tornetze
Schnurstärke: 3 Millimeter!
Bei der Europameisterschaft moserte Otto Rehhagel einst über schwarze Tornetze – nun kann er sich wieder aufregen. Andreas Klee von der Firma Allzweck-Sportartikel bleibt gelassen, der Verkaufsleiter hat als Lieferant bei großen Turnieren schon unglaubliche Anekdoten erlebt. In Österreich und der Schweiz liefert die Firma aus Trechtingshausen unter anderem die Tore, Ersatzbänke, Trinkflaschen, Schiedsrichterpfeifen und Taktiktafeln an die Uefa. Interview Matthias Greulich

Andreas Klee
„Seitdem machen wir das“: Andreas Klee ist Verkaufsleiter bei Allzewck-Sportartikel,
die seit 30 Jahren auf großen Fußballturnieren
vertreten ist. Das Foto zeigt ihn im EM-Stadion von Salzburg Foto privat



RUND: Herr Klee, bei der Europameisterschaft 2004 gab es schwarze Tornetze, was von Otto Rehhagel kritisiert wurde. Welche Farbe werden die Netze in Österreich und der Schweiz haben?

Andreas Klee: Die Netze werden schwarz sein, wie schon in Portugal. Otto Rehhagel hatte sich damals übrigens schon im Vorfeld zu Wort gemeldet.

RUND: Hat er nicht Recht?
Andreas Klee: Das ist eine Frage verschiedener Philosophien und des Geschmacks. Wer sich auf den Sportplätzen des Landes herumtreibt, sieht gerade in den kleineren Vereinen hauptsächlich grüne Netze. Es gibt zweifarbige Netze, etwa bei Rot-Weiß Oberhausen oder Bayern München. Andere finden, dass ein Netz weiß sein müsse. Die Uefa ist der Meinung, dass man die Sichtverhältnisse für die Fernsehkameras und auch für das Publikum verbessert und die Sichtbarkeit der Werbebanden erhöht. Und dazu eignen sich schwarze Netze.

RUND: Die Netze in Portugal sahen dünner aus als bei der WM.
Andreas Klee: Das waren sie auch. Bei der Weltmeisterschaft hatten die Netze eine Schnurstärke von vier Millimetern, bei der Euro sind sie einen Millimeter dünner. Dazu kommt: Wenn Sie mit der Kamera hindurchfilmen, wird dieses Netz immer zu sehen sein. Und zwar in fast fünf Millimeter Stärke, weil weiß das Licht reflektiert. Es wirkt optisch stärker als es ist. Schwarz absorbiert Licht und wirkt optisch dünner.

Tornetz
„Wir hatten einen fantastischen Blick und konnten jedes Detail sehen“: Andreas Klee war nicht nur von der Atmosphäre bei bei der EM 2004 in
Porrtugal begeistert, sondern auch von den fast durchsichtigen Netzen
Foto Hochzwei



RUND: Wie viel macht das für die Sicht von der Tribüne aus?

Andreas Klee: Eine ganze Menge. Nur ein Beispiel: In Porto war das Stadion in der Innenstadt, wo Boavista Porto spielt, extrem hoch gebaut, man sitzt oben sehr weit weg. Den gesamten Fünf-Meter-Raum kann man von dort eigentlich nur durch das Netz sehen. Wir hatten einen fantastischen Blick und konnten jedes Detail sehen. Das hätten wir nicht gekonnt, wenn das Netz relativ dickgarnig und weiß gewesen wäre.

RUND: Seit 30 Jahren liefert Ihre Firma Sportartikel für große Turniere. Wie kam es dazu?
Andreas Klee: Unser Firmeninhaber und Gründer Winfried Baaser hatte seinerzeit – kurz vor der Weltmeisterschaft in Argentinien – eine Linienrichter-Fahne entwickelt. Auf einem Kunststoffstab, mit einem Korkgriff und einem ordentlichen Fahnentuch, das Leuchtfarben hatte, damit man es weit sehen konnte. Das hat er der Fifa vorgestellt und die waren so begeistert, dass sie sagten: „Produzieren Sie davon 100 Stück und geben Sie die dem deutschen Schiedsrichter Volker Roth mit. Dann werden die dort eingesetzt.“ Und seitdem machen wir das.

RUND: Womit hatten die Linienrichter vorher gewunken?

Andreas Klee: Man hat damals einen Holzstab genommen und einen Stofflappen in irgendeiner Farbe drangehängt. Dann hatte man die Fahne. Etwas Professionelles, wie man es heute kennt, gab es noch nicht.

RUND: Was liefern Sie noch?
Andreas Klee: Nach Argentinien kamen die Eckfahnen etwas später dazu. Mit leuchtfarbenem Fahnenstab und Tuch, damit man sie von weithin sehen kann. Denn in der Regel steht, dass man alle vier Eckfahnen von jedem Punkt auf dem Spielfeld ständig sehen muss. Wenn das nicht mehr gegeben ist – etwa bei Nebel – muss das Spiel abgepfiffen werden.

RUND: Sie kümmern sich auch um die Tore, die von Ihrem Partnerunternehmer Helo Sportsysteme gebaut werden.
Andreas Klee: Richtig, bei der EM in Belgien und den Niederlanden haben wir erstmals auch Tore geliefert. Man hatte festgestellt, dass der Zustand in den verschiedenen Stadien doch recht unterschiedlich war. Im König-Baudoin-Stadion in Brüssel war das Tor auf einer Seite bis zu sieben Zentimeter niedriger als die Norm-Höhe. Und auf der anderen Seite war es zwei Zentimeter höher.

RUND: Das klingt unglaublich. In Brüssel fanden doch sogar Endspiele im Europacup statt. Wie konnte das passieren?
Andreas Klee: Über die Jahre hatten sich die Fundamente gesenkt, aber niemand hatte etwas bemerkt. Das musste komplett neu gemacht werden. Aber die Leute dort waren ziemlich bockig und wollten uns nicht ins Stadion hereinlassen. Die sagten nur: „Wir spielen hier schon immer!“ Erst acht Tage vor dem Spiel haben wir durchgekriegt, dass wir das Tor austauschen können. Zuvor hatte man auch in den anderen Arenen alles überprüft, damit auch wirklich einheitliche Bedingungen gegeben sind und niemand benachteiligt wird. Es ist auch für die Fernsehkameras wesentlich schöner, wenn da ein neues Tor steht. Dann kamen die Anforderungen einzelner Teams dazu, die gerne transportable Tore beim Training haben wollten. Für das Torwarttraining oder, um auch mal quer übers Feld spielen zu können. Das hatten verschiedene Stadien auch nicht.

Klicken Sie hier, um den zweiten Teil des Interviews zu lesen. „Die Uefa will keine Zäune und Fangnetze“

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