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„Ich habe diese Verspieltheit in mir“
Leverkusens Nationalspieler Bernd Schneider muss seine Karriere beenden. Vor zwei Jahren hat RUND ein unvergessliches Interview mit dem weißen Brasilianer der Bundesliga geführt, der Auftritte in der Öffentlichkeit gerne vermeidet.



Bernd Schneider

„Wenn ich in der Aktion drin bin, sind meine Finger gekreuzt“
Foto: Mareike Foecking




RUND: Im Gegensatz zu anderen Nationalspielern sieht man Sie kaum im Werbefernsehen.

Bernd Schneider: Ich habe vor und nach der WM jede Menge Angebote gehabt. Ich bin mit meinen Zusagen sehr sparsam umgegangen. Ich habe einen karrierebegleitenden Vertrag mit adidas und werbe für Uhren der Firma Glashütte. Das reicht.

RUND: Im Fußball gibt es wenig echte Freundschaften. Sie sind mit Oliver Neuville befreundet, mit Jörg Böhme und Alexander Schur?
Bernd Schneider: Mit Jörg Böhme bin ich in Jena aufgewachsen. Mit dem Olli Neuville habe ich in Leverkusen fünf Jahre das Zimmer geteilt, wir waren auch bei der Nationalmannschaft. Mit Alex Schur habe ich eigentlich nur ein Jahr zusammen gespielt. Das ist doch ganz normal und nicht nur im Fußball so: Mit dem einen klappt’s, mit dem anderen nicht. Mit Schur und Böhme habe ich gerade die letzten zwei Tage telefoniert.

RUND: Die Kontakte, die Sie haben, pflegen Sie auch.
Bernd Schneider: Was heißt pflegen?

RUND: Dass Sie telefonieren, so wie gestern.
Bernd Schneider: Wir telefonieren ab und zu, aber man trifft sich jetzt nicht immer. Mit Neuvilles Familie waren wir früher öfter unterwegs, wie das bei Fußballern üblich ist. Haben zusammen Geburtstage gefeiert oder waren im Freizeitpark.

RUND: Ihr Vater hat Sie mit fünf Jahren im Verein angemeldet. Was hatte er mit Fußball zu tun?
Bernd Schneider: Er hat früher selber gespielt.

RUND: Auch in Jena?
Bernd Schneider: Auch in Jena.

RUND: Sie hatten jede Menge Trainer. Eberhard Vogel, Klaus Schlappner, Horst Ehrmanntraut ...
Bernd Schneider: 13 müssten das sein. Von jedem habe ich was mitbekommen.

RUND: Egal, wer Sie trainiert, Ihnen kann man die Freude an der Arbeit immer ansehen.
Bernd Schneider: Ich habe eine gewisse Verspieltheit in mir, die nie nachgelassen hat. In den englischen Wochen liegt bei mir zu Hause auch ein Ball rum. Wenn man mit dem Fußball aufgewachsen ist, ist es schwer, davon wegzukommen. Ich spiele jetzt schon beinahe 30 Jahre, da gehört das dazu.

RUND: Fußballer fassen sich vor Freistößen und Elfmetern immer an die Nase. Sie machen das sehr häufig.
Bernd Schneider: Ja? Mache ich das? Ich habe schon öfter auf Bildern gesehen, dass meine Finger gekreuzt sind, wenn ich in der Aktion drin bin, beim Schießen, beim Sprinten, beim Zweikampf, ganz komisch, immer sind drei Finger gekreuzt. Ich sehe das auch bei anderen Fußballern, dass sie sich an die Nasen oder an die Ohren fassen. Aber warum, weiß keiner. Wahrscheinlich denkt man da gar nichts, vielleicht ist es ein Reflex, den man sich irgendwann angeeignet hat.

RUND: Sie sind sehr bodenständig und haben immer noch eine gute Verbindung nach Jena.
Bernd Schneider:Ja. Ich war 24 Jahre in Jena, ich war Fan von Carl Zeiss als ich noch ein kleiner Junge war und habe noch meine ganzen Freunde in Thüringen. Das verbindet halt.

Da fahren Sie auch regelmäßig hin?

Bernd Schneider: Ja, immer an Weihnachten und im Sommer.

RUND: Und Sie essen auf der Fahrt immer noch an einer bestimmten Raststätte Thüringer Bratwurst?
Bernd Schneider: Das habe ich lange gemacht, jetzt aber nicht mehr.

RUND: Aus Ernährungsgründen?
Bernd Schneider: Nein, wir machen es meistens so, dass wir die Würste kaufen und am nächsten Tag selbst braten. Die Thüringer gehört auf alle Fälle dazu.

RUND: Thüringer Spezialitäten müssen sein?
Bernd Schneider: Meine Freundin kommt aus Jena, die kann die einheimischen Spezialitäten sehr gut, Thüringer Klöße oder Rouladen. Aber ich bin ja Sportler, und wenn mich ein Reporter fragt, was ich gerne esse, sage ich natürlich Nudeln. Wie alle Fußballer.

RUND: Können Sie sich auch vorstellen als Trainer oder Manager zu arbeiten?
Bernd Schneider: Nein, da hat man noch weniger Freizeit als die Spieler. Aber ich will mich jetzt nicht festlegen, sonst heißt es irgendwann wieder: Vor vier Jahren hat er noch was ganz anderes erzählt.

RUND: Aber was wollen Sie dann machen?
Bernd Schneider: Im Fußball will ich schon bleiben, zum Beispiel als Koordinator oder Scout.

RUND: Vor Ihrer Karriere haben Sie als Zerspanungsmechaniker gearbeitet. Was haben Sie denn heute noch handwerklich drauf?
Bernd Schneider: Na ja, die Fernbedienung kann ich gut halten, Rasen mähen geht auch noch.

Was ärgert Sie denn am meisten an Ihrem Beruf?
Bernd Schneider: Die Transfers ins Trainingscamp, ins Stadion und zum Flughafen. Da denke ich jedes Mal, dass das verschenkte Zeit ist. Da würde ich mir viel lieber die Städte anschauen.

RUND: Zum Beispiel?
Bernd Schneider: Das sind einige, ob es Paris ist oder Barcelona. Das will ich alles nachholen und mal eine Tour machen. Ich werde auch mal eine Kreuzfahrt machen, weil man da in relativ kurzer Zeit viel von den Städten sieht. Und da wo es mir gefallen hat vielleicht später noch mal hin und länger bleiben. Wenn man immer nur an einem Fleck ist, in einem Hotel und an einem Strand, zwölf, 14 Tage, wird mir das langweilig.

RUND: Was machen Sie denn im Urlaub?
Bernd Schneider: Da wird es schon etwas geben, was ich machen kann. Ich komme im Urlaub auch mal ohne Ball aus. Ich bin aber sicher nicht der Strandtyp, der zwei Wochen in der Sonne liegt.

RUND: Herr Schneider, letzter Versuch: Gibt es etwas, was Sie gar nicht an sich mögen? Was Sie gerne ändern würden?
Bernd Schneider: Da fragen Sie am besten meine Freundin.


Interview Malte Oberschelp und Rainer Schäfer

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