INTERVIEW
„Die Ecken gehen direkt rein“
Das Zwölfeckige muss ins Eckige: Seit 1959 gibt es Deutsche Meisterschaften im Tipp-Kick. Rekordmeister ist Normann Koch von Blau-Weiß Concordia Lübeck. René Gralla hat mit dem 35-jährigen Hamburger gesprochen.
RUND: Herr Koch, wann hat Sie das Tipp-Kick-Fieber gepackt?
Normann Koch: Gleich als ich mein erstes Spiel geschenkt bekommen habe, da war ich zehn Jahre alt. 1986 habe ich mich dann einem Verein angeschlossen.
Eigentlich ist Tipp-Kick etwas für die frühe Jugend. Sie sind auch später dabeigeblieben. Warum?
Auch Tipp-Kick entwickelt sich weiter, wenn man sich näher damit beschäftigt. Zu einem Spiel, das sehr viel Geschick, Kreativität und Konzentration verlangt.
Tipp-Kick wird in Deutschland ernsthaft wie ein Sport betrieben.
Das ist immer eine Gretchenfrage. Wenn aber Schach, Billard oder Tischtennis Sport sind, dann ist es Tipp-Kick auch.
Sie stellen Tipp-Kick auf eine Stufe mit Tischtennis.
Aber da ist doch richtig Tempo angesagt!‚Ä® Zwischendurch haben wir im Tipp-Kick auch ruhige Phasen, die eher mit Billard vergleichbar sind.
Wann wird es schnell?
Der Ball ist zweifarbig und zwölfeckig. Derjenige, dessen Farbe beim Ball oben liegt, darf schießen. Also versuchen die Gegner, den anderen blitzartig auszukontern, sobald der Ball stoppt und die eigene Farbe zeigt. Ruht der Ball, wird schon eine Zehntelsekunde später abgedrückt.
Wie viele Figuren werden eingesetzt während der Partie?
Beide Seiten haben im Tor einen Keeper. Darüber hinaus treten die Kontrahenten mit bis zu vier Spielfiguren an, die im fliegenden Wechsel ausgetauscht werden können. Von denen darf aber stets nur eine auf dem Feld stehen.
Was bringt mir der Austausch von Figuren?
Denken Sie an Golf, für verschiedene Schlagsituationen gibt es verschiedene Schläger. Zum Beispiel kann der eine sehr hart und sehr flach und platziert schießen, während der nächste Effetbälle aus kurzer Distanz ausführt und Ecken direkt verwandelt.
Woher kriegen Sie solche Spezialisten?
Die können Sie sich kaufen, von Leuten, die Spieler nach Ihren Wünschen anfertigen. Ich habe mir meine Männchen allerdings selber gebaut. Basis ist eine handelsübliche Figur, die dann eben geschickt technisch frisiert wird.
Wie haben Sie diese Kniffe herausgefunden?
Durch Ausprobieren. Das war ein jahrelanges Versuch-und-Irrtum-Verfahren.
Jede Figur ist also eine echte Geheimwaffe?
Jede ist individuell auf mich abgestimmt. Und das gilt auch für die Konkurrenz am Tisch.
Ist das Tuning denn überhaupt erlaubt nach den Verbandsstatuten?
Sofern Sie sich in einem Rahmen bewegen, den die Regeln vorgeben. Sie dürfen beispielsweise ein Schussbein verkürzen, aber nicht den Umfang des Spielers vergrößern.
Wie lange dauert ein Match?
Zweimal fünf Minuten.
Und was ist spannender: Tipp-Kick oder der richtige Fußball?
Tipp-Kick! Da vereinigen Sie alles in einer Hand: Ich bin Stürmer, Verteidiger und Torwart. Außerdem bin ich Manager, Trainer und Mannschaftsarzt.
Wie lange werden Sie beim Tipp-Kick mitmischen?
So lange, bis mein Rücken sagt, ich soll nicht mehr.
Ihr Tipp für die WM Südafrika 2010 im großen Fußball?
Puh! Deutschland gewinnt jedenfalls nicht. Vielleicht die Spanier?
Weitere Infos: www.tipp-kick.de
1959 wurden die ersten Deutschen Meisterschaften im Tipp-Kick angepfiffen. Inzwischen haben die über 50 deutschen Tipp-Kick-Klubs eine semiprofessionelle Punktspielserie organisiert – von Verbandsligen bis hinauf zu einer richtigen Bundesliga. Rekordchampion in dieser Tischfußballdisziplin ist der Hamburger Normann Koch. Sechsmal hat Koch, der als Marktforscher tätig ist, den Einzeltitel geholt, und elfmal ist er mit seinem Verein Blau-Weiß Concordia Lübeck Mannschaftsmeister geworden.
Zurück |