MADNESS

„Ich sang auf der Straße, ich sang im Bus“ 

Madness-Sänger Suggs über seine Zeit als Chelsea-Fan in den Siebzigern und Boris Johnson. Interview Matthias Greulich.

Madness

Graham McPherson kennen Musikfans unter dem Pseudonym Suggs, er ist der Sänger von Madness, der immer Sonnenbrille trägt. Seit über 40 Jahren mischt die Band aus dem Londoner Norden mit großem Erfolg Ska und Pop. Ihren Hit „Our House“ kennt fast jeder, bei „Baggy Trousers“ kommt auch beim schlecht gelauntesten Publikum rasch gute Laune auf. Im September sind Madness auf Deutschlandtour in Köln und Berlin. Am Telefon in seinem Haus in London ist McPherson bei unserem Gespräch bester Laune.

 

RUND: Kannst du beschreiben, was es für dich bedeutete, in den 1970er-Jahren zu Chelsea zu gehen?

Suggs: Der Spieltag war der wichtigste Tag der Woche. Ich ging zum Fußball anstatt zu den Proben, was meine Bandkollegen ziemlich nervte. Es war ein Erlebnis für Männer der Arbeiterklasse. Aufregend, aber auch ein bisschen gewalttätig. Du bist morgens voller Schrecken aufgewacht und nachts voller Schrecken ins Bett gegangen. 

Gehst du noch regelmäßig zu Chelsea?

Nicht so häufig. Ich muss oft am Wochenende arbeiten oder habe andere Dinge vor. Es geht dort sehr zivilisiert zu. Aber ich mochte Thomas Tuch sehr. Er ist großartig, aber es gab schon länger Stress zwischen ihm und den Klubverantwortlichen. Schade, dass auch Timo Werner nicht mehr da ist. Ich habe ihn gerne bei Chelsea gesehen. Wo ist er nochmal hin? 

Zurück nach Leipzig. 

Ja stimmt. 

War es dir peinlich als die Chelsea-Fans im März 2022 Roman Abramovich mit Gesängen feierten?

Es war uns nicht peinlich, als wir sein Geld nahmen. Abramovich ist nicht so toll.

Bei YouTube ist der Madness-Auftritt 1981 in der Markthalle zu sehen. Kannst du dich noch an das Konzert erinnern?

Ich kenne das Video. Es war eine ganz schön wilde Zeit voller Energie. Und die Stimmung war bei den Mods etwas weniger aggressiv als zu Punkzeiten. Aber in England gab es bei unseren Konzerten noch Prügeleien. Hier aber nicht mehr. Ich habe eine konfuse Erinnerung an den Auftritt in Hamburg. Es war sehr heiß, weil der Raum so vollgepackt mit Menschen war. Wir waren total durchgeschwitzt. Ich weiß noch, dass wir unsere nassen Sachen am nächsten Tag wieder anziehen mussten.

 

Seit langem spielen Madness in einer sehr viel größeren Hallen. Hast du es in der Pandemie vermisst, auf der Bühne zu stehen?

Sehr. In den schlimmsten Phasen der Pandemie war es für meine Frau schwer, es mit mir auszuhalten. Ich ging raus und sang für Leute auf der Straße. Ich sang im Bus, damit die Fahrgäste sagten: „Da ist doch der Typ von Madness.“ Für die Shows in größeren Hallen haben wir viel geprobt. Fühlt sich sehr komisch an, dass es Konzerte sind, die wir zwei Jahren spielen wollten. Aber es ist umwerfend, wieder live auftreten zu können.

 

Kürzlich waren Madness in der Royal Albert Hall in London zu hören. War das ein Karrierehöhepunkt?

Absolut. Es gibt drei ikonische Auftrittsorte, wo wir schon spielen durften. Der eine ist die Royal Albert Hall, die anderen das Dach von Buckingham Palace und das Glastonbury-Festival.

 

Als sich der ehemalige Premierminister Boris Johnson als langjähriger Madness-Fan bezeichnet hat, hast du in einem Interview sinngemäß gesagt, er solle sich vom Acker machen. Bist du unglücklich, solche Fans zu haben?

Das war so ähnlich wie bei David Cameron, der sich als Fan von The Jam bezeichnete. Seine Fans kann man sich nicht aussuchen. Ich hasse Boris Johnson nicht, aber er steht für eine Elite von Eton-Schülern, die damals in den Clubs randalierten und dann Geld für die Reparaturen daließen. Das ist aus der Zeit gefallen. Boris Johnson glaubt, er könne sich alles haben, was er möchte. Er macht das Land kaputt wie die Clubs damals. Vielleicht muss er die Zeche dafür bezahlen.

 

Eine Frage zum Abschluss: Wann sieht man dich eigentlich mal ohne Sonnenbrille?

Wenn ich im Urlaub bin, muss ich sie abnehmen, um nicht erkannt zu werden. Die Sonne scheint mir dann direkt ins Gesicht, aber ich kann mich nicht schützen. Es ist wie ein Witz, aber alle kennen mich nur mit Sonnenbrille.

 

Tour 2024:

Freitag, 20.09.2024: Palladium, Köln Tickets

Samstag, 21.09.2024 Tempodrom, Berlin Tickets

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