Porträt
Pal Dardai: In guten wie in schlechten Zeiten
Er ist einer der bodenständigsten Spieler der Liga. Pal Dardai ist mittlerweile zwölf Jahre bei Hertha BSC, wo der sympathische Ungar alle Höhen und Tiefen des Geschäfts erlebt hat. Von Kai Butterweck.
Es war nach dem Auswärtssieg in Cottbus als sich die Kameras auf Pal Dardai richteten. Vor dem Spitzenduell gegen Leverkusen trat der Defensiv-Allrounder im März letzten Jahres vor die versammelten Medienvertreter und bot allen Besuchern des letzten Rückrundenspiels Freibier an – gesetzt den Fall, dass in den letzten Heimspielen mindestens jeweils 55.000 Zuschauer ins Stadion strömen. In Berlin waren sie euphorisch. Die erste Meisterschaft seit über 60 Jahren schien möglich. Der Ausgang ist bekannt: BSC ging am Ende die Luft aus, es blieb die Qualifikation für die Europa-Liga.
Aber im Olympiastadion waren soviele Fans wie schon lange nicht mehr, Pal Dardai löste während des letzten Heimspiels ehrenhaft seine Wettschuld ein. Nicht zuletzt diese Aktion machte den gebürtigen Ungar für viele Anhänger unsterblich in Zeiten in denen Ehrlichkeit und Vereinsidentifikation nicht mehr zum Anforderungsprofil des Personals gehören.
Im Januar 1997 wechselte Pal Dardai als 20-Jähriger zu Hertha, damals noch ein amitionierter Zweitligist. Als Staubsauger vor der Abwehr und Mittelfeldmotor wurde er vom damaligen Trainer Jürgen Röber geholt und erkämpfte sich schnell einen Platz in der Stammformation. „Die ersten Jahre nach dem Aufstieg waren für mich und den Verein unheimlich aufregend und schön“, sagt Dardai heute. Kein Wunder, konnten sich die Berliner doch nach dem ersten schweren Jahr in den darauffolgenden Spielzeiten regelmäßig für das internationale Geschäft qualifizieren.
Mittlerweile acht Trainer hat Pal Dardai seit seinem Antritt in Berlin kommen und gehen sehen. „Jeder von ihnen mischt die Karten neu. Ich hatte bisher noch nie ein Problem mit einem Trainer. Die Positionen im Mittelfeld sind in der Vorbereitung immer am vakantesten, da die taktische Entwicklung enorm fortgeschritten ist und das Mittelfeld enorm viel abverlangt.“
Und obwohl es Pal Dardai auch aufgrund von einigen Verletzungen immer wieder schwer hatte, sich zu Beginn in die Startelf zu katapultieren, war eins im Laufe einer jeden Saison fast Gesetz: „Am Ende habe ich mich noch immer durchgesetzt. Jedes Jahr kommen neue, teure und gute Spieler dazu, aber ich weiß um meine Stärken und habe bisher noch jeden Trainer davon im Laufe einer Saison überzeugen können.“
Die Statistik gibt ihm Recht. Nach dem legendären Michael Sziedat bestritt der Ungar bisher am meisten Spiele in der Hertha-Historie. Er fühlt sich wohl in Berlin, ein Wechsel stand bisher nie zur Debatte. Während seiner Zeit bei der Hertha wurde der passionierte Rotweintrinker zum ungarischen Nationalspieler und 2006 gar Fußballer des Jahres in seinem Heimatland. Dabei hatte er anfangs nicht von einer Profikarriere geträumt: Als Kind wollte der heute dreifache Familienvater Tierarzt werden. Nach dem Abitur in Ungarn musste er sich allerdings entscheiden. „Für den Tierarzt hätte ich lernen, lernen, lernen müssen, aber ich wollte irgendwann nur noch trainieren, trainieren, trainieren“.
Gut für die Berliner, schlecht für seine Gegenspieler. Seine unnachahmliche, kraftraubende Spielweise hat ihn in der Hauptsstadt längst zum Publikumsliebling gemacht. „Die Fans honorieren meine Art zu spielen. Das macht mich stolz. Ein Pal Dardai gibt immer 90 Minuten Vollgas.“ Kraft und Konzentration holt sich der 33-Jährige zu Hause bei seiner Familie. Auch nach zwölf Jahren verbringt er nach getaner Arbeit kaum Zeit mit den Kollegen. Seine Frau und seine drei Kinder geben ihm den Rückhalt um genügend Abstand zu finden vom harten Bundesliga-Alltag. Im reifen Profialter muss man schließlich mit seinen Kräften haushalten und Prioritäten setzen, um auch in Zukunft noch den Trainer davon zu überzeugen, dass auf einen Pal Dardai stets Verlass ist.
In Berlin, oder sonstwo. In guten, wie in schlechten Zeiten.
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