STARGAST
Auf dem Absprung
Hertha BSC dürfte Gojko Kacar in der Zweiten Liga nicht halten können. Der Serbe wird nach der Berliner Pleitensaison mit dem Hamburger SV in Verbindung gebracht. Von Kai Butterweck.
Am 27. August 2009, kurz nach 20 Uhr, brachen im Berliner Jahnsportpark alle Dämme. Hertha BSC konnte sich mit einem hart erkämpften 3:1 gegen Bröndby Kopenhagen für die lukrative Gruppenphase der Euro-League qualifizieren. Minutenlang nach Abpfiff des Spiels feierten sich Spieler und Fans noch lautstark gegenseitig am Tribünenzaun des Stadions. Mittendrin der Matchwinner des Abends. Gojko Kacar sorgte mit seinen beiden Treffern in der Schlussphase des Spiels dafür, dass sich vor allem Herthas Finanz-Boss Ingo Schiller besonders viel Mühe gab bei den Freudentänzen abseits des Spielfeldes. Garantierte Zusatzeinnahmen in Millionenhöhe sollte dieser Sieg bedeuten.
All das wäre nicht passiert, hätte nicht Kacar innerhalb der letzten Viertelstunde alle seine Stärken und Fähigkeiten in die Waagschale geworfen. Mit unnachahmlichem Zug zum Tor hatte er seine beiden für die Berliner erlösenden Tore erzwungen. Es sollte allerdings einer der wenigen Momente bleiben, in denen der serbische Nationalspieler sein Können unter Beweis stellen konnte. Heute, knapp neun Monate später, nach einem völlig desaströsen Saisonverlauf seines Arbeitgebers und der drohenden Nichtnominierung für die WM in Südafrika geht es für den 23-jährigen um die Frage, wie und wo er in der nächsten Saison wieder Anschluss finden kann.
Bevor der hünenhafte Serbe aus Novi Sad im Januar 2008 für 3 Millionen Euro an die Spree wechselte, kickte er fünf Jahre lang in seiner Heimatstadt beim FK Vojvodina. Sein bis dato größter Vereinserfolg war das Erreichen des serbischen Pokalfinales 2007. Im selben Jahr debütierte der Jungstar für die serbische U-21 Nationalmannschaft und wurde in den Niederlanden mit seinen Mannschaftskameraden Vize-Europameister. Während dieser Zeit fand man den Namen des 1,85 Meter großen Mittelfeldspielers auf vielen Spickzetteln von Spielerbeobachtern aus ganz Europa. Letztlich waren es die Berliner um Trainer Lucien Favre, die sich am intensivsten um den Serben bemühten.
``Der Wechsel war ein wichtiger Schritt für mich. Ich bin sehr zufrieden und kann dem Team bereits jetzt gut helfen``, sagte Kacar schon einige Monate später den Zeitungen auf die Nachfrage, ob er sich denn bereits an den deutschen Fußball gewöhnt hätte. Die Saison 2008/09 verlief auch wirklich nahezu perfekt für den neuen Mittelfeldmotor der Berliner. Unter Trainer Favre fügte er sich schnell ins Mannschaftsgefüge ein und übernahm bereits nach kurzer Zeit die Verantwortung im Herzen des Berliner Spiels. Doch nicht nur seine strategischen Fähigkeiten verhalfen den Hauptstädtern zu einer ungewohnt erfolgreichen Saison, auch die Torgefährlichkeit und die 10 Treffer des Serben katapultierten die Berliner am Ende der Saison auf den vierten Tabellenplatz.
Dann der Umbruch in dieser Saison: Berlin gab vor Beginn der Serie wichtige Spieler ab. Die Abgänge von Josip Simunic, Andrej Woronin und Marko Pantelic waren nicht zu kompensieren. Es reihte sich eine Niederlage an die andere. Die Krise der Mannschaft verunsicherte auch den jungen Serben. Zunächst musste sein Entdecker Lucien Favre den Trainerstuhl räumen, der neue Mann auf der Bank hieß nun Friedhelm Funkel. Erstmals in der Karriere des jungen Serben musste dieser um seinen Stammplatz kämpfen und verlor ihn schlussendlich an den Schweizer Fabian Lustenberger.
Hinzu kamen Ende 2009 noch verletzungsbedingte Pausen, und so spielte sich der ruhige Mann vom Balkan erst zum Ende der Rückrunde wieder ins Team. Darauf angesprochen sagte er vor einigen Wochen:`` Es war und ist eine bittere Zeit für mich. Nun kann ich dem Team kaum noch helfen``. Doch nicht nur der drohende Abstieg seines Vereins macht ihm zu schaffen, sondern auch die Gefahr, dass er aufgrund der verkorksten Saison seinen Traum der WM-Nominierung gefährdet sieht. ``Es wäre eine Katastrophe. Die WM ist mein größter Traum``, berichtete Kacar vor kurzem der serbischen Presse.
Besser aufgestellte Vereine wie Juventus Turin, der HSV und auch Wolfsburg haben bereits ihre Fühler ausgestreckt. Zum nächsten großen Turnier wird er wohl nicht mehr als Herthaner reisen.
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