CHAMPIONS LEAGUE
Pep der Leidende – aber auf Mandzukic ist Verlass
Der FC Bayern ist im Achtelfinale der Champions League. Trainer Pep Guardiola schien beim Betrachten des Arbeitssieges in Pilsen an der Mittelmäßigkeit des Spiels zu leiden. Von Giovanni Deriu, Pilsen.
Augen zu und durch: Mario Götze und Roman Hubnik. Foto Pixathlon
Wie waren noch gleich Pep Guardiolas Worte bei der Pressekonferenz nach dem hart erkämpften 2:1-Sieg in Hoffenheim? „Wir mussten unser Konzept korrigieren …“
Die Unschlüssigkeit des spanischen Erfolgstrainers schien sich auch in Pilsen fortzusetzen. So lief der Presse-Mitarbeiter der Uefa gleich zweimal innerhalb von 20 Minuten durch die Pressetribüne um jeweils eine veränderte Version der Aufstellungen auf Din-A4 auszuteilen. In der ersten Ausgabe nämlich sollte Thomas Müller einzige Sturmspitze sein, in der zweiten, korrigierten, Version rückte Guardiola Götze von rechts in die Sturmmitte und Müller auf Götzes erste Position – nun, grau war alle Theorie, wichtig ist bekanntlich auf dem Platz. Den Einzug ins Achtelfinale machten die Bayern nach einem Arbeitssieg perfekt.
Fast symbolhaft schon, traten die Bayern in blütenreinen Trikots ganz in weiß an, nichts sollte den neuen Rekord besudeln – neun Siege in Folge in der Champions League und damit auch Barca übertrumpft.
Das Ärgerliche für Trainer Guardiola aber müsste sein, dass seine Bayern trotz Dominanz und (fast) ständigem Ballbesitz zu lange brauchen, um Tore zu schießen. Die Frage muss erlaubt sein, was es bringt, wenn die Münchener wirklich permanent Ball und Gegner laufen lassen, die Gegner sich jedoch nicht verkriechen und Paroli bieten, wie Pilsen gestern, vor allem in der ersten Halbzeit? Pep Guardiola selbst weiß es am besten, dass der Triple-Gewinner seine Ideen noch nicht umsetzen kann.
Schön anzuschauen zwar, aber man gewinnt den Eindruck, dass selbst ein Thomas Müller, ein ständiger Unruheherd für den Gegner, weil immer in Bewegung, mit dieser Spielweise aber Kraft und Konzentration vor dem Tor einbüßt – oder aber, im Angriff sind die Pass- und Laufwege zwischen Müller, Götze und Ribery noch nicht (fein) abgestimmt. Aus der zweiten Reihe wirkten die Angriffsbemühungen und das Einleiten von Chancen durch Kroos, Schweinsteiger und Alaba viel zu behäbig, ganz dem Motto, ach, irgendwann geht der Ball schon rein. Pep Guardiola leidet innerlich still, und hätte er keinen kahlrasierten Schädel, es wäre zum Haare raufen. Alles schön anzuschauen, aber die ersten und letzten Minuten der ersten Halbzeit im Pilsener Stadion gehörten den Gastgebern um Trainer Pavel Vrba. Immer wieder der quirlige Stanislav Tecl über rechts, sowie der in Augsburg gescheiterte Milan Petrzela sorgten für Gefahr im Münchner Strafraum, und Referee Antonio Lahoz zog gleich zweimal ein Pfeifkonzert auf sich, als er (zurecht) keinen Elfmeter gab. Tecl fiel zweimal eher vor Schwäche.
Das Bayern-Spiel kostete auf der Gegenseite viel Kraft, das ständige verschieben nach dem Ball, den die Bayern eben mal so um die Ecke und diagonal spielten, stets ein Bayernspieler war anspielbar. Ribery kam über rechts und links, Götze hielt sich auffällig zurück, um lieber dem rochierenden Thomas Müller den Vortritt zu lassen.
Viktorias Keeper Kozàcik entschärfte zwar gleich drei gefährliche Hereingaben von Müller (18.), Schweinsteiger (25.) und Alaba über links, doch die größte Chance hatten dann in der ersten Hälfte doch die Pilsener: der alte aber clevere „Zehner“ Pavel Horvath(37), nicht mehr das größte Laufwunder bei Viktoria, flankte milimetergenau auf Daniel Kolár, doch dessen Kopfball aus gut acht Metern strich knapp übers Tor. Das 0:0 zur Pause war immerhin ein Teilerfolg. Für den FC Viktoria.
Frantisek Straka, ehemaliger Bundesliga-Profi bei der Borussia in Mönchengladbach sowie tschechischer Nationalcoach, kommentierte das Match für den tschechischen Sender „Primacool“ und meinte: „Absolut klasse, was die Pilsener heute hier abliefern, die Frage wird nur sein, können sie das auch halten?“ Im Wissen, dass bei den Bayern „Hochkaräter“ auf der Bank saßen, würde es am Ende schwer werden, so Straka, bei frostigen Temperaturen.
Der mehrfache ehemalige tschechische Nationalspieler Straka sollte Recht behalten. Just in der starken Phase der Pilsener nach der Halbzeit, besonders Horvath und Petrzela glänzten mit tollen Spielzügen, wechselte Guardiola zeitgleich Mandzukic für Müller und Javi Martinez für Schweinsteiger ein. Kurz sortiert, etwa vier Mal angespielt, Mandzukic rannte deutlich weniger als Müller, doch die zweite sich ihm bietende Chance verwertete „Mandschu“ so, wie man es von ihm gewohnt ist: als Knipser, schräg den Kopf hin haltend, und den Ball in die lange Ecke bugsierend. Die Führung für die Bayern (65.), aber die Böhmen hielten wacker dagegen.
Die Führung brachte dennoch keine Ruhe ins Bayern-Spiel, im Gegenteil, Horvath kurbelte das Spiel an, ließ Diego Contento mehrmals alt aussehen, und wenige Minute später dann die dickste Pilsener Chance, als Horvath mustergültig Petrzela bediente, der noch besser flach in den Strafraum passte, Neuer war nicht im Bilde, aber Tecl kam einen Tick zu spät herangerauscht.
Die Pilsener attackierten, und die Bayern überspielten ihre Unruhe mit gekünstelter Souveränität, Ball halten, Kurzpass und auch mal zurück spielen. Der Zweck heiligte die (limitierten?) Mittel. Guardiola, immer öfter stehend, wirkte minutenlang erstarrt, ab und zu zog er seine rechte Hand aus der Hosentasche – um zu lamentieren.
Wenn Genies an der Mittelmäßigkeit leiden …
Pavel Vrba setzte alles auf die Offensive. Bakos und Pospisil kamen ins Spiel. Da waren es noch fünf Minuten zu spielen. Als dann bei den Pilsenern logischerweise auch die Luft raus war, gab es von den rund 11.000 Zuschauern Standing Ovations, für die Pilsener.
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