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„Huch, jetzt spielen wir gegen Schwule“
Ralf Schmidt ist Mittelfeldspieler und Mitbegründer der Streetboys, die seit 2001 unter dem Namen „Team München“ als einzige schwule Fußballmannschaft in Deutschland am offiziellen Ligabetrieb teilnehmen. RUND-Autor Moritz Piehler hat den 41-jährigen Flugbegleiter über Beschimpfungen in der Kreisklasse C und den Gewinn des Weltmeistertitels befragt.





RUND: Herr Schmidt, Sie haben 1994 ein Fußballteam für Homosexuelle gegründet. Warum?
Ralf Schmidt: Ich wollte mit Gleichgesinnten Fußball spielen. Als wir uns 2001 entschieden, dem Ligabetrieb beizutreten, wurde das in der Mannschaft sehr kontrovers diskutiert. Einigen war das zu leistungsbezogen, aber wir kamen zum Entschluss: Wir wollen das mal probieren.

RUND: Wie waren die Reaktionen der gegnerischen Vereine und Fans?
Ralf Schmidt: Durch die Münchner Presse wussten die Gegner vorher Bescheid, dass wir in die Liga kommen. Manche dachten tatsächlich: „Huch, jetzt spielen wir gegen Schwule, ob die wohl in Stöckelschuhen und rosa Röckchen auflaufen?“ Wenn wir dann 10:0 gewonnen hatten, hieß es manchmal auch: „Jetzt verlieren wir schon gegen Schwule, da können wir ja gleich aufhören.“ Auch heute gibt es noch hin und wieder solche Sprüche.

RUND: Was müssen Sie sich auf dem Platz anhören?
Ralf Schmidt: Vereinzelt kommt es vor, dass mal ein Gegenspieler bei einer Berührung oder einem Foul sagt: „Fass mich nicht an, du schwule Sau!“ Doch der Schiedsrichter unterbindet das meistens. Oder wir beantworten diese Sprüche mit einem Sieg.


Ralf Schmidt
Foto Urban Zintel



RUND: Hatten Sie sich in Ihren vorherigen Vereinen offen zu Ihrer Homosexualität bekannt?
Ralf Schmidt: Ich bin immer sehr offensiv damit umgegangen, dass ich schwul bin, und habe keine schlechten Erfahrungen gemacht. Mein Mitspieler denkt ja nicht: „Ich habe einen schönen Pass von einem Schwulen bekommen“, sondern nur: „Schöner Pass!“ Letztlich zählt immer die Leistung.

RUND: Welche Erfahrungen haben Ihre Mitspieler gemacht, bevor sie zu den Streetboys kamen?
Ralf Schmidt: Die Hälfte von uns hat vorher in Heteroteams gespielt. Die meisten haben ihre Homosexualität aber für sich behalten oder nur engen Freunden in der Mannschaft erzählt. Der Einzige, der ebenso offen wie ich mit seinem Schwulsein umgegangen ist, hat auch nichts Negatives erlebt – dabei hat er auf dem Land irgendwo bei Rosenheim gespielt. Ich kann nur jedem raten, offensiv zu sein. Je offener man damit umgeht, desto weniger Angriffsfläche bietet man. Die Angst, dass etwas passieren könnte, ist viel größer, als das, was tatsächlich passiert. Gerald Asamoahs Hautfarbe interessiert doch heute auch keinen mehr – bis auf ein paar Idioten vielleicht.

RUND: Und wie läuft es sportlich beim Team München?
Ralf Schmidt: Wir sind Dritter der C-Klasse München, die ersten beiden steigen auf. Wir nehmen auch oft an internationalen Turnieren teil. Mein größter Triumph war der WM-Titel der schwulen Fußballteams 1996. Letztes Jahr sind wir immerhin WM-Fünfter geworden.

Das Interview führte Moritz Piehler

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