POST AUS AFRIKA

Trikots aus der Bar, Prügel für den Trainer

In Malawi galt er als Reizfigur: Burkhard Ziese, deutscher Nationaltrainer der Flames, war bei den Fans beliebt, zoffte sich jedoch dauernd mit dem Verband. Unsere Post aus Afrika von Christian Gülisch.

Fußballfans in Malawi

Zuschauer bei einem Länderspiel der Flames: Mit dem malawischen Nationalteam geht es langsam aufwärts
Foto Pixathlon



Fußball in Malawi lässt sich sehr gut mit Entwicklungshilfe vergleichen. Beide stehen in der Kritik, sind nur mäßig erfolgreich, aber aus Mangel an Alternativen dennoch beliebt. Bei dem Konzept der Entwicklungshilfe ist schon fraglich, was unter Entwicklung zu verstehen lässt. Der malawische Fußball lässt auch viele Fragen offen, hat aber Glück, dass der Großteil der Bevölkerung zu arm ist, um sich Pay TV leisten zu können. So bleiben die spielerischen Mängel der lokalen Liga - anders als in Südafrika – mit der englischen Premier League unentdeckt. Bei einem Aspekt hinkt der Vergleich allerdings hinterher: Von dem Budget der Entwicklungsorganisationen im Land - allein die EU verabschiedete 2008 ein Programm, das Malawi 452 Millionen Euro in fünf Jahren zusichert - kann der malawische Fußball nur träumen.

Die meisten Kicker der malawischen Nationalmannschaft spielen in mehr oder weniger erfolgreichen
südafrikanischen Vereinen. Nach großen Namen sucht man vergebens. Insider des deutschen
Fußballs dürfte Daniel Chitsulo noch am ehesten ein Begriff sein: Er spielte von 2002 bis 2006 für
die Jugendmannschaften des 1. FC Köln und stand sogar für zwei Spiele im Kader der
Bundesligamannschaft. Der große Durchbruch blieb ihm jedoch verwehrt. Über den VFL Osnabrück
und Rot-Weiß Ahlen kam er schließlich zum Regionalligisten Preußen Münster, wo er noch heute unter Vertrag steht. Derzeit kämpft er um einen Stammplatz. Einen Titel hat er allerdings
schon sicher, er war der erste malawische Fußballspieler, der in einer europäischen Profiliga ein Tor
erzielt hat.

Übrigens wurden „The Flames“ – so wird das Nationalteam in Malawi genannt - auch mal von einem
Deutschen betreut: Burkhard Ziese. Kaum in im Land angekommen verstrickte er sich in Streitereien mit dem Verband, um ausstehende Gehälter. Die Situation entlud sich am 27. September 2006. Angeblich wollte ihn der malawische Fußballverband mit Gewalt aus dem Amt treiben, so erklärt sich Ziese jedenfalls, dass er bei einem Training der A-Nationalmannschaft von Sicherheitskräften bedroht, getreten und geschlagen wurde. Es kam noch schlimmer: Ziese wurde vom Präsidenten dee Fußballverbandes, Walter Nyamilandu, entlassen. Der Grund: Schwere disziplinarische Verstöße. In einem Schreiben warne ihn der Verband davor die Entlassung nicht zu akzeptieren. Ziese trug mehrere Verletzungen von diesem Zwischenfall davon und musste sich in ärztliche Behandlung begeben, der malawische Fußballverband aber wies jede Verantwortung für die körperlichen Schäden von sich. Ziese, so hieß es, habe auf eigenes Risiko gehandelt.

Die Meinungen der Malawier über Burkhard Ziese gehen weit auseinander. Von den
Fußballanhängern im Land wurde er für seine direkte Art respektiert. Auf der anderen Seite wurde
auch schnell klar, dass Ziese kein einfacher Charakter war. Bereits kurz nach seinem Amtsantritt
entfachte der neue Nationaltrainer Diskussionen mit seinen Äußerungen nach dem Besuch eines
Spiels der nationalen Liga in Malawi: Die Fans seien desinteressiert, die Mitarbeiter der Klubs lasen lieber Zeitung als das Spiel anzusehen.

Mit diesen Äußerungen zog sich der Nationaltrainer, gerade erst ein paar Tage im Amt, bereits den Zorn des Ligapräsidenten, Henry Chibowa, auf sich. Diese Arroganz hätte sich keiner der großen malawischen Nationaltrainer vor Ziese angemaßt.

Das Verhältnis zwischen Ziese und dem Verband war von Beginn an gestört. Neben der A-Nationalmannschaft betreute Ziese ebenfalls die U-20 Junioren des Nationalteams. Auch hier war er mit den vorhandenen Bedingungen nicht zufrieden. Bei einem Turnier in Südafrika hatte die
Mannschaft keine offiziellen Trikots, die Spieler spielten in eigenen Hemden nd gaben ein uneinheitliches Bild ab..

Ziese beschloss dies zu ändern und trieb einen Barbesitzer in Blantyre auf, der bereit war einen Satz einheitlicher Bekleidung und Ausstattung zu sponsern. Dafür musste sich die U-20 Nationalmannschaft zu einem PR-Termin in der Bar verpflichten. Der Verbandspräsident erfuhr davon aus der Zeitung. Walter Nyamilandu kritisierte Ziese wiederholt, es werfe ein
schlechtes Bild auf die Nationalmannschaft, wenn sich die U-20 Mannschaft in einer Bar betrinke. Ziese konterte, seine Spieler hätten keinen Alkohol getrunken.

Das Nationalteam wird momentan von Kinnah Phiri, einem ehemaligen malawischen Fußballprofi,
trainiert. Er gilt immer noch als einer der besten Stürmer in der Geschichte des malawischen Fußballs. Er war es auch, der den Posten gleich nach Ziese Entlassung füllte, allerdings nur für ein Jahr bevor er durch den später erfolglosen Engländer Stephen Constantine ersetzt wurde. Mittlerweile spielen „The Flames“ in Qualifikation des Africa Cup of Nations. Zweimal, 1984 und 2010, konnten sie sich für dieses Turnier bereits qualifizieren. Die Erwartungen sind hoch. Nach drei Untentschieden gegen Togo, Botswana und Tunesien, gewann man im Oktober diesen Jahren letztendlich mit 6:2 gegen den Tschad. In der Gruppe liegen „The Flames“ mit einem Punkt hinter Tunesien und dem zweiten Platz, der für die nächste Runde qualifiziert. Bei den vier noch ausstehenden Spielen, eine lösbare Aufgabe.

Walter Nyamilandu ist übrigens immer noch der Präsident des nationalen Fußballverbandes in
Malawi. Burkhard Ziese ist mittlerweile tod. Er starb am 19. April 2010 mit nur 66 Jahren in
Deutschland. Malawi war seine letzte Trainerstation. Wie der malawische
Verband auf diese Nachricht reagierte ist nicht bekannt.

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