Thomas Hitzlsperger

Doku über homosexuelle Fussballer

 „Die Hoffnung ist, dass Fans weiter sind als die Verantwortlichen denken“

Manfred Oldenburg ist Regisseur der sehenswerten Doku „Das letzte Tabu“. Er lässt neben Thomas Hitzlsperger diejenigen Profifußballer ihre ganz persönliche Geschichte erzählen, die sich als homosexuell geoutet haben. Interview Matthias Greulich

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BUNDESLIGA
Nur noch drei Karten – statt fünf
Die ersten Sponsoren sind dabei abzuspringen: Die marode HSH Nordbank wird ihren Vertrag als Namensgeber des HSV-Stadions wegen der Finanzkrise nicht verlängern. Ist die schwierige Wirtschaftslage in der heilen Welt der Fußballbundesliga angekommen? Von Elmar Neveling

HSH Nordbank Arena

2010 werden die Buchstaben abmontiert: die HSH Nordbank hat kein Geld mehr für das Namenssponsoring beim Hamburger SV Foto Henning Angerer/Hoch Zwei

Die Meldung kam dann doch etwas überraschend: Ende Juni teilte die HSH Nordbank mit, ihr Stadionsponsoring beim Hamburger SV nach Vertragsende 2010 nicht weiter fortzusetzen. „Die Bank muss sparen und sich neu aufstellen“, erklärte ihr Vorstandsvorsitzender Dirk Jens Nonnenmacher. „Eine glaubwürdige und konsequente Restrukturierung“ erlaube kein weiteres Engagement. Erst seit zwei Jahren war die Bank Namensgeber der Hamburger Arena, als ihre Motive nannte sie bei Vertragsabschluss: Den anvisierten Börsengang zu unterstützen und sich regional zu engagieren. „Nun ist die Situation durch die Finanzkrise für uns eine entschieden andere“, so Nonnenmacher.
Nur ein Ausnahmefall? Oder hat die Wirtschaftsflaute inzwischen auch die Fußball-Bundesliga erreicht? Meinolf Sprink, Direktor Kommunikation bei Bayer 04 Leverkusen, sieht die Lage differenzierter: „Die Ticketnachfrage ist unverändert hoch – sowohl bei den „normalen“ Karten, als auch bei den Business Seats. Doch ob die Krise nun tatsächlich vorhanden oder nur gefühlt ist: Insgesamt stellen wir schon fest, dass die Menschen etwas vorsichtiger geworden sind.“

Sprink verdeutlicht dies anhand eines Beispiels: „Es gibt schon Sponsoren, die klar sagen: ‚ÄöIch kann mich allein schon aus optischen Gründen nicht weiter engagieren.’ Wenn es bei einem Lokal- oder Mittelständler nicht rund läuft und er seine Mitarbeiter nur in Zeitarbeit beschäftigt, lassen sich Investitionen in den Fußball schwieriger vermitteln.“

Als früherem Sportbeauftragten der Bayer AG ist Sprink auch die Unternehmenssicht vertraut. Er versteht daher gut, wenn Sponsoren ihm mitteilen: „Momentan engagieren wir uns trotz unserer Fußballbegeisterung etwas weniger, doch wenn die Konjunktur anzieht, steigen wir wieder stärker ein.“ Ein ebenfalls häufig gehörtes Argument: „Was werden sich meine Mitarbeiter denken, wenn ich die VIP-Karten in Anspruch nehme?“ Sprink: „Ich kann das nachvollziehen, weil auf Emotionalitäten zu achten ist. So werden dann schon mal drei statt fünf Karten genommen, weil eben auch andere Menschen mitatmen.“

Der 50-Jährige warnt jedoch davor, branchenunabhängig zu verallgemeinern und verweist auf Heribert Bruchhagen. Der Vorstandsvorsitzende von Ligakonkurrent Eintracht Frankfurt gewährte jüngst via Fachmagazin „kicker“ finanziellen Einblick: „Unter dem Strich steht momentan aus Logen-Vermarktung und TV-Vertrag eine Mindereinnahme von etwa 5 Millionen Euro." Dabei spielt der Bankenstandort Frankfurt eine entscheidende Rolle. Schließlich treffe die Finanzkrise die Eintracht „viel stärker als Vereine in anderen Regionen“, sieht Bruchhagen seinen Klub im Nachteil. Etwa ein Viertel der Frankfurter Logen sollen noch nicht vergeben sein, da sich insbesondere Banken und Finanzdienstleister zurückgezogen haben.

