INTERVIEW
„Beim Futsal habe ich viel gelernt“
Er ist eines der größten Talente des brasilianischen Fußballs: Alexandre Rodrigues da Silva, kurz „Pato“ vom AC Mailand. Mit 19 Jahren ist der Angreifer bereits zweifacher Klub-Weltmeister, Konföderationen-Pokal-Sieger und Medaillengewinner bei Olympischen Spielen. Interview Antje Luz
RUND: Senhor Rodrigues da Silva, wie muss man sich Ihre Kindheit vorstellen?
Pato: Als ich vier war, hat mich mein Vater zum Fußball gebracht.
Sie haben mit Futsal begonnen: Ist der Futbol de Salao, der Hallenfußball, Ihrer Meinung nach eine gute Vorbereitung für den „großen“ Fußball? Und inwiefern hat er Ihre Spielweise beeinflusst?
Für mich war das sehr gut, weil ich dabei viel gelernt habe, was ich heute im Fußball brauche: den Ball mit dem Fuß führen, Pässe geben, schnelle Bewegungen ausführen... Im Futsal spielen wir vier gegen vier, statt zehn gegen zehn, das macht das Spiel schneller und der Ball ist kleiner und schwerer.
Gab es physische Schwachpunkte, die Sie überwinden mussten, bevor Sie Profi wurden?
Als ich zehn Jahre alt war, hatte ich einen Tumor in meinem linken Oberarm. Nachdem ich im Haus eines Freundes den Arm gebrochen hatte, wir hatten rumgebalgt, hatte man den Tumor auf dem Röntgenbild entdeckt. Danach bin ich operiert worden. Gott sei Dank habe ich mir damals den Arm gebrochen, denn wenn man es zwei Monate später entdeckt hätte, hätte ich Krebs gehabt. Aber heute ist alles bestens.
Sie sind dann nach Porto Alegre gezogen. Warum sind Sie zum SC Internacional und nicht zum bekannteren Gremio gegangen, wo z.B. Ronaldinho spielte?
Ich war damals elf Jahre alt und Gremio hatte keine Unterkünfte für Jungs in meinem Alter. Meine Familie hatte nicht viel Geld, um mich zu unterhalten und Gremio hat mir gesagt, „Du bist noch sehr jung, du kannst jetzt noch nicht kommen“. Internacional dagegen sagte, „Hier ist alles, was du brauchst, hier ist eine Familie, du kannst bei uns wohnen, essen,...“ Da sagte ich, gut, gehen wir hin und machen einen Versuch. Dann habe ich einige Tests gemacht und übrigens das erste Mal auf einem Spielfeld aus Gras gespielt. Das war alles wunderschön. Deshalb habe ich Internacional gewählt und ich verdanke allen Personen dort, dass ich heute bei Milan bin.
Wann ist Ihnen klar geworden, dass Sie eine Karriere in Europa machen können?
Dass ich ein großer Spieler werden kann, habe ich gemerkt, als ich für Internacional in der A-Mannschaft mein erstes Match gegen Palmeiras gespielt habe. Und als ich mit 16 nach Japan geflogen bin, um bei der Klub-WM zu spielen, bei der ich auch ein Tor geschossen habe. Das waren Momente, da habe ich gesehen, daß ich gut spielen kann und eines Tages auch nach Europa gehen könnte.
Bei dieser Klub-WM haben Sie gegen Ronaldinhos Barcelona gespielt. Bei der Gelegenheit haben Sie mit ihm das Trikot getauscht. Haben Sie es noch?
Ja, ich habe es noch! Das hängt bei mir zu Hause in Brasilien an der Wand!
Ein Jahr später haben Sie die Klub-WM mit Milan gewonnen. Warum haben Sie sich für Milan entschieden? Chelsea, Real Madrid, Inter Mailand waren auch interessiert.
Bevor ich hergekommen bin, habe ich Freunde angerufen und einer davon war Emerson. Er sagte mir, hier ist es wie in einer Familie, du kannst herkommen, wir sind hier und warten auf dich. Da habe ich Milan gewählt. Und Milan ist wirklich wie eine große Familie und eine großartige Mannschaft mit vielen Champions. Ich bin heute sehr glücklich, daß ich Milan gewählt habe.
