sIlbermond
„Suchen Gegner, keine Opfer“
Silbermond ist eine der erfolgreichsten deutschen Bands. zwischen Liveauftritten, Studioaufnahmen und Preisverleihungen nimmt sich das Quartett Zeit für seine große Leidenschaft: den Fußball. Lesen Sie Teil 1 des Interviews von Steffen Dobbert und Eberhard Spohd

Silbermond
Silbermond: Die Sängerin Stefanie Kloß (l.), der Schlagzeuger Andreas Nowak (r.) und die Brüder Johannes
(2. v. l., Bass) und Thomas Stolle (3. v. l., Gitarre) Foto Özgür Albayrak


RUND: Sie geben heute den ganzen Tag Interviews. Was war bisher die blödeste Frage?

Stefanie Kloß: Heute war noch keine blöde Frage dabei, aber Ihr könnt ruhig Du sagen.

RUND: Okay. Dann fangen wir mit einer an. Johannes, stimmt es, dass du Haare am Arsch hast?
Johannes Stolle: Mag sein. Woher wisst Ihr das?

RUND: Das hat Andreas im Internet geschrieben.
Stefanie Kloß: Na ja, wenn man sich seit acht Jahren kennt, dann weiß man auch das.
Andreas Nowak: Immer wenn er ein Tor schießt, zieht er die Hose runter.
Johannes Stolle: Das stimmt jetzt zum Glück nicht. Aber ja, ich habe Haare am Arsch.

RUND: Ihr habt als Vorband von den Puhdys gespielt.
Thomas Stolle: Das war ein lustiger Zufall. Die veranstalten bei uns in der Nähe von Baut-zen jedes Jahr ein Traditionskonzert. Das war auch 2002 so. Damals schrieb jemand bei uns ins Gästebuch, er sei Dieter Birr …
Stefanie Kloß: … was der Sänger der Puhdys ist …
Thomas Stolle: … und wolle fragen, ob wir Lust hätten, bei ihnen im Vorprogramm zu spielen. Wir hielten das für einen schönen Gag. Aber wir haben trotzdem beim Management von den Puhdys angefragt, was das sollte. Die haben bestätigt, dass Birr das nicht bei uns gepostet hat, aber abgesehen davon suchten sie tatsächlich noch eine Vorband. So kam es zu dem Konzert. Da waren 10.000 Leute. Das war unser erster richtig gro-ßer Auftritt und der erste, bei dem wir nur deutsche Songs gespielt haben. Von daher ist der Auftritt mit den Puhdys bedeutend für uns gewesen.

RUND: Wer spielt bei Silbermond welche Rolle? Stefanie, Du bist die jüngste, stehst immer im Mittelpunkt und drehst auf der Bühne durch.
Stefanie Kloß: Silbermond sind wir alle vier, es stehen alle im Mittelpunkt. Aber auf der Bühne spiele ich schon verrückt. Sänger sind so, sonst wären sie nicht Sänger. Es gibt typische Charakterzüge, die sind bei allen Bands gleich. Schlagzeuger haben ihr Ding und ähneln einander wie Bassisten.
Andreas Nowak: Das ist wie Torwart und Linksaußen.
Stefanie Kloß: Eine Band muss aus verschiedenen Charakteren bestehen.

RUND: Eure Charaktere harmonieren miteinander?

Stefanie Kloß: Ja, wir inspirieren uns. Gerade beim Schreiben. Wenn der eine mit seinem Text nicht weiterkommt, sagt ihm ein anderer, er solle das Thema von einer anderen Seite beleuchten. So fügt sich das alles ganz gut zusammen.

RUND: Die Texte schreibt ihr also gemeinsam. Und wer ist für die Musik zuständig?
Thomas Stolle: Wir sind eine klassische Probenraum-Band. Wir fangen einfach an zu spielen. Da setzt Andreas mit dem Schlagzeug ein oder ich mit dem Gitarrenriff oder es kommt eine Basshook von Johannes. Irgendetwas kommt immer. Dann jammt man so und groovt sich ein. Meist nehmen wir das auf dem MD-Player auf, und was uns gefällt, bleibt. Dann setzen wir uns zusammen und texten. Natürlich hat immer jemand eine Grundidee, manchmal ist es auch ein Refrain oder eine ganze Strophe. Dann geht man zu einem anderen und fragt, ob er eine Idee hat.
Thomas Stolle: Wir haben schon viel zusammen erlebt. Das ist auch normal. Wir sind keine Band, die sich zum Musik machen trifft wie Geschäftspartner. Wir sind auch Freunde.

