INTERVIEW
„Ballack hat mich eingeladen“
Pavel Kuka, 44, wurde mit Tschechien Vize-Europameister 1996, und gewann mit dem 1. FC Kaiserslautern 1996 den DFB-Pokal und zwei Jahre später die Deutsche Meisterschaft. Nun ist er Sportmanager beim tschechischen Meister Viktoria Pilsen. Interview Giovanni Deriu.
„Wünsche mir wirklich, dass Lautern den Aufstieg schafft“: Pavel Kuka. Foto Pixathlon
Groß war der Jubel beim FC Viktoria Pilsen im vergangenen Jahr, als der Club just zum 100-jährigen Jubiläum zum ersten Mal in der Vereinsgeschichte den Meistertitel holte. Flugs schaffte die Viktoria den Sprung über die Qualifikation in die Champions-League Gruppenphase, wo die Pilsener 2012 nicht die allerschlechteste Figur gegen Milan, Barcelona und Borissow machte. Lehrreich waren die Erfahrungen allemal, und auch in dieser Saison läuft es recht gut für die Böhmen in der tschechischen Gambrinus-Liga. Viktoria Pilsen liefert sich mit dem anderen Traditionsverein Sparta Prag ein Kopf-an-Kopf-Rennen. Beide liegen sechs Spieltage vor Saisonende gleichauf nach Punkten. Mittendrin der frisch gekürte Sportmanager und ehemalige Bundesliga-Kicker Pavel Kuka. In der Europa-League war Kuka schon ganz emotional bei den Siegen über den SSC Neapel dabei, eher die Pilsener dann gegen Fenerbahce Istanbul scheiterten. Giovanni Deriu, Beobachter der tschechischen Gambrinus-Liga, sprach mit dem Ex-Lauterer Pavel Kuka.
Herr Kuka, wo erreichen wir Sie gerade?
Pavel Kuka: Ich bin im Büro bei der Viktoria, es gibt immer etwas zu tun …
Sie sind ja gebürtiger Prager, wie kam denn das Engagement beim FC Viktoria zustande?
Pavel Kuka: Der Kontakt zu Pilsen und dessen Vorstand war immer gut. Bereits im vergangenen Jahr haben wir im Rahmen der Champions-League gut zusammen gearbeitet, als Pilsen in Prag spielte (Auflage der UEFA, Zuschauerkapazität; Anm. der Red.). Als dann vor ein paar Monaten die Anfrage kam, war mir schnell klar, dass ich den Job bei Viktoria auch annehme.
Wie sieht Ihre Arbeit konkret aus, was ist Ihre Hauptaufgabe?
Pavel Kuka: Ich wachse gerade hinein in die Strukturen, tausche mich viel mit dem Vorstand aus. Tägliches Arbeiten in diesem Verein macht mir Spaß, und ich bin gewohnt, hart zu arbeiten. Ich bin für den sportlichen Bereich zuständig.
Sie sind erst seit knapp drei Monaten dabei, sind Sie mit Allem zufrieden?
Pavel Kuka: Also, ich fühle mich hier sehr wohl. FC Viktoria ist eine Herausforderung für mich. Zufriedenheit macht oft schnell satt. Und satt bin ich, ist Viktoria noch lange nicht. Natürlich ist auch ein Ziel, dass Viktoria bekannter wird, das wurde auch mit dem Generalmanager festgelegt, als wir vor Weihnachten miteinander gesprochen haben.
Wo steht der tschechische Fußball aus Ihrer Sicht momentan?
Pavel Kuka: Natürlich kann man unsere Situation nicht so mit anderen europäischen Topligen und Mannschaften vergleichen. Tschechien ist recht klein. Außerdem muss man ganz klar sagen, dass es teilweise schon eine Frage des Geldes ist, wie und ob man Erfolge miteinplanen kann. Nur ein Beispiel, unser Budget liegt zwischen acht und zehn Millionen Euro. Das Budget von Fenerbahce Istanbul ist ungefähr 150 Millionen Euro hoch. Mit Geld kann man eben auch ganz anders auf dem Transfermarkt agieren und anders einkaufen. Pilsen holt jetzt zwar auf, und Slavia und Sparta Prag haben eine Tradition wie Bayern München, dennoch sind die Teams meilenweit von der Bundesliga entfernt.
Kann man vielleicht dennoch sagen, dass Viktoria Pilsen vom Erfolg und Ideal eher dem SC Freiburg oder dem FCK gleicht?
Pavel Kuka: (überlegt kurz) Ja, vielleicht, zumindest mit Kaiserslautern, auch von der Stadt. Pilsen wie Kaiserslautern haben knapp über 100 000 Einwohner. Fanpotenzial ist auch da. Und zu meiner Zeit beim FCK war der Verein auch aufstrebend. Zudem ist alles noch recht überschaubar.
Jubel im Trikot von Slavia Prag im Sommer 2000: Pavel Kuka war vier Jahre zuvor Vize-Europameister in den Niederlanden und Belgien geworden. Foto Pixathlon
Sitzen Sie als Sportmanager auf der Bank nah an Trainer Vrba, oder auf der Tribüne?
Pavel Kuka: Ich nehme auf der Tribüne Platz. Der Trainer kommt gut ohne mich klar (lacht), aber klar, mein tägliches Brot ist auch in der Kabine, der Kontakt zum Team ist immens wichtig. Und zum Team gehören alle - die Spieler, die Betreuer, Physios, der Zeugwart, einfach alle. An Sitzungen nehme ich auch teil.
Beschreiben Sie doch Trainer Pavel Vrba. Wie ist der? Er wirkt immer recht ruhig, strahlt eine Bierruhe aus, kann der auch richtig dazwischen hauen?
Pavel Kuka: Glauben Sie mir, er hat das ganze Repertoire der Trainerpsychologie drauf. Er ist schon ein ruhiger und ausgeglichener Trainer, aber er kann auch anders, er trifft immer den richtigen Ton. Er sorgt für die richtige Chemie. Ganz einfach, er ist derzeit der Beste.
Sie spielten sehr erfolgreich für den 1. FC Kaiserslautern, danach für Nürnberg und Stuttgart. Haben Sie noch Kontakte dorthin?
Pavel Kuka: Klar, mit ehemaligen Mitspielern trifft man sich immer mal wieder. In Kaiserlautern bin ich oft, dort habe ich meine Häuser und auch Freunde. Ich hatte in Kaiserslautern schöne Augenblicke. Und dass mich Michael Ballack zu seinem Abschiedsspiel im Juni nach Leipzig eingeladen hat, freute mich riesig. Außerdem wünsche ich mir wirklich, dass Lautern den Aufstieg schafft.
Und in der Gambrinus-Liga? Gewinnt Pilsen den Meistertitel?
Pavel Kuka: Es wird spannend bis zum Schluss bleiben. Wir dürfen uns keine Fehler erlauben.
Pavel Kuka, 44, wurde mit Tschechien Vize-Europameister 2000, und gewann mit dem 1. FC Kaiserslautern 1996 den DFB-Pokal und zwei Jahre später die Deutsche Meisterschaft. Für die Pfälzer erzielte der quirlige und wendige Kuka 53 Tore. Anschließend spielte er jeweils eine Saison beim 1. Nürnberg und VfB Stuttgart sowie fünf Jahre bei Slavia Prag (2000 bis 2005).
Giovanni Deriu, freier Journalist und DaF-Dozent, beobachtet seit Jahren die tschechische Gambrinus-Liga und die Serie A in Italien.
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