ZWEITE LIGA

Ganz viel investiert

Die „beste Zweite Liga aller Zeiten“ bietet momentan ansehnlichen Tempofußball. Nur Perfektionisten wie Offenbachs Trainer Wolfgang Frank haben Grund zum Granteln: Die Kickers verloren 1:3 beim FC St. Pauli, weil einige der Spieler das falsche Schuhwerk trugen.


Maßlos enttäuscht: Offenbachs Trainer Wolfgang Frank. Foto Hochzwei.



Wolfgang Frank sagte es zweimal und drohte, es der Mannschaft noch häufiger zu sagen. „Dass wir hier nicht gewonnen haben, ärgert mich maßlos", grantelte der Trainer der Offenbacher Kickers nach dem 1:3 beim FC St. Pauli in der Pressekonferenz. Der 56-Jährige gilt als Perfektionist, der bei vielen Trainerstationen auch an seinen hohen Ansprüchen an die Spieler gescheitert war. In Offenbach sei er ruhiger geworden, beteuert der Fußballlehrer, er signalisiere den Profis immer wieder, dass er ihre Qualitäten schätze und anerkenne. Am Bieberer Berg hat Frank mit seiner Ansprache Erfolg, er sicherte in der vergangenen Saison den lange fraglichen Klassenerhalt und startete jetzt mit drei Siegen aus den ersten vier Spielen.

Letztlich scheiterte die junge Kickers-Elf auf St. Pauli an der Summe vieler Kleinigkeiten: Einige Akteure rutschten auf dem regennassen Rasen am Millerntor wiederholt aus, weil sie die falschen Stollen aufgezogen hatten, der brasilianische Linksverteidiger Sidney legte nach drei Minuten mit einem dilettantischen Querpass das 1:0 für St. Pauli ein, andere ließen sich zu kleineren Provokationen gegen das Publikum hinreißen, und dann vergaben sie auch noch die besten Chancen. St. Pauli wirkte robuster und gewann letztlich verdient, wie auch der zornige Frank einräumen musste.

Momentan wird das Unterhaus in vielen Medien zur besten Zweiten Liga aller Zeiten hochgejazzt. Und das ist gar nicht mal zu übertrieben: Das Gros der Teams praktiziert einen Tempofußball wie man ihn in der einst nicht zu Unrecht als „Klopperliga" geschmähten Spielklasse in dieser Konsequenz noch nicht gesehen hat. St. Pauli schaffte es insbesondere in der zweiten Hälfte die Ausfälle von Charles Takyi, der das Spiel des Aufsteigers mit seinen Dribblings und klugen Pässen prägt und dem beim Warmmachen verletzten Filip Trojan weitestgehend zu kompensieren. In der ersten Hälfte ging es im Minutentakt hin und her, St. Paulis Coach André Trulsen hatte „ein insgesamt packendes Spiel" gesehen, und meinte damit auch den sehenswerten Kopfballtreffer von Marcel Eger, der aus der Viererkette nach vorne geeilt war, und den Ball im Torwinkel mit voller Wucht im Torwinkel platzierte.

Frank wirkte gequält, als er Trulsens Analyse hörte, denn ihm ging offenbar seine eigene Kostennutzenrechnung im Kopf herum. Wie viele Trainer redet Frank wie ein Anlageberater, wenn die Mannschaft sich erkennbar um ein schönes Spiel bemüht. Die Kalkulation schließt in Offenbach sogar die Woche vor dem Anpfiff ein. „Da haben wir viel in das Spiel investiert." Soll heißen, die Profis haben gut trainiert und waren sogar einen Tag früher nach Hamburg gereist, um sich zu akklimatisieren. Wenn es dann am Schuhwerk scheitert, kann man schon mal sauer werden. „Das habe ich der Mannschaft direkt nach dem Spiel schon gesagt", sagte Frank. Es war das insgesamt dritte Mal.

Matthias Greulich

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