FRANKREICH
Teil 2: Das zweite Imperium
Nach der glamourösen Verpflichtung von Falcao, Moutinho und James Rodriguez droht die AS Monaco, gemeinsam mit Paris Saint-Germain der zweite Koloss der französischen Meisterschaft zu werden. Bislang profitiert der Klub von den niedrigen Steuern im Fürstentum. Nun verlangt die Liga, dass er innerhalb eines Jahres seinen Firmensitz nach Frankreich verlagert. Von Rico Rizzitelli.

 

Claudio Ranieri
Trainer in Monaco: Claudio Ranieri. Foto Pixathlon

 

Seit Dimitri Rybolowlew bei den großen Transfers mitbietet, verspricht schon dieser Sommer die Geburt eines neuen Monsters: Die zweite Großmacht des französischen Fußballs, der ausgesaugt zu werden droht.  

Auf einen Schlag setzte der russische Tycoon bei der AS Monaco das große Geldkarussel in Bewegung: Torjäger Ibrahima Touré wurde zum Persischen Golf transferiert und dreiviertel des Kaders verkauft. Trainer Claudio Ranieri war nicht sicher, seinen Trainerposten zu behalten. „Es wird teuer für sie wegen der Vertragsbrüche“, sagt ein Spielerberater, der anonym bleiben möchte. „Sie geben Geld aus, ohne es zu zählen, zahlen immer ein bisschen mehr als der Marktpreis. Sie machen es wie Manchester City. Sie stellen große Namen in eine Reihe, ohne sich um die anderen Spieler zu sorgen. Aber gut, mit Falcao, Moutinho und James Rodriguez, haben sie ein starkes Signal über die Lebensfähigkeit ihres Projekts an ganz Europa gesendet.“

So geht das, seitdem der Präsident von AS und sein Gewährsmann und Sportdirektor Vadim Wasilyew die Hausschlüssel an Jorge Mendes übergeben haben. Der mächtige portugiesische Spielerberater hat zunächst Moutinho und James Rodriguez überzeugt, Porto zu verlassen. 55 bis 70 Millionen Euro hat Porto an Ablöse bekommen. Mendes hat davon profitiert, dass der Vertrag von Ricardo Carvalho in Madrid auslief und er hat schließlich Radamel Falcao überzeugt, auf den Felsen zu ziehen. Zu einem Klub, der nicht einmal international spielt, was für alle großen Spieler in Europa auf Gedeih und Verderb dazugehört. „Ranieri kann nicht mehr als sein Wort geben. Der monegassische Klub erinnnert immer mehr an Chelsea zu Beginn unter Abramovich, den Freund von Rybololvev. Abramovich wollte Stars, Mourinho eine Mannschaft. Gut für sie, dass der Trainer in dieser Sache gewonnen hat. Hier hat man den Eindruck, dass Mendes ist ein Vertreter, der einen Fuß in die Tür bekommen hat und nun versucht, seine gesammelten Enzyklopädien zu verhökern. Ganz das Gegenteil zu PSG. Die Leute aus Katar werfen kein Geld zum Fenster hinaus. Alles ist überlegt, Beckham eingeschlossen“, sagt eine anonyme Stimme aus der Umgebung des Vereins.

Einige französische Spieler zu verpflichten wird eine weitere Aufgabe. Aus Sorge um „das Gleichgewicht“ hat der französische Ligaverband LFP im März beschlossen, dass alle Klubs der Ligue 1 und 2 ihren Unternehmenssitz bis zum 1. Juni 2014 nach Frankreich verlegen müssen. Das Ziel: den steuerlichen Vorteilen ein Ende zu machen, von denen AS profitiert. Das größte Privileg ist die Einkommenssteuer, die es für ausländische Einwohner so gut wie nicht gibt. Lediglich französische Spieler werden dem französischen Steuersystem unterworfen, wenn sie weniger als fünf Jahre in Monaco wohnen. Die für Unsummen verpflichteten Stars aus anderen Ländern bekommen die höchsten Gehälter. Für sie bedeutet das monegassische Steuerrecht 30 bis 40 Prozent mehr netto. Fast alle Vereinspräsidenten haben diese Steuervorteile angeprangert: „Als wir in der Ligue 2 waren, und bevor Monsieur  Rybolowlew den Klub gekauft hat, hat niemand etwas dagegen hat. Nun, wo wir wieder eine Macht in der Ligue 1 werden, regt sich alle Welt auf“, so Jean Petit, die andere Legende von AS, der im Verein bereits fast alle Posten innehatte.

