Thomas Hitzlsperger

Doku über homosexuelle Fussballer

 „Die Hoffnung ist, dass Fans weiter sind als die Verantwortlichen denken“

Manfred Oldenburg ist Regisseur der sehenswerten Doku „Das letzte Tabu“. Er lässt neben Thomas Hitzlsperger diejenigen Profifußballer ihre ganz persönliche Geschichte erzählen, die sich als homosexuell geoutet haben. Interview Matthias Greulich

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BUNDESLIGA
Die Entfremdung geht weiter
Seit Einrichtung seiner Facebook-Seite gilt Felix Magath als großer Kommunikator. In Gelsenkirchen werfen ihm die Fans vor, dass er genau das nicht ist. Doch nicht nur deshalb ist die Stimmung an der Basis miserabel. Von Christoph Ruf

Schalkefan

Die Basis ist sauer: Viele Fans können bei Felix Magath kein personelles Konzept erkennen – auch wenn Neuverpflichtung Raúl Liebling des Publikums wurde Foto Pixathlon


Es mag sein, dass Bundesligaspiele am Samstag in aller Regel um 15 Uhr 30 angepfiffen werden. Doch mit der Realität auf Schalke hat das nur am Rande zu tun, erst recht, wenn mit dem 1. FC Nürnberg ein Verein gastiert, mit dessen Anhang seit 1981 eine Fanfreundschaft existiert. Morgens um zehn beginnen heute die ersten gemeinsamen Fan-Partys, viele Franken sind schon Mitte der Woche im Ruhrgebiet angekommen.

Für viele Fans von Schalke 04 ist das Spiel gegen den Club das erste seit Monaten, auf das sie sich wieder richtig freuen. Schalke quält sein Publikum derzeit mit miserablen Spielen. Das bleibt nicht ohne Folgen. Im einst so stimmungsvollen Schalker Stadion hörte man gegen Hoffenheim und gegen Freiburg teilweise nur die wenigen Gästefans. Vor dem Eingang standen hunderte Schalke-Fans, die ihre Karten verkaufen wollten. Doch die Entfremdung zwischen Verein und Fans hat tiefgreifendere Gründe als den fehlenden sportlichen Erfolg. In Gelsenkirchen, wo die Menschen auch an einem spielfreien Tag mit Schalke-Schal herumlaufen, fragen sich viele, ob ihr Verein nicht an einer wichtigen Kreuzung falsch abgebogen ist. Dutzende Spieler hat der Manager-Trainer Felix Magath ausgetauscht, seit er im Juli 2009 das Ruder übernahm. Es waren gute Transfers dabei. Und viele schlechte. Die Vorsitzende der Schalker Fan-Initiative e.V., Susanne Franke, ist nicht die einzige, der da angesichts der kolportierten Mindestsumme von 200 Millionen Euro Verbindlichkeiten mulmig wird. „Die Fans maßen sich nicht an, über Sinn oder Unsinn einzelner Transfers zu sprechen, aber wenn die Gesamtbilanz so ist wie bei uns, sind funktionierende Kontrollmechanismen notwendig.“ Die aber gibt es nicht, es gab sie auf Schalke auch zuvor nicht. „Es geht nicht primär um die Person Magath. Es ist ein lange bekanntes strukturelles Problem, dass die wirtschaftliche Seite nicht von der sportlichen getrennt wird.“

Das findet auch Markus Rehse. Der 42-Jährige lebt mitten in der Gelsenkirchener Fußgängerzone auf zwei Stockwerken. Im oberen wohnt die Familie, in den unteren hat er auf 120 Quadratmeter etwas gebaut, das er „Männertraum“ nennt. Im „Männertraum“ steht ein riesiger Kühlschrank, vier Flipper, einen Beamer mit Großbildleinwand. Es gibt hier kaum einen Gegenstand, den nicht das Vereinswappen ziert – selbst die Toilette ist in sanftem Blaulicht erleuchtet. Auf einem Foto von 1997 reckt Mike Büskens den UEFA-Cup in den Abendhimmel. Büskens, der heute Trainer in Fürth ist, wohnt mit seiner Familie ein paar hundert Meter weiter. Der derzeitige Schalker Trainer hat es laut „Zeit“ jüngst abgelehnt, sich vom Gelsenkirchener OB einmal die Stadt zeigen zu lassen. „Wir hatten hier eine gut funktionierende Kommunikationskultur“, sagt Rehse, „die ist weg.“ Die Klage ist auch später im Fanhaus hinterm Stadion zu hören: Mirko Slomka, Huub Stevens und viele andere Magath-Vorgänger seien hier alle paar Wochen mal vorbeigekommen. Den Fans hat das gefallen, sie sind ja bereit, die Vereinspolitik mitzutragen, wenn man ihnen erklärt, welche das ist. Heute erfahren sie aus der Zeitung, wenn die Eintrittspreise erhöht werden.

Dabei wird Magath gerade als großer Kommunikator gelobt, seit er sich bei Facebook registrieren hat lassen. Magath hat dort bereits 100.000 „Freunde“. Die Sache mit Facebook sei „eine Reaktion auf das, was mir Clemens Tönnies gesagt hat“, sagt er. Den Rat des Aufsichtsratschefs, er solle die Fans endlich „mitnehmen“, erteilen Magath allerdings alle, seit er im Juli 2009 auf Schalke anheuerte. In einem offenen Brief („Nero auf Schalke“) warf der eigenständige „Supporters Club“ Magath Anfang des Monats vor, er nehme weder auf die Fans, noch auf die Spieler Rücksicht, sondern spiele „Menschenmonopoly“: „Ohne ersichtliches Konzept wurden unzählige Spieler verpflichtet und wieder vom Hof gejagt.“ Die Ultras sehen das ähnlich. „Der von Magath angekündigte und sicherlich notwendige Umbruch“ habe sich „als rücksichtsloser Abbruch entpuppt“, finden sie.

„Ich glaube, ich bin stabiler als der Verein. Im Verein ist viel Emotion“, hat Magath der „Zeit“ vor ein paar Monaten gesagt. Und hat er nicht Recht? Hat die Emotion, hat der Größenwahn, nicht über Jahre alles zunichte gemacht auf Schalke? Als sie am Boden lagen, haben sie Magath kontaktiert. Aufsichtsratsboss Clemens Tönnies fand, dass der Verein so verlottert war, dass man nun einen stählernen Besen brauche. Magath hat fleißig gekehrt, der Club ist nicht mehr wiederzuerkennen. Er versteht nicht, dass sich nun alle über die Kälte beklagen, die auf Schalke herrscht. Markus Rehse könnte ihm das erklären. „Klar wollen wir irgendwann Meister werden“, sagt er, „aber nicht, wenn wir dafür unsere Seele verkaufen müssen.“

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