INTERVIEW

„Toni Polster lobte: Des habts ihr guat gemacht“

DJ DSL, der Künstlername des Wieners Stefan Biedermann, bedeutet DJ Superleiwand. Der Wahlhamburger legt nicht nur feinsten HipHop in den Clubs Europas auf, sondern ist auch Fußballfan und gestaltete einen wunderbaren EM-Spielplan.

DJ DSL
Die Austria kann auf ihn zählen: Wann immer Stefan Biedermann
alias DJ DSL in Wien ist, geht er ins Stadion Foto Benne Ochs



RUND: DJ DSL, für Nicht-Österreicher: Was bedeutet „leiwand“?

DJ DSL: Den Ausdruck gibt es eigentlich nur in Wien. Es ist eine Universalvokabel für alles was gut, toll, super ist.

RUND: Und welche Fußballklubs sind leiwand?
DJ DSL: Austria Wien ist mein Lieblingsverein. Ich mag auch den Wiener Sport-Club, das ist mein Zweitverein, und den FC St. Pauli finde ich auch leiwand.

RUND: Wie viele Zuschauer kommen im Schnitt zur Austria?
DJ DSL: So 6000 bis 7000. Der Lokalrivale Rapid Wien hat doppelt so viele.

RUND: Wie groß ist die Rivalität zwischen Rapid und Austria?
DJ DSL: Extrem. Beide sind noch nie aus der ersten Liga abgestiegen, Rapid nennt sich Rekordmeister, Austria hat aber nach Gründung der Bundesliga mehr Titel gewonnen.

EM-Wimpel
"Ich habe Angst vor der EM": Schon drei Jahre vor Turnierbeginn
dachte DJ DSL an das Turnier und bastelte sich einen eigenen Wimpel Foto Benne Ochs



RUND: Du hast einmal mit dem Fanclub Erdberg das Stück „Anton Polster du bist leiwand“ eingespielt, eine Hymne auf den Stürmer, der ja auch in Deutschland ziemlich bekannt ist. Wie kam es dazu?

DJ DSL: Eigentlich wollte ich immer schon so ein Banner malen und im Stadion aufhängen. Den Toni fand ich sehr leiwand, also habe ich für ihn ein Banner gemalt. Das war im Zuge der Qualifikation für die WM in Frankreich, deshalb war das Banner auch rot-weiß-rot. Oben habe ich draufgeschrieben „Olé Super-Toni“, im weißen Teil war eine superschöne Zeichnung und unten stand „Fanclub Erdberg“, nach dem dritten Bezirk im Osten Wiens wo ich herkomme. Da habe ich natürlich auch einen Fanclub gründen müssen und ein paar Kumpels gefragt, ob die mitmachen wollen. Es war also kein normaler Fanclub, sondern ein reines Fantasieprodukt.

RUND: Wie ist das Stück angekommen?
DJ DSL: Ich habe es dem Toni einmal im Trainingslager der Nationalmannschaft vorgespielt. Als das Lied zu Ende war, hat Toni mir auf die Schultern geklopft: „Des habts guat gmacht, Burschen.“ Das war sein Kommentar, den habe ich sogar auf Band.

RUND: Warum magst du den Toni so sehr?
DJ DSL: Er ist Austrianer und war ein gigantischer Wahnsinnsspitzenstürmer. Aber große Teile der Fußballinteressierten haben irgendwann gemeint, dass man den Toni nicht mehr spielen lassen darf, weil er nur herumsteht. Vor einem ganz entscheidenden Match gegen die DDR – übrigens das letzte Länderspiel der DDR – ist er im ausverkauften Praterstadion bei der Mannschaftsaufstellung ausgepfiffen worden. Den eigenen Stürmer in einem Spiel, in dem es um alles geht, das muss man sich mal vorstellen. Und dann schießt er alle drei Tore, Österreich fuhr zur WM nach Italien, und alle haben ihn gefeiert.

RUND: Hat er das, was man den Schmäh nennt?
DJ DSL: Total. Das ist der ärgste Schmähvogel, den man sich vorstellen kann. Den Schmäh zu haben bedeutet, in jeder Lebenslage einen mehr oder weniger passenden Spruch auf den Lippen zu haben. Schmäh besteht zu 99 Prozent aus Ironie. Deshalb war der Toni auch so beliebt, weil er mit den Reportern Katz und Maus gespielt hat.

RUND: Das hat ihn auch in Deutschland berühmt gemacht.
DJ DSL: Ganz legendär war ein „Ran“-Interview. Der Reporter wollte wissen, wie weit die Vertragsverhandlungen seien. Toni sagte, eigentlich sei alles unter Dach und Fach. Einziges Problem: „Die bieten mir einfach zuviel Geld, das kann ich gar nicht annehmen.“ Nach zwei Sekunden Pause fragte der entsetzte Reporter, ob das jetzt ein Scherz sei. Darauf sagte der Toni nur: „Du bist aber ein Blitzkneisser.“ Also ein Blitzmerker. Wir Österreicher lachen da bis heute drüber.

RUND: Inzwischen wohnst du in Hamburg und hast deinen zweiten Fanclub gegründet, die St. Pauli Soundsupporter. Wie kam es dazu?
DJ DSL: Vor fünf Jahren gab es diese Retter-Aktion. Verschiedene Musikclubs wollten helfen und hatten die Idee, am Millerntor aufzulegen. Alles, was an Eintritt und Getränkeeinnahmen kam, ging an den FC. Das war der Soundsupport. Im zweiten Jahr habe ich ein Logo entworfen, das fand ich so chefmäßig, dass ich einen Fanclub gründete. Damit habe ich den zweiten Retortenfanclub aus der Taufe gehoben.

RUND: Das Logo mit dem Totenkopf und den gekreuzten Tonarmen ist sehr schön geworden.
DJ DSL: Das Banner nehme ich überall mit hin wo ich auflege, und hänge ihn hinter das DJ-Pult. So supporte ich den FC St. Pauli im Rest der Welt.

RUND: Gibt es einen Fußballsong, den du auflegst?
DJ DSL: Ich habe in meinem Leben noch nie ein Fußballlied gespielt, außer meinem Toni-Polster-Lied, meist um sechs Uhr in der Früh unter großem Gegröle. Vor allem in Österreich.

Das Interview ist in RUND #1_08_2005 erschienen.

RUND-TIPP: EM-SPIELPLAN
DJ DSL hat einen herrlichen Spielplan der EM gestaltet, der für 10 Euro plus Versandkosten in seinem Onlineshop bestellt werden kann.

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