Sie sind mit 17 Jahren von Brasilien nach Italien gekommen. War das schwierig, Brasilien in diesem jungen Alter zu verlassen?
Ich bin mit elf von zu Hause weggegangen. Und als ich von Porto Alegre nach Mailand gewechselt bin, war ich schon gewohnt, allein zu leben, da war das anders. Als ich hier angekommen bin, ist auch meine Familie mit mir hergekommen, sie haben mir sehr geholfen und auch viele Spieler haben mich mit offenen Armen empfangen.
Zum AC Milan. Wie hat die Mannschaft auf den Weggang von Trainer Carlo Ancelotti zum FC Chelsea reagiert?
Jetzt haben wir als Trainer Leo. Er arbeitet anders als Ancelotti und macht seine Arbeit sehr gut für die Mannschaft; wir Spieler wollen zusammen alles gewinnen, und auch er trägt dazu bei. Wir sind sehr glücklich, dass er versucht, Dinge zu verändern und ein neues Milan zu machen.
Dieses neue Milan hat noch Probleme. Sie sind direkt aus den USA angekommen, wo Sie drei Spiele in sechs Tagen hatten. Die „Gazzetta dello Sport“ hat Milans Spiel dort als „gut, aber glücklos“ bezeichnet. Auch beim Audi-Cup blieben Sie hinter den Erwartungen zurück. Was fehlt(e) Milan?
Wir haben, wie Sie sagen, drei Spiele in sechs Tagen bestritten, das war schwierig. Wir waren alle etwas müde. Wir versuchen aus unseren Fehlern in den USA zu lernen und jetzt alles besser zu machen. Ich bin sicher, daß es uns gelingt.
Wer ist nach dem Weggang von Paolo Maldini und Ricardo Kak√† die emotionale Führungsperson in der Mannschaft?
Wir haben ihn gerade gesehen (Massimo Ambrosini ging vorbei, Anm.d.Red.), er ist unser Kapitän und die Führungsperson unserer Mannschaft. Emotional gesehen ist da auch noch Rino (Gattuso, Anm.d.Red.), der großartig ist und es gibt Ronaldinho. Wir haben viele Führungsspieler, aber wenn ich einen nennen muss, dann Ambrosini.
Paolo Maldini hat seine gesamte Karriere beim AC Milan gespielt, Ricardo Kak√† ist vor kurzem zu Real Madrid gewechselt. Was finden Sie wichtiger: Veränderung oder Vereinstreue?
Ich möchte immer bei Milan spielen und hier in die Geschichtsbücher eingehen! Ich habe einen Vertrag bis 2012 und hoffe, dass der Verein danach verlängern will. Ich bin sehr glücklich bei Milan und will hier mein ganzes Leben lang spielen. Das ist zugleich meine größte Motivation.
Lesen Sie morgen in Teil zwei des Interviews, was Pato in Mailand von Ronaldinho lernt und wen der 19-Jährige für den besten Spieler der Welt hält.
Alexandre Rodrigues da Silva, kurz „Pato“ (da in Pato Branco, südlich von Sao Paolo, geboren) ist mit 19 Jahren bereits zweifacher Klub-Weltmeister, Konföderationen-Pokal-Sieger und Olympischer Bronze-Gewinner. Patos Karriere begann 2002 beim SC Internacional, bei dem auch Lúcio und A√¨lton kickten. Der Brasilianer war AC Milans jüngster sowie teuerster (22 Mio. Euro Ablöse) Einkauf und mußte erstmal vier Monate die Bank drücken, da er zum Zeitpunkt des Wechsels noch nicht volljährig war. Seitdem hat der Stürmer, den die brasilianischen Medien schon mal „Baby Fenomeno“ nennen, in 62 Partien für die Rossoneri 27 Tore geschossen. Mit AC Milan trat er dieser Tage beim Audi-Cup gegen Bayern München und Boca Juniors an
„Beim Futsal habe ich viel gelernt“
Er ist eines der größten Talente des brasilianischen Fußballs: Alexandre Rodrigues da Silva, kurz „Pato“ vom AC Mailand. Mit 19 Jahren ist der Angreifer bereits zweifacher Klub-Weltmeister, Konföderationen-Pokal-Sieger und Medaillengewinner bei Olympischen Spielen. Interview Antje Luz
Der AC Mailand zahlte für ihn 20 Millionen Euro Ablöse an Internacional Porto Aegre: Pato
Foto Hoch Zwei
RUND: Senhor Rodrigues da Silva, wie muss man sich Ihre Kindheit vorstellen?
