INTERVIEW
Keine Chance für die Socceroos!
Down Under hält sich das WM-Fieber noch in Grenzen: Der Oldenburger Phillip Mc Kennie spielt seit dieser Saison für den australischen Drittligisten Western Suburbs SC. Das Spiel der Australier gegen Deutschland wird er mit seinen Teamkollegen mitten in der Nacht verfolgen. Interview Jonas Strohschein
Aus dem regnerischen Norden Deutschlands ins sonnige Melbourne. Philipp Mc Kennie hat den Schritt ans andere Ende der Welt gewagt. Der 25-jährige Spielmacher kickt seit Beginn dieser Saison beim australischen Drittligisten Western Suburbs SC . Hier versucht er die Fäden ganz im Stile seines großen Vorbildes Jay Jay Okocha zu ziehen. Mc Kennie spielte in Deutschland unter anderem für den VfL Oldenburg und gewann mit dem damaligen Drittligisten SV Wilhelmshaven gegen den FC St. Pauli. Im RUND-Interview erzählt er nun vom australischen Fußball, Cricket-Euphorie und Training am Strand.
RUND: Phillip, wie groß ist bei den Australiern die Vorfreude auf die Fußball-Weltmeisterschaft so kurz vor dem Anpfiff?
Philipp Mc Kennie: Die hält sie sich noch in Grenzen bisher. Vom WM-Fieber wie man es aus Deutschland kennt wurde ich hier jedenfalls noch nicht angesteckt!
RUND: Welchen Stellenwert hat der Fußball Down Under?
Philipp Mc Kennie: Leider keinen besonders hohen. Der Nationalsport der Australier ist Footy, ein Mischung aus Rugby und Fußball. Cricket, Tennis und Rugby sind auch beliebt. Selbst Schwimmen kommt noch vor „Soccer“. Ich erzähl dir ein Beispiel: Neulich habe ich mir ein Cricket-Spiel angeschaut, da waren 60.000 Zuschauer. In der ersten Fußballiga kommen im Schnitt 15.000 bis 20.000, bei uns so in der dritten Liga nur so um die 300 bis 400. Verrückt!
RUND: Wen schätzt du denn aus der aktuellen Nationalmannschaft am stärksten ein?
Philipp Mc Kennie: Keeper Mark Schwarzer ist stark. Momentan spielt er in der Premier League für Fulham FC. Angeblich hat er für die nächste Saison aber ein Angebot von Arsenal London vorliegen. Harry Kewell ist auch wichtig für die Mannschaft.
RUND:Weißt Du schon wo du dir die Spiele anschauen wirst? Gibt es in Melbourne so etwas wie Public Viewing?
Philipp Mc Kennie: Da muss ich mir noch etwas einfallen lassen. Die Spiele werden hier ja mitten in der Nacht übertragen. Public Viewing wird es da wohl nicht geben.Jedenfalls nicht dass ich wüsste...
RUND: Welche Chancen rechnen sich die Australier denn für Südafrika aus?
Philipp Mc Kennie: Die Gruppenphase wollen sie auf jeden Fall überstehen. Meine Teamkollegen und ich sind uns aber schon einig: Gegen Deutschland werden die Socceroos keine Chance haben.(lacht)
RUND: Wie läuft es denn momentan für dein Team?
Philipp Mc Kennie: Ich spiele in Melbourne für Western Suburbs in der 3 Liga. Unser Saisonziel ist der Aufstieg, und im Moment sind wir auch auf einem ganz guten Weg dorthin. Am Wochenende haben wir einen direkten Aufstiegskonkurrenten mit 5:1 geschlagen.
RUND: Wie oft trainiert ihr pro Woche?
Philipp Mc Kennie: Drei mal in der Woche. Im Sommer finden viele Einheiten am Strand statt. Das ist natürlich Luxus!
RUND: Und finanziell? Kannst du von deinem Gehalt leben?
Mc Kennie: Also reich werde ich nicht dadurch. Aber es reicht, um sich hier über Wasser zu halten. Ich bin in Melbourne, hab ein super Appartment in St Kilda. Sonne, Strand, was wil man mehr?
RUND: Wie kam es denn überhaupt dazu, dass du am anderen Ende der Welt kickst?
Philipp Mc Kennie: Ursprünglich wollte ich hier einen Travel and Work-Urlaub machen, arbeiten und reisen im Wechsel. Durch einen Bekannten bekam ich Kontakt zum Fußball. Irgendwann musste ich mich dann dazwischen entscheiden, Bananen zu pflücken oder Fußball zu spielen. Die Antwort wirst du dir ja denken können!(lacht)
RUND: Bist du ein Exot in deiner Liga, oder kommt so etwas öfter vor, vom europäischen Touristen zum Fußballer?
Philipp Mc Kennie: Es gibt schon einige Europäer in der Liga. Ich bin aber der einzige Deutsche.
RUND: Und wieviele Nationen sind in deinem Team vertreten?
Philipp Mc Kennie: Der Großteil besteht aus Original-Aussies und Iren. Portugal und Ghana sind auch vertreten.
RUND: Wo liegen nach deinen Erfahrungen die größten Unterschiede zwischen australischem und deutschem Fußball?
Philipp Mc Kennie: In Deutschland wird viel mehr Wert auf Kurzpass, Taktik und Disziplin gelegt! Das Spiel hier ist im Vergleich zu Deutschland um einiges Zweikampfbetonter!
RUND: Rechnest du dir Chancen aus, über kurz oder lang auch in der ersten Liga zu spielen?
Philipp Mc Kennie: Aus der zweiten Liga habe ich bereits Anfragen bekommen, war mir aber unsicher mit dem Verein. Ob es für die erste Liga reicht? Ich weiß es nicht..
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