Frisuren

Kickermatten

Fußballstars sind zu modischen Trendsettern geworden und prägen die Frisuren ganzer Schulklassen und Landstriche – was vor 50 und mehr Jahren noch unvorstellbar war, als Haare als natürliches Übel galten, das man möglichst unauffällig meistern musste.  RUND hat sich die Köpfe der Profis seit Gründung der Bundesliga genau angeschaut und Spezialisten des Friseurhandwerks zum Wandel der Haarmoden befragt. Von Matthias Greulich und Rainer Schäfer

 

Günter Netzer
Am liebsten faul: Günter Netzer war einer der besten Fußballspieler Deutschlands Foto Pixathlon

 

Als George Best starb, trauerten die Fans um den fünften Beatle, schließlich trug der Fußballer über dem Trikot von Manchester United Ende der 60er Jahre einen extravaganten Pilzkopf zur Schau. Wie leidenschaftlich über die Haarmode der Profis auf der Insel diskutiert wird, zeigt das wundervolle Buch „Footballers’ Haircuts“ von Cris Fredi.  Im frisurmäßig stets hinterher hinkenden Deutschland dauerte es länger, bis die Nackenwelle von Rudi Völler, der deutschlandgefärbte Irokese von Christian Ziege oder der Afrolook von Paul Breitner zum Thema auf der Tribüne wurden.
 
Nehmen wir die frühen 60er, als die Haare der Spieler praktisch und ohne großen Aufwand zur Frisur wurden: einfach nach hinten gekämmt oder über den Seitenscheitel zur Seite geklappt. Die Ohren blieben auf alle Fälle frei, es waren Jahre, in denen die Verständigung auf und neben dem Platz außerordentlich gut funktionierte. Stars im heutigen Verständnis gab es noch nicht: Auffallen wollten die Fußballer unter keinen Umständen durch den betriebenen optischem Aufwand, sondern mit Extravaganzen auf dem Rasen – wenn überhaupt.
 
In den späten 60ern erhielten Frisuren zum ersten Mal eine Bedeutung und drückten so etwas wie Gesinnung aus: Günter Netzer, der, zumindest optisch, der spießig-bürgerlichen Gesellschaft als rebellische Geste seine langen Haare präsentierte. Aber Netzer und die anderen Langhaarigen waren nicht die nicht die Trendsetter, sondern imitierten haarige Erscheinungen, wie sie in England die Beatles und Rolling Stones vorgelebt hatten.
 
In den 1970er-Jahren wichen die Posen der Auflehnung einer gewissen Verwahrlosung. Die Stars legten selber Hand an ihre Matten oder die Freundinnen griffen zur Schere – wenn überhaupt. Manche Frisur wurde einfach sich selbst überlassen, die Naturkrause wucherte unaufhaltsam in die Breite und wenig ästhetische Bereiche. Das Friseurhandwerk verdiente an der vermeintlich gut situierten Kundschaft fast gar nichts. Schwarze Tage für die Coiffeur-Künstler!
 
In den 1980er-Jahren kamen optisch zweifelhafte Dauerwellen in Mode und die Vokuhila-Hängehaare etablierten sich auf den Köpfen der Bundesligastars. Erste Poppertollen deuteten eine Entwicklung an, die sich bis in die Gegenwart ständig dynamisierte: Die extravagante Erscheinung, die besondere Frisur soll den besonderen gesellschaftlichen Status, die faszinierende Persönlichkeit der eitlen Superstars betonen. Anders gesagt: Mit langweiligen Frisuren hat man auf der Fußballbühne nichts mehr verloren

Zurück  |