INTERVIEW
„Die Station war elektrisch tot“
Peter Larmann (56) hat eine Tankstelle in Essen, die bei Spielen von Rot-Weiß regelmäßig demoliert wurde. Nun sorgt eine Rockerbande für Ruhe – auch beim nächsten Heimspiel von RWE gegen Hansa Rostock am kommenden Montag.


„Jetzt ist Ruhe“: Tankwart Peter Larmann Foto David Klammer


RUND: Herr Larmann, Ihre Tankstelle steht unmittelbar neben dem Essener Georg-Melches-Stadion. Nicht gerade eine bevorzugte Lage.
Peter Larmann: Würde ich so nicht unterschreiben. Unter der Woche sind wir hier eine ganz normale Tankstelle.

RUND: Und sonntags, wenn Rot-Weiß Essen Heimrecht hat?
Peter Larmann: Da ist das anders. Da sperren wir auf Anordnung des Ordnungsamts die Zapfsäulen ab...

RUND:...und übernehmen die Betankung der Fußballfreunde?
Peter Larmann: So kann man sagen, ja. Das ist jedes Mal ein Phänomen. Da strömt eine irrsinnige Menge an Leuten hin zur Tankstelle, um noch mal nachzuladen. Andererseits: Die Zeiten, in denen hier Totalschäden auftraten, sind zum Glück vorbei.

RUND: Totalschäden“!
Peter Larmann: Na ja. Laut Vorbesitzer stand die Station ein halbes Jahr, bis die Fans sie erstmalig auseinander genommen haben. Komplett! Am Ende war die Station sogar elektrisch tot.

RUND: Und jetzt? Kommt es nicht mehr zu Kurzschlusshandlungen?
Peter Larmann: Nein. Seit wir ein die „Freeway Riders“ draußen stehen haben, ist Ruhe. Wenigstens auf unserem Hof.

RUND: „Freeway Riders“ Klingt irgendwie verdächtig nach Rocker-Gang.
Peter Larmann: Sicher sind das nicht nur Waisenknaben. Aber auf die Jungs ist Verlass.

RUND: Und darum haben Sie sie als Aufpasser verpflichtet?
Peter Larmann: Na ja. Wir hatten auch Angebote von Sicherheitsdiensten. Aber was nützt mir das? Wir brauchen Leute, die die Sprache der Fans sprechen – und im Notfall zupacken können. Daher haben wir uns halt für diese Rockertruppe entschieden.

RUND: Was macht die denn besser als andere?
Peter Larmann: Im Kontakt mit den Fans sind diese Jungs einfach das Nonplusultra. Die Freeways haben die Gabe, die Leute zur Ruhe zu bringen – da ist der Respekt dann auch da.

RUND: Respekt – wovor?
Peter Larmann: Na, ist doch klar. So einen Freeway, den haue ich vielleicht um mit fünf Mann, aber der merkt sich das Gesicht. Und der kommt wieder. Und wenn, dann kommt der mit dem ganzen Club.

RUND: Und wie viele Respektspersonen stehen da so?
Peter Larmann: Standardmäßig: Zwei.

RUND: Mit Verlaub: Eine Zwei-Mann-Rocker-Gang, die fertig bringt, was anderswo Polizei-Hundertschaften nicht hinbekommen! Das klingt kurios.
Peter Larmann: Funktioniert aber. Unser Hof ist etwas wie eine Insel. Nicht der Ruhe, aber der Sicherheit. Wir haben schon erlebt, dass ein paar Fans, die Tränengas abbekommen hatten, vor uns standen und regelrecht gebettelt haben: „Können wir uns nicht wenigstens die Augen auswaschen, bei euch in der Waschstraße, wir können doch nix mehr sehen!“

RUND: Und?
Peter Larmann: Das macht man dann, ist ja klar. Genauso wie man den Beamten mal Kaffee ausgibt, wenn die lange stehen. Und beide kommen am Montag zum Tanken – und sagen: „Danke, Leute, dat war töffte von euch.“

Interview Markus Henrichs

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