POST AUS AFRIKA

Von Soweto in den Kraichgau

Mit Knowledge Musona, bisher Kaizer Chiefs, wechselt wieder ein Star der südafrikanischen Liga nach Europa. Der Anfang einer großen Karriere? Die Beispiele seiner Vorgänger sprechen dagegen. Von Christian Gülisch.

 

Das Derby in Soweto

Das Derby in Soweto: Knowledge Musona war mit den Kaizer Chiefs mit dabei, nun spielt er in Hoffenheim
Foto Christian Gülisch

 

Steven Pinnaar ist in Südafrika vor der WM 2010 in aller Munde. In der vergangenen Spielzeit hatte er bei Everton die Saison seines Lebens gespielt, gehörte zu den besten Spielern der englischen Premier League und wurde von Evertons Fans sogar zum Spieler des Jahres gewählt. Zu diesem Zeitpunkt ist Pinnaar der einzige südafrikanische Spieler, der auf internationalem Topniveau spielt.  Lange Zeit davor und bis zu heutigen Tag hat sich daran nicht viel geändert.

Die Erfolgsgeschichten von Spielern, die aus Südafrika in die europäischen Top-Ligen wechseln, sind an einer Hand abzuzählen. Neben Pinnaar muss man schon einige Jahre zurück gehen, bevor man Spieler wie Benni McCarthy oder Lucas Radebe findet. Radebe machte Ende der 90er Jahre bei Leeds United von sich reden und wurde dort als knallharter Verteidiger zum Liebling der Fans. Auch Benni McCarthy war vor einigen Jahren ein gefragter Stürmer, avancierte bei Porto zu einem Shootingstar und gewann 2004 unter Mourinho die Champions League. Danach wechselte er zu den Blackburn Rovers und 2010 schließlich zu West Ham, wo er aufgrund einer Knieverletzung kaum spielte und heftig zunahm, so dass er wegen mangelnder Fitness und Übergewicht nicht in Südafrikas WM-Kader 2010 berufen wurde.

Ob Knowledge Musona sich in Hoffenheim bewähren kann, steht noch in den Sternen. Die Veranlagung bringt der 21-jährige Stürmer aus Simbabwe auf jeden Fall mit. Doch Talent allein wird nicht reichen, das zeigen vor allem die vielen Flops der Vergangenheit - hochgelobte und erfolgreiche Spieler aus der südafrikanischen Liga, die wie glühende Sterne in Europa verpufften. Abschreckende Beispiele gibt es viele - wie Collins Mbesuma, der 2005 nach einer sehr erfolgreichen Saison bei den Kaizer Chiefs nach Portsmouth wechselte, wo der bullige Stürmer aber überhaupt nicht zurecht kam und ein Jahr später nach Portugal ausgeliehen wurde. Mittlerweile spielt er wieder in Südafrika bei den Golden Arrows. Dort ging auch der Stern von Kagisho Dikgacoi auf, südafrikanischer Innenverteidiger und Nationalspieler bei der WM 2010. Schon ein Jahr zuvor, 2009, wechselte Dikgacoi mit vielen Vorschusslorbeeren zum FC Fulham in die englische Premier League, wo er aber nicht über den Status eines Reservisten hinaus kam und Anfang 2011 in die zweite Liga nach Cristal Palace verliehen wurde.

Die Liste von gescheiterten Spielern ist da wesentlich länger: Die Verteidiger Bongani Khumalo und Mbulelo Mabizela versuchten beide ihr Glück bei den Tottenham Hotspurs. Khumalo wurde schon nach einigen Monaten zu Preston End in die zweite Liga verliehen, Mabizela sogar aufgrund von Disziplinarverstößen und Alkoholmissbrauch vom Verein entlassen. Jeffrey Ntuka und Masilo Modubi waren beide bei Chelsea unter Vertrag, spielten aber nie in der ersten Mannschaft und wurden zusammen nach Westerlo verliehen. Es geht weiter: Stürmer Bernard Parker konnte sich bei Twente Enschede nicht durchsetzen - wie auch Katlego Mpela, der sein Glück vergeblich bei Straßburg in der französischen Liga versuchte, spielen beide wieder in Südafrika. Selbst gestandene Spieler der südafrikanischen Premier League, wie Benedict Vilakazi (170 Spiele, 58 Tore für die Orlando Pirates) kam bei Aalborg in Dänemark nicht über fünf Liga-Einsätze hinaus und verließ das Team nach einem halben Jahr wieder in Richtung Südafrika.

Das sind nur einige der zahlreichen Beispiele der letzten Jahre. An ihren fußballerischen Fähigkeiten sind die Spieler nicht gescheitert, diese haben die meisten in Südafrika und auch in der Nationalmannschaft hinreichend unter Beweis gestellt. In Deutschland kommt eine ähnliche Diskussion immer wieder über brasilianische Spieler auf, die in der neuen Heimat Anpassungsschwierigkeiten haben und unter denen ihre Leistungen leiden. Das schlechte Wetter beeinträchtigt die Spieler vor allem am Anfang ihrer Eingewöhnungsphase, aber der Alltag eines fußballerischen Schöngeistes wird nun einmal auch geprägt durch eine raue, schnellere Liga, einem härteren Konkurrenzkampf innerhalb des Teams und falschen Versprechungen von windigen Beratern. Alles Bedingungen, die das Leben es Fußballprofis zur Hölle machen können.
Spieler, die nach einem erfolglosen Unterfangen nach Südafrika zurück gekehrt waren, beschweren sich zudem über die mangelnde Unterstützung der europäischen Vereine. Die Folge: Einsamkeit, Heimweh und Depressionen, über die sich viele mit Essen und Alkohol hinweg trösten. Eine Teufelsspirale. Durch die mangelnde Konzentration und schlechte mentale Verfassung leiden die fußballerischen Qualitäten, wodurch sie immer weniger Spielzeit bekommen, was sich in Enttäuschung und Versagensängsten widerspiegelt.

Es gibt viele Vorzeichen, das genau dieses Schicksal dem jungen Knowledge Musona erspart bleiben könnte. Mit Hoffenheim geht er zu einem Klub, der ein kleines und eher familiär geprägtes Umfeld hat. Zudem folgt der Verein der Philosophie auf junge Talente zu setzen und mit Holger Stanislawski ist dort ein Trainer, der den persönlichen Kontakt zu seinen Spielern sucht. Doch eine ähnliche Situation gab es bereits in der Bundesliga mit dem südafrikanischen Stürmer Sibusiso Zuma, der 2005 zu Arminia Bielefeld wechselte. Sein damaliger Trainer war der Südafrika erfahrene Ernst Middendorp. Zuma konnte in der ersten Saison bei der Arminia Fans und Kritiker überzeigen, bevor  er in den beiden darauffolgenden Spielzeiten in ein tiefes Loch fiel. Letztendlich liegt es also auch an der Durchsetzungskraft von Spielern wie Knowledge Musona, um sich in Deutschland und Europa zu beweisen.

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