Dass sich Fußballsponsoring für ein Unternehmen wortwörtlich rechnen kann, beweist das Beispiel TelDaFax. Der Haushaltsversorger ziert seit 2007 das Leverkusener Trikot und war ursprünglich nur an Business Seats interessiert. Doch weil das Startup-Unternehmen noch recht unbekannt war, entschied es sich stattdessen für ein Trikotsponsoring, das ihm etwa 6 Mio. Euro pro Jahr wert sein soll. Diese Entscheidung hat sich gelohnt: „TelDaFax hat vor gut zwei Jahren bei uns mit 20.000 bis 25.000 Kunden begonnen, heute verfügt es über knapp 600.000 – und kann sich zusätzliche Werbespots oder Anzeigekampagnen sparen. Und weshalb? Aufgrund der Kombination aus gutem Produkt und gestiegener Bekanntheit. Für TelDaFax hat sich der Kreis geschlossen“, ist Sprink überzeugt.

Dies gilt auch für die Volkswagen AG. Klaus Fuchs, Leiter Sportkommunikation bei VW, erinnert sich an eine Anekdote. Der Überraschungsmeister ist eine Tochtergesellschaft des VW-Konzerns und zugleich ihr erster Werbeträger. So werden neue VW-Modelle gerne über Trikotwerbung gepusht. Als die „Wölfe“ 2004 erstmals mit dem Schriftzug GTI aufliefen, stürmten sie direkt an die Tabellenspitze und verteidigten sie wochenlang. Daraufhin titelte eine große Sonntagszeitung: „GTI - Geile Tore Inklusive.“ Diese – zudem noch kostenlose – Werbung „war für uns natürlich ein Sechser im Lotto, den wir gerne mitgenommen haben“, sagt Fuchs.

Auch er kennt als früherer Geschäftsführer des VfL Wolfsburg beide Seiten und spürt die Auswirkungen der Finanzkrise zumindest indirekt: „Wir merken anhand der Anfragen anderer Vereinen, dass sich der Markt etwas rückläufig entwickelt hat. Denn einige von ihnen waren bisher mit anderen Automobilpartnern verbunden. Auch Fachverbände oder Sportevent-Veranstalter berichten, dass sie ihre bisherigen Budgets kaum erreichen oder Kapazitäten nicht mehr ausgebucht sind.“

Doch was bewegt Sponsoren außer einer Bekanntheitssteigerung noch, sich im Fußballsponsoring zu engagieren? „Man sollte Trikotsponsoren nicht als Philanthropen betrachten, sondern als Menschen, die sich fragen: ‚ÄöWas habe ich davon? Was bringt mir das?’ Image ist die eine Seite, die Umsatzfrage eine andere“, verdeutlicht Sprink den Denkansatz gerade in der gegenwärtigen Wirtschaftslage. „Beim Sponsoring geht es längst nicht nur um weiche Faktoren wie Imagepflege. Das Investment muss unmittelbare Erfolge nach sich ziehen“, bestätigt Fuchs. Ob sich für VW die Investitionen betriebswirtschaftlich auszahlen? „Ein klares ‚ÄöJa’! Kämen wir zu einem gegenteiligen Ergebnis, würden wir sie schnell wieder einstellen.“

Entsprechend handelt Volkswagen, das sich auch bei Werder Bremen und Schalke 04 in kleinerem Maße engagiert, stark absatzorientiert. Ein Controlling überprüft, wie sich die Vertriebsregionen entwickeln und ob sich die Fans für Sondereditionen wie den „POLO Schalke 04“ begeistern lassen.

Doch Sponsoring beinhaltet auch weitere Beweggründe als nackte Vertriebszahlen. So unterstützt Volkswagen ebenfalls viele kleinere Vereine und Sportveranstaltungen in der Region Wolfsburg. „Hier geht es darum, den Mitarbeitern zu signalisieren, dass VW für alle da ist, nicht nur für den großen VfL Wolfsburg. Bei dem Marktanteil, den wir in Wolfsburg haben, müssten wir überhaupt keine Werbung machen. Doch hier geht es um soziale Aktivitäten“, erläutert Fuchs einen weiteren Ansatz.

Spannend wird es im nächsten Jahr: 2010 bietet für Sponsoren einige Chancen, in der Fußball-Bundesliga unterzukommen – oder auch abzuspringen. Gleich sieben Verträge von Trikotsponsoren laufen nach der anstehenden Saison aus, also bei mehr als einem Drittel aller Erstligisten. Längst nicht jeder Sponsor, wie TelDaFax mit Bayer Leverkusen bis 2013, verlängerte vorzeitig. Abgesehen vom vertraglich unbefristeten Sonderfall in Wolfsburg, weist diese Verbindung die längste Laufzeit auf.