Pato: Als ich vier war, hat mich mein Vater zum Fußball gebracht.
Sie haben mit Futsal begonnen: Ist der Futbol de Salao, der Hallenfußball, Ihrer Meinung nach eine gute Vorbereitung für den „großen“ Fußball? Und inwiefern hat er Ihre Spielweise beeinflusst?
Für mich war das sehr gut, weil ich dabei viel gelernt habe, was ich heute im Fußball brauche: den Ball mit dem Fuß führen, Pässe geben, schnelle Bewegungen ausführen... Im Futsal spielen wir vier gegen vier, statt zehn gegen zehn, das macht das Spiel schneller und der Ball ist kleiner und schwerer.
Gab es physische Schwachpunkte, die Sie überwinden mussten, bevor Sie Profi wurden?
Als ich zehn Jahre alt war, hatte ich einen Tumor in meinem linken Oberarm. Nachdem ich im Haus eines Freundes den Arm gebrochen hatte, wir hatten rumgebalgt, hatte man den Tumor auf dem Röntgenbild entdeckt. Danach bin ich operiert worden. Gott sei Dank habe ich mir damals den Arm gebrochen, denn wenn man es zwei Monate später entdeckt hätte, hätte ich Krebs gehabt. Aber heute ist alles bestens.
Sie sind dann nach Porto Alegre gezogen. Warum sind Sie zum SC Internacional und nicht zum bekannteren Gremio gegangen, wo z.B. Ronaldinho spielte?
Ich war damals elf Jahre alt und Gremio hatte keine Unterkünfte für Jungs in meinem Alter. Meine Familie hatte nicht viel Geld, um mich zu unterhalten und Gremio hat mir gesagt, „Du bist noch sehr jung, du kannst jetzt noch nicht kommen“. Internacional dagegen sagte, „Hier ist alles, was du brauchst, hier ist eine Familie, du kannst bei uns wohnen, essen,...“ Da sagte ich, gut, gehen wir hin und machen einen Versuch. Dann habe ich einige Tests gemacht und übrigens das erste Mal auf einem Spielfeld aus Gras gespielt. Das war alles wunderschön. Deshalb habe ich Internacional gewählt und ich verdanke allen Personen dort, dass ich heute bei Milan bin.
Wann ist Ihnen klar geworden, dass Sie eine Karriere in Europa machen können?
Dass ich ein großer Spieler werden kann, habe ich gemerkt, als ich für Internacional in der A-Mannschaft mein erstes Match gegen Palmeiras gespielt habe. Und als ich mit 16 nach Japan geflogen bin, um bei der Klub-WM zu spielen, bei der ich auch ein Tor geschossen habe. Das waren Momente, da habe ich gesehen, daß ich gut spielen kann und eines Tages auch nach Europa gehen könnte.
Bei dieser Klub-WM haben Sie gegen Ronaldinhos Barcelona gespielt. Bei der Gelegenheit haben Sie mit ihm das Trikot getauscht. Haben Sie es noch?
Ja, ich habe es noch! Das hängt bei mir zu Hause in Brasilien an der Wand!
Ein Jahr später haben Sie die Klub-WM mit Milan gewonnen. Warum haben Sie sich für Milan entschieden? Chelsea, Real Madrid, Inter Mailand waren auch interessiert.
Bevor ich hergekommen bin, habe ich Freunde angerufen und einer davon war Emerson. Er sagte mir, hier ist es wie in einer Familie, du kannst herkommen, wir sind hier und warten auf dich. Da habe ich Milan gewählt. Und Milan ist wirklich wie eine große Familie und eine großartige Mannschaft mit vielen Champions. Ich bin heute sehr glücklich, daß ich Milan gewählt habe.
