INTERVIEW
„Ich bin nicht so kuschelig, wie alle denken“
Oliver Neuville, 33, Stürmer von Borussia Mönchengladbach gilt als klein, leise und unscheinbar. Ein großer Irrtum, wie der 64-malige Nationalspieler im RUND-Interview klarstellt.

„Kuschelig bin ich gar nicht“:
Oliver Neuville Foto: David Klammer
RUND: Herr Neuville, machen Sie immer das, was der Trainer sagt?
Oliver Neuville: Nein, ich habe manchen Trainern schon zweitausend Mal gesagt, dass ich kein Rechtsaußen bin. Ich weiß, dass ich als zweite Spitze besser spiele. Wenn ich trotzdem da draußen spielen muss, hat der Trainer das zu verantworten. Man soll sich dann aber nicht wundern, wenn die Torquote sinkt. Und wenn es mir zu bunt wird, wehre ich mich schon: Ich habe noch nie wegen eines Fouls eine rote Karte gekriegt, aber viel zu viele gelbe, wegen Meckerns. Aber wegen meiner Schnelligkeit wurde so oft Abseits gewunken, zu Unrecht. Das sind Situationen, wo ich alleine aufs Tor zugehen könnte, deswegen ärgere ich mich darüber.
RUND: Bei wem haben Sie auf Rechtsaußen spielen müssen?
Oliver Neuville: Bei Dick Advocaat in Gladbach, und ich habe kein einziges Tor gemacht. Auch bei Christoph Daum in Leverkusen habe ich ein Jahr lang fast nur Rechtsaußen gespielt. Ich bin aus Rostock gekommen, wo ich in 50 Spielen 22 Tore gemacht habe. Bei Leverkusen haben sie dann gesagt: der hat nur vier Tore gemacht. Dass ich pro Saison zehn bis fünfzehn Tore vorbereitet habe, wurde aber vergessen.
RUND: Sie gelten als Wunschschwiegersohn jeder Mutter: sanft, nett. Mit Ihren großen, braunen Augen lösen Sie überall das Helfersyndrom aus.
Oliver Neuville: Ach was, so kuschelig bin ich gar nicht.
RUND: Denken Sie manchmal: Leute, ihr kennt mich doch gar nicht.
Oliver Neuville: Ja, ziemlich oft. Aber es ist egal.
RUND: Man muss ja nicht ein Leben lang ein falsches Image haben. Sie sind aber in Wirklichkeit wild und gefährlich?
Oliver Neuville: Nein, gefährlich nicht. Aber ich bin nicht so, wie die Leute denken. Auch über Michael Ballack wird immer geschrieben, dass er arrogant sei. Aber wie kann man jemanden beurteilen, wenn man ihn nicht kennt? Ballack ist im übrigen gar nicht arrogant.
RUND: Wie sind Sie denn wirklich? Sie sind eine Stimmungskanone?
Oliver Neuville: Ich kann andere und mich sehr gut unterhalten.
RUND: Wer ist bei der Borussia am lustigsten?
Oliver Neuville: Ein bisschen verrückt war früher der Jeff Strasser. Und der Sverkos ist auch lustig, der macht immer viel Blödsinn. Ich muss sagen, wir haben sehr viel Spaß in Gladbach. In Leverkusen war unser Masseur Dieter Trzolek für die Spaßabteilung zuständig. Er hat Wärmesalbe und fiese Pulver in unsere Hosen geschmiert. Da musste man immer aufpassen. Das brennt höllisch.
RUND: Nach dem 0:2 gegen Brasilien im WM-Finale 2002 haben Sie geweint. Wie war es 2006 nach dem Ausscheiden gegen Italien?
Oliver Neuville: Da haben viele Spieler geheult. Wenn man nach 120 Minuten eine Minute vor Schluss so ein Tor bekommt, das ist schon brutal. Ich habe auch ein paar Tränen verdrückt, das ist doch normal.
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