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INTERVIEW
"Und Meister werden sie auch wieder"
Interview mit Sportmanagerin und Rund-Kolumnistin Samira Samii über die derzeitige Situation beim FC Bayern

 

Rund-Kolumnistin &  Sportmanagerin „Dr. Samira Samii“  Rund-Kolumnistin & Sportmanagerin „Dr. Samira Samii“

 

Frau Samii, heute treffen wir Sie in der Allianz Arena während des Spiels FC Bayern gegen RB Leipzig. Wie ist Ihr erster Eindruck nach dem Abpfiff?
Samira Samii: Die Ausgangslage war klar nach der Niederlage der Dortmunder von gestern. Bei einem Sieg können die Bayern drei Punkte aufholen und können auf sechs
Punkte an die Dortmunder herankommen. Aber das Spiel war lange Zeit genauso
trist wie das nasskalte Wetter. Über 70 Minuten sah es nach einem
Unentschieden aus, und die Bayern waren vorsichtig und hatten Respekt vor der
Konterstärke der Leipziger. Aber die letzten 15 bis zwanzig Minuten
investierten die Bayern mehr und entschieden sich für mehr Risiko, was
mit mehreren Torchancen belohnt wurde. Und dann kam der große Auftritt und
der Geniestreich von Franck Ribéry, der das 1:0 machte.

Als erfolgreiche Sportmanagerin in der Bundesliga kennen Sie die Liga
bestens. Wo steht sie momentan im Vergleich zu den anderen europäischen Topligen?
Samira Samii: Natürlich kenne ich die Bundesliga bestens, aber wer hätte Anfang der Saison gedacht, dass wir im Dezember einen Herbstmeister aus Dortmund haben. Wie es aussieht! Der Abstand von neun Punkten des Ersten aus Dortmund auf den Zweiten aus Mönchengladbach war ebenso nicht voraus zu sehen. Die großen Bayern lagen nach dem 15. Spieltag nur auf Rang drei. Und das nach Jahren der absoluten Dominanz. International hat die Bundesliga mit dem guten Abschneiden der deutschen Mannschaften in den europäischen Wettbewerben wieder Boden gut gemacht. Drei Mannschaften sind in der Champions League und zwei Teams in der Europa League in der K.o-Runde. Somit macht die Bundesliga in der wichtigen Fünjahreswertung wieder Boden gut. Das ist wichtig für den vierten Champions-League Startplatz.

Erst kürzlich haben wir von der engen Zusammenarbeit zwischen Ihnen und dem
FC Bayern berichtet. Wie ist momentan die Stimmung an der Säbener Straße?
Samira Samii: Die Stimmung beim FC Bayern ist sehr weihnachtlich und das Gebäude ist entsprechend wunderschön dekoriert und beleuchtet mit einem großen
leuchtenden Fußball über dem Haupteingang. Aber im Ernst – die Stimmung wird
langsam besser, obwohl der Abstand zu Dortmund immer noch sechs Punkte
beträgt. Man gewinnt wieder und die Art und Weise wird von Spiel zu Spiel
überzeugender. Die Verletzten kommen nach und nach zurück und die Jungen
werden immer besser. Außerdem wird es nach der Wut-Pressekonferenz von
Karl-Heinz Rummenigge und Uli Hoeneß sowie die ewigen schlechten
Schlagzeilen über Brazzo Salihamidzic langsam ruhiger. Aber der FC Bayern
dieser Saison ist noch nicht der spielerisch dominante FC Bayern der
letzten Jahre.

Sie kennen Herrn Salihamidzic und viele andere beim FC Bayern. Was halten
sie vom Sportdirektor Salihamidzic nach seinem berühmten Interview?
Sie meinen das Interview über seine Erfolge, so wie er sie sieht?

