Thomas Hitzlsperger

Doku über homosexuelle Fussballer

 „Die Hoffnung ist, dass Fans weiter sind als die Verantwortlichen denken“

Manfred Oldenburg ist Regisseur der sehenswerten Doku „Das letzte Tabu“. Er lässt neben Thomas Hitzlsperger diejenigen Profifußballer ihre ganz persönliche Geschichte erzählen, die sich als homosexuell geoutet haben. Interview Matthias Greulich

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INTERVIEW
„Unter den Freizeitkickern gibt es viele Schachspieler“
Rasenschach ist also doch keine Erfindung floskelnder Fußballkommentatoren oder von Felix Magath: Die „fuß brothers“ Jena, sind eine der besten Schachfußball-Teams des Landes. Das Interview mit Mastermind Jan Richter führte René Gralla


 

Jan RichterWenn ein Schachfußballer seine Pässe virtuell am Brett schlägt: Jan Richter, Gründungsmitglied der „fuß brothers Jena“, während des 2. Schachfußballturniers des SV Werder Bemen. Foto: fuß brothers e.V. Jena



Jetzt rollt das Leder wieder bei der EM 2012 in Polen und der Ukraine. Und man kann schon heute darauf wetten, dass anlässlich diverser Expertenrunden auf allen TV-Kanälen unweigerlich das Stichwort "Rasenschach" fallen wird. Dass "Rasenschach" tatsächlich mehr ist als eine Floskel, das demonstrieren inzwischen die "fuß brothers" Jena, die beide Disziplinen, Balltreten und Figurenschieben, gleichberechtigt nebeneinander pflegen. Die fitte Truppe hat unlängst beim 2. Schachfußball-Turnier des SV Werder Bremen hinter dem Hamburger SK und dem Team „Deep Chess“ den dritten Platz geschafft. Über Kameradschaft auf dem Heiligen Grün und die richtige Angriffsstrategie am Brett spricht „fuß brothers“-Gründungsmitglied Jan Richter, 41 - im Hauptberuf Lehrer für Deutsch, Englisch und Französisch an einem Gymnasium - , mit dem RUND-Autor René Gralla.

Was machen die "fuß brothers" während der jetzt angebrochenen Tage der EM?
Jan Richter: Wir schauen die Spiele, mit einem deutlichen Schwerpunkt auf den Begegnungen der deutschen Mannschaft.
 
Ihr Klub pflegt Fußball und Schachsport gleichberechtigt nebeneinander. Was bedeutet das konkret?
Richter: Unter den Freizeitkickern gibt es erstaunlich viele Schachspieler, und so sind wir auf die Idee gekommen, die "fuß brothers" zu gründen. Wobei sich dann bald auch Synergien in umgekehrter  Richtung entwickelt haben:  weil Schachspieler, die sich gesagt haben, ein bisschen Fußball nebenbei tut mir gut, zu uns gestoßen sind. Einmal in der Woche trainieren wir Fußball, und einmal im Monat ist ein Übungsabend im Schach angesetzt.
 
Offenbar nehmen Sie gerade Fußball sehr ernst. Haben Sie schon höhere Spielklassen im Visier?
Richter: Nein, im Gegenteil, wir sind in keiner Liga gemeldet, und wir trainieren auch bloß auf dem Kleinfeld.
 
Immerhin fahren Sie zu Wettkämpfen am Wochenende. So haben Sie unlängst einen sensationellen dritten Platz geschafft bei einem kombinierten Schach- und Fußballturnier des SV Werder Bremen. Wie lief das ab?
Richter: Nominiert wurden sieben Spieler, und die mussten für beide Disziplinen zur Verfügung stehen. Man durfte also eben gerade nicht mit zwei Teams anreisen, etwa eine Mannschaft für Fußball und eine für Schach! Erst stand Fußball in der Halle auf dem Programm, vier Feldspieler und ein Torwart, und dann wurde ein doppelrundiges Blitzturnier ausgetragen, an sechs Brettern. Im Schach hatte man also einen Ersatzspieler zur Verfügung und im Fußball zwei. Für den Endstand wurden die Ergebnisse in beiden Disziplinen saldiert.
 

SchachfußballGeschichte wird gemacht: Die „fuß brothers“ Jena bei SV Werder Bremen vor einer Hallenwand mit einem Graffiti, das links den jungen Otto Rehhagel zeigt. Foto: fuß brothers e.V. Jena


Auf welcher Position spielen Sie?
Richter: Torwart, aus Altersgründen. Früher war ich Allrounder, habe von der Verteidigung bis zum Angriff fast alles gemacht.
 
