim VfB spielen zu wenig junge Spieler? Wenn ein Trainer sieht, dass ein junger Spieler  noch nicht weit genug ist für die Bundesliga, soll er ihn dann aufstellen und vielleicht vorführen?

Der VfB war mal DER Ausbildungsverein in Deutschland. Heute, sagt Jürgen Klopp, sei das der 1. FC Nürnberg.
Der VfB leistet immer noch hervorragende Jugendarbeit, wie wir beim 1. FC Nürnberg auch, das zeigen regelmäßig die Abstellungen für die DFB-Juniorenmannschaften. Wer von den Leuten, die Äpfel mit Birnen vergleichen, schaut denn regelmäßig beim VfB oder bei uns die Trainingseinheiten an? Ich verstehe einfach nicht, dass man Bruno Labbadia, der tagtäglich mit den Jungs beim VfB arbeitet, abspricht, die richtige Einschätzung des Kaders vorzunehmen.

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