Sie sind mit 17 Jahren von Brasilien nach Italien gekommen. War das schwierig, Brasilien in diesem jungen Alter zu verlassen?
Ich bin mit elf von zu Hause weggegangen. Und als ich von Porto Alegre nach Mailand gewechselt bin, war ich schon gewohnt, allein zu leben, da war das anders. Als ich hier angekommen bin, ist auch meine Familie mit mir hergekommen, sie haben mir sehr geholfen und auch viele Spieler haben mich mit offenen Armen empfangen.
Zum AC Milan. Wie hat die Mannschaft auf den Weggang von Trainer Carlo Ancelotti zum FC Chelsea reagiert?
Jetzt haben wir als Trainer Leo. Er arbeitet anders als Ancelotti und macht seine Arbeit sehr gut für die Mannschaft; wir Spieler wollen zusammen alles gewinnen, und auch er trägt dazu bei. Wir sind sehr glücklich, dass er versucht, Dinge zu verändern und ein neues Milan zu machen.
Dieses neue Milan hat noch Probleme. Sie sind direkt aus den USA angekommen, wo Sie drei Spiele in sechs Tagen hatten. Die „Gazzetta dello Sport“ hat Milans Spiel dort als „gut, aber glücklos“ bezeichnet. Auch beim Audi-Cup blieben Sie hinter den Erwartungen zurück. Was fehlt(e) Milan?
Wir haben, wie Sie sagen, drei Spiele in sechs Tagen bestritten, das war schwierig. Wir waren alle etwas müde. Wir versuchen aus unseren Fehlern in den USA zu lernen und jetzt alles besser zu machen. Ich bin sicher, daß es uns gelingt.
Wer ist nach dem Weggang von Paolo Maldini und Ricardo Kak√† die emotionale Führungsperson in der Mannschaft?
Wir haben ihn gerade gesehen (Massimo Ambrosini ging vorbei, Anm.d.Red.), er ist unser Kapitän und die Führungsperson unserer Mannschaft. Emotional gesehen ist da auch noch Rino (Gattuso, Anm.d.Red.), der großartig ist und es gibt Ronaldinho. Wir haben viele Führungsspieler, aber wenn ich einen nennen muss, dann Ambrosini.
Paolo Maldini hat seine gesamte Karriere beim AC Milan gespielt, Ricardo Kak√† ist vor kurzem zu Real Madrid gewechselt. Was finden Sie wichtiger: Veränderung oder Vereinstreue?
Ich möchte immer bei Milan spielen und hier in die Geschichtsbücher eingehen! Ich habe einen Vertrag bis 2012 und hoffe, dass der Verein danach verlängern will. Ich bin sehr glücklich bei Milan und will hier mein ganzes Leben lang spielen. Das ist zugleich meine größte Motivation.
Lesen Sie morgen in Teil zwei des Interviews, was Pato in Mailand von Ronaldinho lernt und wen der 19-Jährige für den besten Spieler der Welt hält.
Alexandre Rodrigues da Silva, kurz „Pato“ (da in Pato Branco, südlich von Sao Paolo, geboren) ist mit 19 Jahren bereits zweifacher Klub-Weltmeister, Konföderationen-Pokal-Sieger und Olympischer Bronze-Gewinner. Patos Karriere begann 2002 beim SC Internacional, bei dem auch Lúcio und A√¨lton kickten. Der Brasilianer war AC Milans jüngster sowie teuerster (22 Mio. Euro Ablöse) Einkauf und mußte erstmal vier Monate die Bank drücken, da er zum Zeitpunkt des Wechsels noch nicht volljährig war. Seitdem hat der Stürmer, den die brasilianischen Medien schon mal „Baby Fenomeno“ nennen, in 62 Partien für die Rossoneri 27 Tore geschossen. Mit AC Milan trat er dieser Tage beim Audi-Cup gegen Bayern München und Boca Juniors an
Beim Interview in München: Antje Luz und Pato
Foto Stefano Guindani
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