BUCH
Ewiges Kind in ewiger Angst
Paul Gascoigne. Ein großer Spieler, ein ewiges Kind, ein Alkoholkranker. Seine Biographie wurde 2005 zum Sportbuch des Jahres in England gewählt. Eine Buchkritik.

Gazza Buchcover
Paul Gascoigne mit Hunter Davies: "Gazza. Mein verrücktes Leben" Foto Benne Ochs



Paul Gascoigne. Ein großer Spieler, ein ewiges Kind, ein Säufer. Paul Gascoigne, heute vor allem ein Mann in Therapie, hat ein Buch geschrieben: über Fußball, über dumme Streiche, über den Suff, über Ängste, Depressionen, Neurosen. Kurz: ein Buch über sich, entstanden aus der Karte seines Lebens, die ihn Therapeuten in der Wüste von Arizona haben zeichnen lassen. Irgendwo zwischen Paranoia, Bier, Wodka und Whisky sucht er darin den Weg der Besserung, der natürlich auch immer ein Weg zu sich ist. Das klingt nach Therapeutengeschwätz. Ist es auch.

Das Problem mit dem wohl nicht nur seine Ärzte, sondern auch der Leser seines Buches zu kämpfen haben ist: Wo nicht viel ist, lässt sich auch nicht viel therapieren. Um es mit George Best, dem anderen englischen Spezialisten, der den Pass mit dem Pub zu verbinden wusste, zu sagen: „Er trägt die Nummer zehn. Früher dachte ich, das ist seine Position und nicht sein IQ.“

Und so ist aus dem Buch, das mit einem zugegebenermaßen fabelhaften Vorwort beginnt, eine Aneinanderreihung der Streiche von Paul Gascoigne geworden. Er rülpst in Mikrofone, er versenkt ein Auto im See, er schießt mit dem Luftgewehr auf nackte Männerärsche, er füllt einen jungen Teamkollegen ab und setzt ihn nackt in den Zug, er jagt eine Toilette mit Sylvesterknallern hoch, er füllt Pasteten mit seiner eigenen Scheiße und schaut zu, wie Freunde das essen.

Der Rest ist die Geschichte eines Trinkers, der abseits des Fußballplatzes geplagt von Ängsten, Ticks und Langeweile, im Alkohol ein zweites Zuhauses findet, dabei Frau und Kinder verliert, um am Schluss zwar trocken, aber traurig ein Leben zwischen Krankenhaus- und Hotelaufenthalt fristet, träumend, dass eines Tages ein großer Verein anruft und ihn zum Trainer macht. So muss am Ende, nach knapp 400 aufgeblähten Seiten, leider über die Autobiografie des Paul Gascoigne das gleiche Urteil wie über seine Karriere gefällt werden: Sie begann vielversprechend.
Sven Recker

Paul Gascoigne mit Hunter Davies: Gazza. Mein verrücktes Leben, Bombus Verlag, 382 Seiten, ‚Ǩ 19,90

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