KOLUMNE
Stürmer sterben früher

Raucher werden vor den Gefahren von Zigaretten-Konsum gewarnt. Sind sich denn Fußballer darüber bewusst, was sie mit ihrer Kleidung für Gesundheitsschäden anrichten können? Nein, meint RUND-Redakteur Oliver Lück – und fordert Hinweise und höhere Preise.


„Keine Blumen bitte!": Mario Basler möchte Zigaretten mit ins Grab nehmen Foto Monica Menez


„Ich rauche seit 24 Jahren. Und ich höre auch nicht auf. Wenn ich sterbe, möchte ich unbedingt Zigaretten mit auf die lange Reise nehmen. Keine Blumen bitte! Sie sollen mir Zigaretten reinschmeißen." (Mario Basler, Co-Trainer des TuS Koblenz, im RUND-Interview am Lügendetektor)

Mein Freund Jan war zu Besuch. Rauchen und Sport geht nicht, hat Jan früher schon immer gesagt. Und da er rauche, könne er nicht auch noch Sport machen, sagt er heute noch. Es störe ihn nicht, ohne Sport zu leben, versicherte er mir. Ebenso wenig wie ihn die Sprüche auf den Zigarettenpäckchen stören. „Rauchen macht impotent." Jan wird in vier Wochen Vater. „Rauchen fügt Ihnen und den Menschen in Ihrer Umgebung erheblichen Schaden zu." Jan geht zum Qualmen schon immer vor die Tür. „Rauch enthält Benzol, Nitrosamine, Formaldehyd und Blausäure."

Wenn er mal nicht weiß, was er von so etwas halten soll, sagt er Sätze wie: „Siehst Du die Gräber am Wegesrand, das waren die Raucher von Stuyvesant." Jan raucht Stuyvesant. Dass die EU-Gesundheitsminister neben den Sprüchen bald auch bunte Bildchen von sterbenden Krebspatienten, abgefaulten Gliedmaßen und zerfressenden Lungen sehen wollen, sei erst der Anfang, glaubt er. Da werde noch viel mehr kommen. Und nicht nur beim Rauchen.

Gemeinsam stellten wir uns vor, wie es wäre, wenn etwa auch die Hersteller von Schraubstollen für Fußballschuhe ihre Kunden vor möglichen Folgen warnen müssten. „Stollen machen O-Beine." „Stollen verursachen Schnittverletzungen." Dazu ein Bild von Ewald Lienens frisch aufgeschlitztem Oberschenkel und dem freigelegten Muskelweiß. Auf der Rückseite: „Je länger die Stolle, desto tiefer die Wunde" oder „18 Millimeter – Stürmer sterben früher".

Ballpumpen würden künftig mit einem Bild von Horst Hrubesch, Ex-Ungeheuer des HSV, und dem Hinweis „Kopfball mit zu harten Bällen macht dumm" angeboten. Auf den Eintrittskarten stünden Sätze wie „Fußball kann todlangweilig sein", „Fußball verursacht Eheprobleme" oder „Der Besuch eines Fußballspiels kann irrationales Verhalten hervorrufen". Angesichts eines offenen Schienbeinbruchs und dem Satz „Grätschen kann weh tun" würden sich sicher viele überlegen, ob sie überhaupt weiter Fußball spielten.

Jan und ich überlegten weiter, was passieren würde, wenn der Finanzminister eine drastische Steuer auf Schraubstollen einführte. Sagen wir vier Euro pro Stolle. Niemand kaufte mehr Stollen. Auf tiefen Böden schlitterten die Kicker hoffnungslos umher. Der Fußball änderte sich grundlegend und würde zumeist im Liegen gespielt. Und sehr bald gäbe es eine Zweiklassengesellschaft. Die, die mit, und die, die ohne Stollen. Ihr da oben, wir da unten. Vereine, die sich die teuren Standhilfen leisten könnten, spielten in der Stollen-Bundesliga, die anderen in der Ohne-Stollen-Bundesliga. Die Stollenkontrolle des Schiedsrichters bekäme einen Sinn. Und niemand soll sagen, dass das alles Quatsch sei.

Bitte, erinnern wir uns: Schraubstollen waren der Grund für das Wunder von Bern 1954. Wir, die Deutschen, hatten welche. Die anderen, die Ungarn, hatten keine. Heute sind wir wieder wer – die Deutschen eben. Ohne Stollen undenkbar.

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