Wie lange dauern die Partien in der Fußballphase eines derartigen Kombiturniers?
Richter: In Bremen waren das zehn Minuten, das können aber auch mal 15 Minuten sein.
 

fuß Brothers
Wollen wir im Geist der Drachenvariante das gegnerische Tor stürmen? Das Team der fuß brothers Jena um Mastermind Jan Richter (links) diskutiert die richtige Strategie in einer Spielpause des 2. Schachfußball-Turniers des SV Werder Bremen. Foto: fuß brothers e.V. Jena


Einer der Großen im deutschen Fußball, Felix Magath vom VfL Wolfsburg, behauptet gerne, dass er am Schhachbrett für seine Strategien auf dem Platz inspiriert worden sei. Ist da was dran? Immerhin gibt es analog zur Faustregel im Schach, dass man durch das Zentrum zu attackieren habe, auch eine Theorie im Fußball, dass der Angriff durch die Mitte dem Marsch über die Flügel vorzuziehen sei.
Richter: So genau haben wir eigentlich noch gar nicht darüber nachgedacht. Immerhin pflegen wir die Brüderlichkeit, dafür steht schließlich schon das "brothers" im Vereinsnamen, und das merkt man auch auf dem Platz: Bei uns gibt es keine ballverliebten Dribbelkünstler, sondern es wird kein Laufweg gescheut, und das Passspiel wird gepflegt, mit dem richtigen Moment der Abgabe für einen erfolgreichen Abschluss. Insofern sind wir dann doch eher eine Mannschaft, die über die Flügel kommt, mit dem tödlichen Pass in die Mitte beziehungsweise dem Rückpass hinter die Reihen der gegnerischen Abwehr.


Felix Magath spielt SchachAm Brett Pläne für das Stadion schmieden: Felix Magath 1985 in seinem Haus in Quickborn während einer Partie, die er seinerzeit anlässlich eines Interviews gegen den Autor René Gralla gespielt hat Foto Andreas Laible


Gehen Sie im Schach auch gern über die Flügel?
Richter: Ich persönlich auf jeden Fall. Ich fianchettiere, wie es in der Fachsprache heißt, fast immer meinen Königsläufer ...
 
... das heißt, Sie postieren diese Einheit auf der rechten Flanke, und zwar in einem Bereitstellungsraum, den Sie zuvor durch Aufzug eines Bauern geschaffen haben ...
Richter: ... und attackiere anschließend das Zentrum von der Seite. Andere Teamkollegen kommen wiederum sehr schnell im Zentrum zur Sache.  
 
Offenbar können sich die beiden Disziplinen Schach und Fußball strategisch tatsächlich gegenseitig befruchten, wie es Felix Magath behauptet.
Richter: Kann schon sein. Aber wir wollen keine großen Theorien aufstellen, uns geht es primär ums praktische Tun. Wenn wir uns zu einem Schachfußball-Turnier wie in Bremen anmelden, dann ist das aus unserer Sicht die perfekte Symbiose: Im Fußball bringen wir unsere strategischen Fähigkeiten ein, das macht uns glücklich. Und fahren wir an einem anderen Tag zu einem reinen Schachturnier ganz ohne Fußball, dann treten wir trotzdem einheitlich gekleidet in unseren Trikots an. Gelb und weinrot, das sind die Farben der "fuß brothers", und natürlich tragen wir Rückennummern, ich zum Beispiel habe die 44. Und ein Ball ist immer im Gepäck, in den Pausen zwischen den Spielrunden gehen wir raus und kicken eine Runde.
 
Ihr Tipp für die EM: Wie schneidet die Auswahl der Republik ab?
Richter: Dass alle bloß noch vom Titel reden, finde ich gar nicht erfreulich. Wenn die deutsche Mannschaft gut spielt und Zweiter, Dritter oder Vierter wird, dann ist das auch okay.
 
Und wann sehen wir die "fuß brothers" wieder auf dem Rasen?
Richter: Wir laufen an jedem Wochenende im Juni zu einem Fußballturnier auf. Und am 7. Juli in Erfurt bestreiten wir wie vor einigen Wochen in Bremen erneut ein Kombiturnier aus Schach und Fußball.
 
Fußballtraining der "fuß brothers" jeden Donnerstag ab 18 Uhr in Jena, Sportplatz Göschwitz; weitere Infos: www.fussbrothers.de/home.php; 1. Erfurter Kombiturnier im Fußball und Schach am 7. Juli 2012: Anpfiff um 10 Uhr auf dem Fußballplatz Wustrower Weg 15; weitere Infos: www.emporerfurt.de


Felix Magath spielt SchachÜber die Flügel oder ab durch die Mitte? Über Grundsatzfragen, die für Fußball und Schach gleichermaßen gelten, denkt der Hamburger Autor René Gralla (li.) nach während seiner 1985 gegen Felix Magath (re.) gespielten Partie im Haus des damaligen Bundesligastars in Quickborn Foto: Andreas Laible


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