Insgesamt pumpen die Trikotsponsoren jährlich bis zu etwa 130 Mio. Euro in die Bundesliga, ein erfolgsabhängiger und geschätzter Maximalbetrag (vgl. Tabelle). Sprink ist zuversichtlich, dass die starke Zugkraft des Fußballs Konjunkturflauten dauerhaft überlagern wird – auch dank der modernen deutschen Stadionlandschaft: „Entgegen der Aussagen mancher Auguren haben sich Sponsoren auch nach der WM 2006 weiter dem Fußball zugewendet, nicht zuletzt wegen der hervorragenden Infrastruktur. Es gibt in Deutschland drei führende Sportarten, die lauten Fußball, Fußball und Fußball.“ Dahinter existierten nur temporäre Erscheinungen anderer Sportarten, in denen durch einzelne Erfolge ein relativ kurzer Hype ausgelöst werde: „Ich denke an Tennis mit Boris Becker und Steffi Graf. Nachdem die beiden ihre Karrieren beendeten, wurde Tennis wieder eingegliedert.“

Der Fußball hingegen stehe in Deutschland „seit Menschengedenken ganz vorne“, so Sprink. Dies sei keine Arroganz, sondern beruhe auf Fakten. In der Tat belegt das runde Leder (wenn auch inzwischen eher aus Kunststoff…) bei Sendezeiten, Zuschauernachfrage oder Umsatzzahlen stetig die ersten Plätze. „Fußball ist unser Kind, das sieht man auch daran, dass bei wichtigen Länderspielen bis zu 32 Millionen Deutsche vor der Flimmerkiste sitzen“, erläutert Sprink, warum auch Unternehmen die Faszination Fußball nicht loslässt. Schließlich wollen auch sie ein Stück von diesem Kuchen genießen.

Noch deutlich mehr Investoren ließen sich für den Fußball begeistern, gehörte die aktuelle „50%+1-Regel“ der Vergangenheit an. Sie besagt, dass die Mehrheitsanteile einer als Kapitalgesellschaft ausgegliederten Fußballabteilung beim Bundesligisten liegen müssen. Einer ihrer größten Kritiker ist Unternehmer Martin Kind, zugleich Präsident von Hannover 96. Kind würde den Klub gerne stärker für lokale Investoren öffnen, sieht sich jedoch durch die Sperrklausel in seiner unternehmerischen Freiheit eingeschränkt.

Fuchs gehört ebenfalls zu den Befürwortern einer Regeländerung – nicht ohne dem Spekulantentum einen Riegel vorzuschieben: „Man darf doch nicht erwarten, dass jemand ein beträchtliches Investitionsrisiko auf sich nimmt, aber die Verwendung seiner Mittel nicht selbst kontrollieren kann. Auch ein Investor strebt nach Sicherheit. Es ist nicht so, dass wir sagen, diese Regelung muss ersatzlos fallen. Schauen Sie sich den VfL Wolfsburg an, bei dem VW keine Anteile an Drittunternehmen weiterveräußern darf.“ Auch ließen sich Haltefristen einführen, wie lange ein Unternehmen die erworbenen Anteile mindestens halten muss.

Neben dem VfL Wolfsburg kommt auch Bayer Leverkusen bereits in den Genuss, den sich Kind ebenso für den Rest der Liga wünscht: Aus Werksvereinen hervorgegangen, sind sie beide 100%-ige Töchter ihrer Mutterkonzerne (auch als „Lex Leverkusen“ bekannt). Kommunikationsdirektor Sprink stimmt daher zu: „Ich kann nachvollziehen, wie Herr Kind argumentiert. Wir haben in Leverkusen sehr gute Erfahrungen gemacht, denn obwohl die Bayer AG Eigentümerin ist, tummelt sie sich bei uns nicht im operativen Bereich.“ Das Unternehmen beschränke sich darauf, zu kontrollieren: „Es existiert ein Gesellschafterausschuss, in dem wichtige Unternehmensvertreter sitzen und der wie ein Aufsichtsrat funktioniert. Mit diesem Ausschuss werden wesentliche Entscheidungen natürlich besprochen.“ Dennoch ist offenbar dies die größte Sorge vieler Bundesligisten: Nicht mehr Herr im eigenen Haus zu sein.

Für mehrheitsfähig halten sowohl Sprink als auch Fuchs eine Regelanpassung daher derzeit nicht. Fuchs sieht in der Liga „diffuse Ängste“, auch aus persönlichen Gründen: „Sie beginnen dort, wo Leute ehrenamtlich arbeiten und fürchten, dass sie ihren Posten und somit auch ihren sozialen Status aufgeben müssen. Ich glaube, dass die professionell geführten Klubs, also jene mit Geschäftsführungen, diese Sorge nicht teilen.“ Sprink ist zumindest vorsichtig optimistisch: „Ich denke, dass wir die 50%+1-Regel irgendwann fallen sehen werden. Doch der Baumstamm, der dafür erst durchgehackt werden muss, ist recht dick.“

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