reportage
Es muss rasseln
Blindenfußball-Bundesliga: Das Team des FC St. Pauli ist zwar Tabellenletzter, doch das soll sich bald ändern. Eine Reportage von Sabine Deh.
In dieser Sporthalle dürfen die Zuschauer keinen Mucks machen. Es ruft nur der Trainer: „15 Meter, sechs Meter, jetzt quer“, dirigiert Peter von Postel. Fußballer Axel Eichstädt tut, was der Coach will. Der Kicker des FC St. Pauli läuft in Richtung gegnerisches Tor und schießt das runde Leder dahin, wo es hingehört – ins Eckige. Das Besondere: Die Kicker dieser Kiez-Mannschaft sind blind. Nur der Torwart und die Trainer sind sehend.
„Der Ball ist mit 530 Gramm schwerer als beim herkömmlichen Fußball“, sagt Angreifer Michael Löffler. Dank sechs eingebauter Rasseln gibt er bei jeder Bewegung klöternde Geräusche von sich, an denen sich die Spieler ausrichten können. „Eine gute Orientierung und volle Konzentration sind unerlässlich“, sagt Trainer Postel. Fußball ist für Blinde die schwierigste Sportart überhaupt.
In der Uwe-Seeler-Sporthalle im Stadtteil Fischbek trainiert die Kiez-Elf seit Wochen hart für die zweite Saison der Blindenfußball-Bundesliga. Die Konkurrenz ist groß. Die vordersten Plätze beanspruchen derzeit der MTV Stuttgart und Blista Marburg für sich. Die Mannschaft des FC St. Pauli steht auf dem letzten Tabellenplatz. Das soll sich ändern. „Man sagt ja immer: Willst du St. Pauli oben sehen, musst Du die Tabelle drehen. Aber wir greifen an“, verspricht Teamkapitän Katja Löffler.
Die 31-jährige Sozialpädagogin, die in der Hörbuchabteilung der Zentralbibliothek für Blinde in Hamburg arbeitet, ist von Geburt an ohne Augenlicht. Gemeinsam mit ihrem Mann Michael hat die quirlige Frau mit dem trockenen Humor die Mannschaft des FC St.Pauli vor drei Jahren gegründet. Beide sind seit Kindertagen leidenschaftliche Fußball-Hörer. „Dass wir selbst nicht spielen konnten, haben wir immer aus tiefsten Herzen bedauert“, berichtet Stürmer Michael Löffler (33), der an einer erblich bedingten Netzhautdegeneration leidet. Vor einigen Jahren fand das Paar in seinem E-Mail Briefkasten eine Einladung zu einem Blindenfußball-Workshop in Berlin. Kaum aus der Hauptstadt zurück gekehrt knüpften die Löfflers Kontakt zu ihrem Lieblingsverein, dem FC St. Pauli, regten die Gründung einer Blindenmannschaft an und stießen mit ihrer Bitte sofort auf offene Ohren.
Zum aktuellen Team gehören elf Stammspieler. Darunter die dribbelstarke Abwehrspielerin Andrea Gädke die hauptberuflich als Psychologin arbeitet und der talentierte Nachwuchs-Stürmer Fin-Janne Smidt, mit 17 Jahren der Jüngste der Elf. Die einzigen Sehenden auf dem Platz sind Torhüter Alejandro Martinez Saavedra und die beiden Trainer Marita Otto und Peter von Postel. Ihr gemeinsames Motto „blinde Leidenschaft“ trägt das Team auf den Trikots.
Blindenfußball wird wird auf einem etwa 20 mal 40 Meter großen Feld gespielt. Dabei stehen sich jeweils vier Feldspieler und ein Torwart gegenüber. Die Spieldauer beträgt zweimal 25 Minuten. Einige Fußballer sind vollständig blind, andere verfügen über eine Restsehkraft. Aus Gründen der
Chancengleichheit tragen alle Kicker eine Augenbinde, außerdem einen Kopfschutz um Verletzungen zu vermeiden. „Den haben wir aus Schläuchen aus dem Baumarkt selbst konstruiert“, so Trainerin Marita Otto. Die Blondine mit den wilden Locken gibt ihren Ballkünstlern von der Seitenlinie aus
Anweisungen.
„Und die einzig wirklich Blinden auf dem Platz sind doch sowieso meistens die Schiedsrichter“, sagt Kapitän Katja Löffler.
