KOLUMNE
Saubere Sache
In RUND terrorisiert TV- und Radiomoderator Jörg Thadeusz liebevoll den Fußball. Dieses Mal widmet er sich dem Initiationsritus Duschen und erklärt, wie wichtig die Reinigung für Fußballer ist.

Wer als Junge mit dem Fußballspielen im Verein beginnt, der weiß, wie das ist. Man wird noch als Kind mit dem Bade ausgeschüttet, ab dann wird geduscht. Und zwar mit den anderen. Gerade eben durfte man noch mit Papa in der Wanne sitzen, schon stehen andere um einen herum, während ein mitunter schmerzhaft harter Strahl auf den Leib prasselt.
Nach und nach lernt der junge Mann: Die Dusche ist im Fußball weit mehr, als nur der Ort, wo zuerst Aschereste und später dann Grasnarbenschmutz abgespült wird. Da, wo es neben der Kabine nach dem Spiel dampft, fließt es oft heilig. Aber hier laufen auch Karrieren in den Abfluss. Wer als Ersatzspieler erst in der zweiten Halbzeit kam, aber in der 82. Minute schon wieder runter musste, der hat wohl kaum Schweiß abzubrausen. Der stellt sich unter den Duschkopf, weil in dem ganzen Wasser die Tränen nicht auffallen. Schließlich ist es keine schöne Aussicht unter Umständen Volleyballer werden zu müssen.
Wie weit man es im Fußball geschafft hat, zeigt sich vor allem an der Nasszelle. Wer sich mit 23 noch in ein Moderdunkel stellen muss und keine bereitgelegten Handtücher vorfindet, schafft es wohl nicht mehr. Erreicht nicht die Welt der Entmüdungsbecken, der Edelarmaturen und der prestigeträchtigen Kulturbeutel, die an Schicksalswenden sogar Thema in der Zeitung sind.
Auch aus der Sprache und der Welt der Fußballkommentatoren ist der Waschraum nicht wegzudenken. Ein Schiedsrichter schenkt einem Spieler mit der roten Karte keinen früheren Feierabend, sondern er „schickt ihn duschen“. Bei den Meisterschaftsfeiern versuchen die besonders ausgefuchsten Reporter so nahe wie möglich an die Mischbatterien heranzukommen. Denn sie wissen, dass jeder Fußballtriumph am ausgelassensten unter der Dusche gefeiert wird.
Beim Bankett sind die meisten Beteiligten schon blau, trinken aber weiter und sehen auf dem Rathausbalkon am Folgetag dementsprechend matschig aus. Unter der Dusche jedoch singen alle noch sehr fidel, und weil das Wasser so laut ist, merkt keiner, dass die Männer aus den verschiedenen Kulturkreisen auch die unterschiedlichsten Lieder gleichzeitig brüllen. Was einem Trainer in mühevollen Monaten nicht gelingt, dass verbindet sich ganz natürlich im Vereinsbadezimmer: aus einem Konsortium von elf Einzelunternehmern wird etwas, das wie eine Mannschaft aussieht.
Die Berichterstatter bei der Weltmeisterschaft im vergangenen Jahr konnten sich kaum beruhigen, als das Ungeheuerliche geschehen war. Mädchenalarm im Sanitären! Angela Merkel besuchte die deutschen Spieler, während die sich gerade für ihren Playstation-Abend im Mannschaftshotel frisch machten. So als würden die Spieler in der Deckung des Duschnebels keine Gefangenen machen, mutmaßten die Reporter, dass es zu Ausgelassenheiten gekommen ist, die dem Amt von Frau Merkel nicht angemessen sind. Vielleicht hat sie sich nur gut abgetrocknet, aber wahrscheinlich entsprach ihr Dementi der Wahrheit. Sie hat sich aber bestimmt überlegt, ob es nicht mannschaftsdienlich sein könnte, wenn ihr Kabinett mal gemeinsam duschen würde.
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