RUND: Kennt ihr den Bautzener Pöbel?
Alle: Bautzener Pöbel?

RUND: Budissa Bautzen.
Alle: Ja, klar! Ach so!

RUND: Wir müssen jetzt über Fußball reden. Bautzener Pöbel ist ein Fanklub von Budissa Bautzen.
Johannes Stolle: Das klingt aber nicht gerade freundlich. Wir waren beim SV Bautzen, dem Konkurrenzverein von Budissa.
Andreas Nowak: Nicht alle. Ich war immer für Budissa, weil da ein Kumpel von mir gespielt hat. Budissa hat den SV Bautzen immer nackig gemacht.
Thomas Stolle: Ja, ja, Budissa ist der große FC Bayern von Bautzen.

RUND: Deswegen mögt ihr die nicht?
Thomas Stolle: Nein, das hat mehrere Gründe. Der SV Bautzen war der Verein ohne Rasenplatz. SV Bautzen hatte nie die Möglichkeiten wie Budissa und hat sich trotzdem durchgesetzt.
Johannes Stolle: Mit dem Ball eins sein, darum ging es beim SV Bautzen.

RUND: Wer hat denn dort gespielt?
Johannes Stolle: Wir beide (Thomas und Johannes) waren beim SV Bautzen.

RUND: Wie lange?

Johannes Stolle: Wir waren anderthalb Jahre dabei, dann hat die Musik übernommen.

RUND: Ihr wart Linksaußen und Torwart.
Thomas Stolle: Links stimmt, aber in der Abwehr. Ich wollte immer Stürmer sein, aber …
Johannes Stolle: Ich war im Mittelfeld. Eigentlich mehr Auswechselbank. Auf der Auswechselbank waren wir wirklich …
Thomas Stolle: … gut.

RUND: Und du Andreas, hast du auch gespielt?
Andreas Nowak: ‚ÄäJa, aber nicht im Verein. Nur so mit Kumpels nach der Schule auf dem Bolzplatz.
Thomas Stolle: Davon sieht man heute nicht mehr viel.
Andreas Nowak: Weil ich immer zu schnell für euch bin.

RUND: Ihr habt alle vier beim Silbermond-Fußballcup mitgespielt.
Johannes Stolle: Ja, ja, mit unserer Mondmannschaft.

RUND: Und ihr wurdet nur Zweiter.
Andreas Nowak: Leider. Wir haben im Finale gegen die Altherrenmannschaft von Pfungstadt verloren.
Stefanie Kloß: Wir waren nicht schlecht. Ich hatte viele blaue Flecken danach.
Johannes Stolle: 1:2 haben wir verloren.
Andreas Nowak: Das war echt ganz knapp.

RUND: Es war euer Turnier, ihr habt verloren, um das zusammenzufassen.
Stefanie Kloß: Ja, wir mussten den Pokal leider abgeben.
Andreas Nowak: Das war wie bei der WM, wir waren die Sieger der Herzen.

RUND: Wie seid ihr auf die Idee dazu gekommen?

Andreas Nowak: Wir spielen halt gerne. Bei Festivals haben wir immer einen Ball dabei und spielen gegen andere Bands. Da kamen wir auf die Idee, ein Turnier zu organisieren.
Thomas Stolle: In unserem Fan-Chat hat uns eine Mannschaft herausgefordert. Und in Pfungstadt, einem kleinen Ort bei Darmstadt, hat uns der RSV Germania Pfungstadt freundlicherweise den Platz gestellt.
Andreas Nowak: Dieses Jahr wollen wir das Turnier wieder ausrichten und hoffen, dass auch ein paar andere Bands mitmachen.

RUND: Haben damals keine Musikerteams teilgenommen?

Stefanie Kloß: Hälfte Fans, Hälfte Musiker. Wir wollen es in diesem Jahr ausbauen. Vielleicht gibt es ja eine Band, die mal gegen uns spielen will.