Ja, das Interview in dem er sagt, dass er mehr bewegt hat als seine
Vorgänger?
Samira Samii: Hierzu kann man die Frage stellen, „welche Vorgänger?“ Sein direkter
Vorgänger war Matthias Sammer, der jedoch Vorstand Sport beim FC Bayern war
und nicht Sportdirektor. Matthias, den ich auch persönlich gut kenne, hat
während seiner Amtszeit das Triple mit Jupp Heynckess erreicht und sich
damit unsterblich gemacht. Davor war Christian Nerlinger der einzige
Sportdirektor und damit am ehesten mit Brazzo vergleichbar. Und davor gab es
auf dieser Position eigentlich nur den alles überstrahlenden Uli Hoeness,
den ich auch gut persönlich kenne. Fakt ist, dass Herr Salihamidzic noch
keinen großen Transfer abgewickelt hat und den Kader bis auf ein paar
Nachwuchsspieler verwaltet, aber bisher nicht entwickelt hat. Es ist immer
überraschend, wenn ein Sportdirektor sich auf Grund des Mediendrucks für
seine Arbeit und Erfolge rechtfertigen muss. Aber ebenso
überrascht Herr Salihamidzic mit seiner Aussage, er habe mehr
bewegt als seine Vorgänger“. Und vor allem seine Leistungen im Umfeld oder
außerhalb der Profi-Mannschaft aufzählt. Er selbst sieht seine
Aufgabengebiete neben den Profis, der Kaderentwicklung, der
Nachwuchsausbildung und dem Scouting auch bei den Ärzten, Physio und
Videoanalyse. Am Kader hat er bisher nichts Wesentliches verändert. Das
Nachwuchsleistungszentrum ist vor seiner Zeit beschlossen und in Betrieb
genommen worden. Ärzte, Physio und Videoanalyse sind Nebenschauplätze für
einen Sportdirektor. Bisher ist sein größter Erfolg, Miroslav Klose, den
ich sehr schätze, als Trainer der U17 eingestellt zu haben.

Holger Fach bezeichnete Salihamidzic als „Frühstücksdirektor“. Stimmen sie
ihm zu?
Samira Samii: Jeder hat seine eigene Meinung und wir leben in einem freien Land. Ich meine
Holger Fach hat den Fußball auch nicht erfunden. Ich schätze Hasan
Salihamidzic als Klassespieler und Champions-League-Sieger, jedoch sehe ich
ihn nicht als Idealbesetzung für den Posten des Sportdirektors beim FC Bayern. Mein
guter Freund Lothar Matthäus, mit dem ich schon erfolgreich
zusammengearbeitet habe und den ich als absoluten Fachmann schätze,
schrieb in seiner Kolumne bei Sky "Hasan Salihamidzic ist immer dann nicht
zu sehen, wenn es darauf ankommt" und "Seit Wochen ist nichts von ihm zu
sehen oder zu hören. Ich frage mich, wofür man einen Sportdirektor hat, wenn
dieser nicht sprechen darf? Dann kann ich mir diese Position auch sparen."
Hier bin ich der Meinung von Lothar und setze sogar noch eins drauf, denn
Brazzo hätte in der Krise mehr Profil zeigen müssen und sich voll hinter den
Trainer und die Mannschaft stellen müssen. Ein Sammer oder gar ein Hoeneß
hätten Trainer und Mannschaft mit allem was sie haben verteidigt, und damit
wieder gestärkt.

Wie sieht die Zukunft des FC Bayern und des Sportdirektors Salihamidzic aus?
Samira Samii: In Zukunft muss von Salihamdizic deutlich mehr kommen. In der
Wintertransferzeit und vor allem in nächsten Sommer soll ein Umbruch
stattfinden und dafür müssen gute neue Transfers her. Man darf nicht
vergessen, dass Brazzo nach meinen Bekannten Philipp Lahm und Max Eberl
eigentlich nur die dritte Wahl war, nachdem beide dem FC Bayern abgesagt
hatten. Spannend wird auch die Zukunft. Kommt mit Oliver Kahn ein neuer
Vorstand? Muss Salihamidzic dann unter Kahn arbeiten, was er bisher
kategorisch ausgeschlossen hat. Der FC Bayern wird im nächsten Jahre mehr
bewegen müssen als in den letzten Jahren zusammen. Es wird eine sehr
spannende aber auch eine sehr erfolgreiche Zeit des FC Bayern kommen. Und
Meister werden sie auch wieder!

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