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Es muss rasseln
Blindenfußball-Bundesliga: Das Team des FC St. Pauli ist zwar Tabellenletzter, doch das soll sich bald ändern. Eine Reportage von Sabine Deh.
Foto Sabine Deh
In dieser Sporthalle dürfen die Zuschauer keinen Mucks machen. Es ruft nur der Trainer: „15 Meter, sechs Meter, jetzt quer“, dirigiert Peter von Postel. Fußballer Axel Eichstädt tut, was der Coach will. Der Kicker des FC St. Pauli läuft in Richtung gegnerisches Tor und schießt das runde Leder dahin, wo es hingehört – ins Eckige. Das Besondere: Die Kicker dieser Kiez-Mannschaft sind blind. Nur der Torwart und die Trainer sind sehend.
„Der Ball ist mit 530 Gramm schwerer als beim herkömmlichen Fußball“, sagt Angreifer Michael Löffler. Dank sechs eingebauter Rasseln gibt er bei jeder Bewegung klöternde Geräusche von sich, an denen sich die Spieler ausrichten können. „Eine gute Orientierung und volle Konzentration sind unerlässlich“, sagt Trainer Postel. Fußball ist für Blinde die schwierigste Sportart überhaupt.
In der Uwe-Seeler-Sporthalle im Stadtteil Fischbek trainiert die Kiez-Elf seit Wochen hart für die zweite Saison der Blindenfußball-Bundesliga. Die Konkurrenz ist groß. Die vordersten Plätze beanspruchen derzeit der MTV Stuttgart und Blista Marburg für sich. Die Mannschaft des FC St. Pauli steht auf dem letzten Tabellenplatz. Das soll sich ändern. „Man sagt ja immer: Willst du St. Pauli oben sehen, musst Du die Tabelle drehen. Aber wir greifen an“, verspricht Teamkapitän Katja Löffler.
Die 31-jährige Sozialpädagogin, die in der Hörbuchabteilung der Zentralbibliothek für Blinde in Hamburg arbeitet, ist von Geburt an ohne Augenlicht. Gemeinsam mit ihrem Mann Michael hat die quirlige Frau mit dem trockenen Humor die Mannschaft des FC St.Pauli vor drei Jahren gegründet. Beide sind seit Kindertagen leidenschaftliche Fußball-Hörer. „Dass wir selbst nicht spielen konnten, haben wir immer aus tiefsten Herzen bedauert“, berichtet Stürmer Michael Löffler (33), der an einer erblich bedingten Netzhautdegeneration leidet. Vor einigen Jahren fand das Paar in seinem E-Mail Briefkasten eine Einladung zu einem Blindenfußball-Workshop in Berlin. Kaum aus der Hauptstadt zurück gekehrt knüpften die Löfflers Kontakt zu ihrem Lieblingsverein, dem FC St. Pauli, regten die Gründung einer Blindenmannschaft an und stießen mit ihrer Bitte sofort auf offene Ohren.
Zum aktuellen Team gehören elf Stammspieler. Darunter die dribbelstarke Abwehrspielerin Andrea Gädke die hauptberuflich als Psychologin arbeitet und der talentierte Nachwuchs-Stürmer Fin-Janne Smidt, mit 17 Jahren der Jüngste der Elf. Die einzigen Sehenden auf dem Platz sind Torhüter Alejandro Martinez Saavedra und die beiden Trainer Marita Otto und Peter von Postel. Ihr gemeinsames Motto „blinde Leidenschaft“ trägt das Team auf den Trikots.
Blindenfußball wird wird auf einem etwa 20 mal 40 Meter großen Feld gespielt. Dabei stehen sich jeweils vier Feldspieler und ein Torwart gegenüber. Die Spieldauer beträgt zweimal 25 Minuten. Einige Fußballer sind vollständig blind, andere verfügen über eine Restsehkraft. Aus Gründen der
Chancengleichheit tragen alle Kicker eine Augenbinde, außerdem einen Kopfschutz um Verletzungen zu vermeiden. „Den haben wir aus Schläuchen aus dem Baumarkt selbst konstruiert“, so Trainerin Marita Otto. Die Blondine mit den wilden Locken gibt ihren Ballkünstlern von der Seitenlinie aus
Anweisungen.
„Und die einzig wirklich Blinden auf dem Platz sind doch sowieso meistens die Schiedsrichter“, sagt Kapitän Katja Löffler.
Torschuss: Katja Löffler zieht ab, Torhüter Alejandro
Martinez Saavedra verkürzt den Winkel Foto Sabine Deh
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Foto Sabine Deh
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