RUND: Ist das ein Aufruf?
Johannes Stolle: Ein Aufruf und eine Herausforderung. Wer glaubt, uns schlagen zu können, darf sich bei uns melden. Aber als Zusatz könntet ihr bitte dazuschreiben: Wir suchen Gegner, keine Opfer.
Alle (hysterisches Gelächter)
Andreas Nowak: Wir sind keine talentierten Spieler, uns macht das einfach Spaß.
Stefanie Kloß: Du brauchst jetzt gar nicht mehr versuchen, was zu retten.
Johannes Stolle: Relativier das nicht wieder. Das muss eine Kampfansage sein.
Andreas Nowak: Und dann verlieren wir 0:20 wie ihr damals beim SV Bautzen.
Stefanie Kloß: Solange die Sängerin mitspielt, verlieren wir nicht.
Andreas Nowak: Genau. In jeder Mannschaft muss mindestens eine Frau spielen.
Stefanie Kloß: Ich will ja auch eine weibliche Gegnerin haben.

RUND: Wo spielst du denn?
Johannes Stolle: Sie ist unser Abwehrbollwerk.
Thomas Stolle: Da kann sie relativ wenig Schaden anrichten.
Stefanie Kloß: Ich rempel die immer an, und die Männer denken, dass sie vorsichtig sein müssen. Das nutze ich aus.
Andreas Nowak: Aber Revolverheld brauchen sich auf jeden Fall nicht fürs nächste Turnier bewerben. Die sind eher Opfer.
Stefanie Kloß: Gegen die haben wir schon so oft gewonnen.

RUND: Gegen wen habt ihr sonst gespielt?
Andreas Nowak: Gegen Die Happy spielen wir hier in Berlin manchmal.
Johannes Stolle: Die sind auch schlechter.
Thomas Stolle: Dann gibt es noch ein paar Bands aus unserer Region. Aber gegen die Sportfreunde Stiller würde ich gerne spielen. Von denen sagt man ja, dass sie passionierte Fußballspieler seien. Ich weiß nicht, wie gut die sind, aber die können nicht besser sein als wir.
Stefanie Kloß: Wenn sie Bock haben, gegen uns zu spielen, sind wir dabei.
Thomas Stolle: Die Söhne Mannheims spielen auf Festivals auch gerne Fußball.
Johannes Stolle: Das sind gute Techniker.

RUND: Wer gehört denn noch zu eurer Mannschaft?

Andreas Nowak: In unserer Crew sind so viele, die leidenschaftlich gerne Fußball spielen. Unser Backliner ist der Torwart.
Stefanie Kloß: Der beste Torwart überhaupt.
Andreas Nowak: Unser Monitor-Mann ist auch richtig gut. Der war übrigens bei Budissa Bautzen.
Thomas Stolle: Wir haben ihm das verziehen.
Andreas Nowak: Bu, Bu, Budissa!

RUND: Wer ist denn euer Schönspieler? Andreas?
Johannes Stolle: Nein, das ist mehr das Arbeitstier.
Andreas Nowak: Johannes ist immer am Heulen, wenn du an den rangehst.
Stefanie Kloß: Italian style.
Andreas Nowak: Er ist der Bautzener Materazzi.
Johannes Stolle: Ne, ne, das stimmt nicht.

RUND: Und für wen drückt ihr in der Bundesliga die Daumen?

Thomas Stolle: Also, ich bin neutral, ich steh auf guten Fußball.
Johannes Stolle: Ich auch. Aber ich verfolge den Meisterkampf und gebe zu …

RUND: … Bayern-Fan zu sein?
Johannes Stolle: Ich gebe gar nichts zu. Das polarisiert nämlich.

RUND: Ihr müsst euch jetzt outen!
Johannes Stolle: Okay, FC Bayern. Stefanie ist Bremen-Fan, weil wir den Torsten Frings neulich getroffen haben.
Stefanie Kloß: Oh ja, der war super.
Andreas Nowak: Und ich bin, na ja, Budissa-Fan.

RUND: Wo habt ihr Torsten Frings getroffen?
Stefanie Kloß: Bei den MTV Europe Music Awards. Er war mit seiner Freundin zufällig da. Wir sind zu sechst über den roten Teppich gegangen, weil wir die einzigen Deutschen waren. Er steht auch nicht so auf Interviews, deshalb wollten wir einfach nur schnell rüber. Dann waren wir abends noch was trinken, das war ganz cool. Jetzt schreiben wir uns ab und zu.
Thomas Stolle: Das war echt interessant. Ich muss ehrlich sagen, ich wusste nicht, dass Profifußballspieler so ein richtiger Job ist.
Stefanie Kloß: So zeitintensiv.
Thomas Stolle: Ja, das ist bei Musikern genauso. Viele denken, bis mittags schlafen, abends kurz auf der Bühne, Applaus abfangen und viel Geld verdienen.
Johannes Stolle: Und saufen.

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