Kürzlich hat der Präsident des französischen Fußballverbands Noël Le Graët erklärt, „die Wogen zu gätten, um eine gütliche Einigung zu finden”. Man spricht von einer Entschädigung von 200 Millionenen Euro, die AS an die Liga und den Verband für mehrere Spielzeiten zahlen würde, um den Unternehmenssitz nicht verlegen zu müssen. Das hatte Le Graët mit Rybolovlev „verhandeln“ wollen. Dieser hat das Gesuch scharf abgewiesen und es der Presse gesteckt. Er drohte Verband und Liga vor Gericht zu bringen. Vor dem Obersten Verwaltungsgericht erlitt der Russe eine erste Niederlage, als sein Eilantrag gegen den Beschluss der Liga abgelehnt wurde. Nun wird der Staatsrat entscheiden. Radamel Falcao hat jedenfalls eine Klausel in den Vertrag aufnehmen lassen, für eine Ablöse von 60 Millionen Euro zu Chelsea oder Real Madrid wechseln zu können. Ein Trick, der es Jorge Mendes erlauben würde, den Nichtangriffspakt zwischen Real und Atlético geschickt zu umgehen ...

Dimitri Rybolovlev hatte es eilig, in diesem Winter den ehemaligen Präsidenten Jean-Louis Campora zu engagieren, um – unter anderem – die anderen Klubvorstände zu beruhigen. Der Mann ist für seinen Sinn für Diplomatie bekannt. Er wird ihn brauchen, denn die anderen Präsidenten lassen nicht locker. „Sie verstehen nicht, dass Monaco eine Chance für die Ligue 1 ist. Es wird ein großartiges Schaufenster. Man kann sich nicht damit zufrieden geben, dass das Geld der Katarer eine Chance sei für die Liga und dass dies nicht für den Russen gelte“, unterstützt der Fußball-Wirtschaftsexperte Pascal Perri. Das bestätigte Sportdirektor Vasilyev in der Sporttageszeitung „L`Èquipe“. „Am Ende ist es ein Projekt nicht nur für Monaco. Es könnte sich für die anderen Klubs durch die Erhöhung der Fernsehgelder auszahlen. Von der Präsenz der großen Spieler profitieren alle.“ Und das Geld der französisch-monegassischen Transfers verbessere außerdem auch die Durchschnittsklubs.

Seit 1992, die Phase mit sieben Meistertitel für Lyon zwischen 2002 und 2008 ausgenommen, konnte kein Klub zwei Titel nacheinander gewinnen. „Das hat Gewohnheiten entstehen lassen, unser Vereinsfußball ist auf dem absteigenden Ast. Wir haben unseren Platz fünf in der Uefa-Rangliste an Portugal verloren. Viele haben Angst, dass sich die Meisterschaft auf zwei, drei Mannschaften beschränke wie in Spanien, Italien und England.  Aber um da wieder heraus zu kommen, müssen wir wahrscheinlich da durch“, plädiert Emmanuel Petit. Viele französische Vereine sind ausgeblutet. Sie verkaufen ihre besten Spieler zur Wintertransferperiode, einige wie Lille oder Lens stehen zum Verkauf oder können es wie Marseille, Nates, Straßburg bald sein. „Der Fußball ist von Natur aus ungleich, es reicht, sich die Champions League anzusehen. Die Länder haben unterschiedliche Steuersysteme und die französischen Vereine müssen sich dennoch behaupten.“ Sobald AS Monaco in der Königsklasse spielt, werden sie dem Financial Fair Play der Uefa unterworfen. Sieht man die Ressourcen und den geringen Andrang im Stadion, riskieren sie schon bald andere Probleme zu bekommen ...

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