Christoph Daum

Barfuß über Glasscherben

„Daum – Triumphe & Skandale“ zeichnet die Trainerkarriere des Fast-Bundestrainers mit hohem Unterhaltungswert nach. Der Film von Marc Schlömer zeigt auch wie der 70-Jährige gegen den Krebs kämpft. Von Matthias Greulich

 

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Christoph Daum Foto Sky Banijay Productions

 

 

Das musste Christop Daum noch loswerden. „Eigentlich noch wichtiger als die Tagesschau zu gucken“ sei es für Fußballfans, den neuen Film zu schauen, in dem er höchstselbst die Hauptrolle spielt. Mit 70 versteht es der Fußballlehrer immer noch, sich ins rechte Licht zu rücken. Doch „Daum – Triumphe & Skandale“ von Marc Schlömer spart auch die zahlreichen Tiefpunkte in der Karriere des Fast-Bundestrainers nicht aus. Wie er im Oktober 2000 über die Kokain-Affäre stürzte, nach Florida floh und sich später im Gerichtssaal als Angeklagter wiederfand. Und wie er bislang 22 Chemotherapie klaglos über sich ergehen ließ, um den Lungenkrebs zu bekämpfen. „Das ist wie Doping“, sagt er im Krankenzimmer der Uniklinik Köln.

Gemeinsam mit Schloemer hat Daum die Stationen seiner Trainerkarriere besucht. In Istanbul wird er von Anhängern seiner Ex-Klubs Besiktas und Fenerbahçe mit Gesängen gefeiert. Freundlich begrüßen ihn die Fans des FC Brügge und Austria Wien und ehemalige Spieler wie Rudi Völler, Matthias Sommer und Jürgen Kohler berichten, wie der junge Daum Spieler besser machen konnte. „Er war anderen Trainern zu dieser Zeit zehn bis 15 Jahre voraus“, berichtet Kohler über den Nobody, der mit dem Diplom der Sporthochschule in der Tasche die Profis des FC zum Vizemeistertitel coachte.

Daum, so formuliert es der Pressetext Daum-like sei der wohl schillerndste und streitbarste Trainer der Bundesligageschichte. Als früherer Jugendcoach und Nobody begann er Mitte der 1980er-Jahre seine Profikarriere beim 1. FC Köln und wurde schnell zum Bayern-Jäger Nr. 1. Er prägte legendäre Meisterschaftsfinale wie 1992 mit dem VfB Stuttgart oder 2000 die verspielte Meisterschaft von Bayer Leverkusen in Unterhaching. Als „Lautsprecher der Liga“, wie er genannt wurde, provozierte er mit aufsehenerregenden TV-Auftritten und befand sich stets im Dauerstreit mit Uli Hoeneß. Seine Spieler ließ der ungewöhnliche Trainer in Leverkusen auch über Glasscherben laufen.

In Köln vollzieht sich 1987 die Wandlung vom seriösen Fußballlehrer zum „Lautsprecher der Liga“, der Uli Hoeneß vor laufenden Kameras im „Aktuellen Sportstudio“ provoziert. Lehrmeister, so zeigt es Schloemer, ist FC-Sportdirektor Udo Lattek, der im blauen Pullover routiniert die Aufmerksamkeit der Medien auf sich zieht. Aber dieser Teil seiner Persönlichkeit hat auch mit der Flucht der Familie aus der DDR zu tun, die Daums vier Jahre älterer Bruder Eberhard schildert. Viereinhalb Jahre muss der jüngere Bruder bei der Großmutter bleiben, bis ihn die Eltern nach Duisburg holen. „Ein ewiges Trauma“ für die Familie, so Eberhard Daum, dessen Bruder im Westen seine anfängliche Schüchternheit überwindet, um sich durchzusetzen.

 

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Christoph Daum und Uli Hoeneß Foto Sky Banijay Productions

 

Gegen Ende der Doku kommt es schließlich zum etwas ernüchternden Höhepunkt des sehenswerten Films, dem Gang nach Canossa. In diesem Fall zum Treffen am Tegernsee mit dem einstigen Widersacher Uli Hoeneß. Man hat sich zwar schon lange am Telefon ausgesprochen und das Verhältnis geklärt, aber lange nicht persönlich gesehen. Fast ehrfürchtig murmelt ein serviler Christoph Daum „Uli, ich habe viel Scheiße gebaut“. 

 

Sky Original Dokumentarfilm, ca. 90 Minuten, D 2023; Regie und Executive Producer für Banijay Productions Germany: Marc Schlömer; Produktion: Banijay Productions Germany im Auftrag von Sky Deutschland; Produzent: Arno Schneppenheim; Executive Producer für Sky Deutschland: Nico Gammella. 

 

 

 

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